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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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merksam: eS habe Christi Einzug in Aegypten begleitet. Sogleich erhob Herr
Nadab die Stimme zum Gesang:


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wobei die andern Beiden wieder wie vorhin einstimmten. Nachdem die Un-
beflecktheit nun noch weiter das Für und Wider dieser jungen Leute beschäftigt
und abermals zu einem melodischen Gefühlsausbruch Veranlassung gegeben
hatte, schlossen sie singend mit einem Salvali, o 5mmaoo1atal

Nochmals erhob sich nach dem Abtreten der drei Sänger ein Stammkind
der Nilufer, Sign. Michele Fauns aus Jlwahadla, um in tebanischer Sprache
die Himmelfahrt Marias zu preisen, den Mumien in den Pyramiden aber
zuzurufen: es geschähe ihnen schon recht! Warum seien sie Heiden gewesen?

Zum Schluß der ersten Abtheilung wurde ein Schwarzer losgelassen. Es
war ein junger kecker Neger, aus Darfur, voll bewußter Komik. Er schrie
überlaut und focht mit den Händen in der Luft, so daß die fröhlichste Heiter¬
keit seine Anstrengungen von allen Seiten lohnte. "Ich bin schwarz!" sagte
er, "wirst Du, sehr reine Gottesmutter, mich hören wollen? -- Aber einer
der Weisen war auch ja dunkelfarbig und du sahest ihn doch an. Selbst die
Sonne verschmäht nicht, uns Afrikaner Tag für Tag zu bescheinen."

Als der Neger fortsprang, erklangen von neuem die Pauken und Trom¬
peten deS Orchesters zu einem Finale aus Lucrezia Borgia; -- an die dem
Papstthum nicht günstige Gedankenverbindung, welche der Name Borgia in
den Hörern hervorrufen mochte, hatte der Kapellmeister vielleicht nicht gedacht,
vielleicht auch, wäre er darauf verfallen, hätte ihn dies Bedenken nicht beun¬
ruhigt. Man ist in Rom zwar mit Worten zu Gunsten der Unfehlbarkeit ver¬
schwenderisch, aber die große Nähe des Kirchenfürsten selbst erinnert doch zu
unmittelbar an seine Menschlichkeit, als daß man daran dächte, mehr als einen
blos dogmatischen Begriff mit jener Unfehlbarkeit zu verbinden. Ohnehin de-
finirt man scharf zwischen kirchlicher Unfehlbarkeit und menschlicher Fehlerfreiheit,
waS, beiläufig gesagt, bei dem herzensguter Pio Nouv weniger nöthig ist,
als bei den meisten seiner Vorgänger.

Nachdem die Hörer sich von den empfangenen Eindrücken der ersten Ab¬
theilung erholt hatten, begrüßte allgemeine Aufmerksamkeit die Sprache Homers
und Pindars, mit welcher Sign. Stauraki aus Syra die zweite Abtheilung er¬
öffnete. Leider brachte die Veranlassung des ganzen Festes es mit sich, daß
auch hier zum 18. Male die Madonna und ihre fleckenlose Geburt sich zu
neuer Erörterung Herleihen mußte und zwar war der Vater der Epopöe mit
ihr in Bezug gebracht. "Sieben Städte" hieß es "stritten sich um Homers
Geburtsstätte. Die ganze Welt, Maria hat sich um die Deine gestritten."

In ähnlicher Weise feierte Marias Reinheit Sign. Desiderats Brest aus
Milo. Einen nahe liegenden Vergleich zu Ungunsten der Venus von Milo


merksam: eS habe Christi Einzug in Aegypten begleitet. Sogleich erhob Herr
Nadab die Stimme zum Gesang:


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wobei die andern Beiden wieder wie vorhin einstimmten. Nachdem die Un-
beflecktheit nun noch weiter das Für und Wider dieser jungen Leute beschäftigt
und abermals zu einem melodischen Gefühlsausbruch Veranlassung gegeben
hatte, schlossen sie singend mit einem Salvali, o 5mmaoo1atal

Nochmals erhob sich nach dem Abtreten der drei Sänger ein Stammkind
der Nilufer, Sign. Michele Fauns aus Jlwahadla, um in tebanischer Sprache
die Himmelfahrt Marias zu preisen, den Mumien in den Pyramiden aber
zuzurufen: es geschähe ihnen schon recht! Warum seien sie Heiden gewesen?

Zum Schluß der ersten Abtheilung wurde ein Schwarzer losgelassen. Es
war ein junger kecker Neger, aus Darfur, voll bewußter Komik. Er schrie
überlaut und focht mit den Händen in der Luft, so daß die fröhlichste Heiter¬
keit seine Anstrengungen von allen Seiten lohnte. „Ich bin schwarz!" sagte
er, „wirst Du, sehr reine Gottesmutter, mich hören wollen? — Aber einer
der Weisen war auch ja dunkelfarbig und du sahest ihn doch an. Selbst die
Sonne verschmäht nicht, uns Afrikaner Tag für Tag zu bescheinen."

Als der Neger fortsprang, erklangen von neuem die Pauken und Trom¬
peten deS Orchesters zu einem Finale aus Lucrezia Borgia; — an die dem
Papstthum nicht günstige Gedankenverbindung, welche der Name Borgia in
den Hörern hervorrufen mochte, hatte der Kapellmeister vielleicht nicht gedacht,
vielleicht auch, wäre er darauf verfallen, hätte ihn dies Bedenken nicht beun¬
ruhigt. Man ist in Rom zwar mit Worten zu Gunsten der Unfehlbarkeit ver¬
schwenderisch, aber die große Nähe des Kirchenfürsten selbst erinnert doch zu
unmittelbar an seine Menschlichkeit, als daß man daran dächte, mehr als einen
blos dogmatischen Begriff mit jener Unfehlbarkeit zu verbinden. Ohnehin de-
finirt man scharf zwischen kirchlicher Unfehlbarkeit und menschlicher Fehlerfreiheit,
waS, beiläufig gesagt, bei dem herzensguter Pio Nouv weniger nöthig ist,
als bei den meisten seiner Vorgänger.

Nachdem die Hörer sich von den empfangenen Eindrücken der ersten Ab¬
theilung erholt hatten, begrüßte allgemeine Aufmerksamkeit die Sprache Homers
und Pindars, mit welcher Sign. Stauraki aus Syra die zweite Abtheilung er¬
öffnete. Leider brachte die Veranlassung des ganzen Festes es mit sich, daß
auch hier zum 18. Male die Madonna und ihre fleckenlose Geburt sich zu
neuer Erörterung Herleihen mußte und zwar war der Vater der Epopöe mit
ihr in Bezug gebracht. „Sieben Städte" hieß es „stritten sich um Homers
Geburtsstätte. Die ganze Welt, Maria hat sich um die Deine gestritten."

In ähnlicher Weise feierte Marias Reinheit Sign. Desiderats Brest aus
Milo. Einen nahe liegenden Vergleich zu Ungunsten der Venus von Milo


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/71>, abgerufen am 23.07.2024.