Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.doch nicht einmal die Zeitgenossen geurtheilt und eS ist auch noch heute, wo In denselben "Erläuterungen zu den deutschen Klassikern" finden wir GrenzbvtenIV. 1867. 33
doch nicht einmal die Zeitgenossen geurtheilt und eS ist auch noch heute, wo In denselben „Erläuterungen zu den deutschen Klassikern" finden wir GrenzbvtenIV. 1867. 33
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doch nicht einmal die Zeitgenossen geurtheilt und eS ist auch noch heute, wo
eS an sogenannten Genies, die ihre unreife Bildung für eine Folge ihrer
natürlichen Kraft halten, nicht fehlt, nothwendig, fortwährend darauf zurück¬
zukommen, daß Goethe in seinem Urtheil über jene drei Stücke vollkommen
Recht hatte, daß sie trotz der einzelnen genialen Züge als Ganzes betrachtet
schlecht und verwerflich sind. Uebrigens hatte sich Eckardt bei seinem Eifer,
alles, auch das Unnöthigste zu erklären, wol die Mühe geben können, Ein¬
zelnes zu übersetzen, was in der That der Erläuterung bedarf, er hätte uns
z. B, sagen können, was ein consiscirter Mohrenkopf ist.
In denselben „Erläuterungen zu den deutschen Klassikern" finden wir
'zwei neue Commentare des fleißigen Düntzer: zu Meisters Wanderjahren und
zu den Wahlverwandtschaften. Die erste Abhandlung haben wir schon in
etwas andrer Form 18i9 gelesen. Düntzer hat mit seinem gewohnten Scharf¬
sinn auf einige wesentliche Punkte sür das Verständniß des großen Dichters
aufmerksam gemacht z. B. S. 113, baß der Erzählung des Fremden wahr¬
scheinlich die Erzählung zu Grunde liegt, welche Goethe in Italien in einem
englischen Zeitungsblatt gefunden: ein Frauenzimmer war ins Wasser
gefallen u. s. w. Ferner S. 5, daß die Figur des Architekten wahrscheinlich
einem wirklichen Architekten nachgebildet ist, den Goethe 1808 kennen gelernt;
S. 21: „Ueber Ottiliens Geschick in weiblichen Handarbeiten erhalten wir
nur kurze, aber ausreichende Andeutungen; sie weiß sich ihre Kleider selbst
zuzuschneiden" u. s. w. — Auf derselben Seite: „Mit Charlotten sehen wir
sie an der für den Architekten bestimmten Weste stricken. Die bei dieser Ge¬
legenheit gemachte Bemerkung (S. 208), eine solche Gabe sei die ange¬
nehmste, die ein liebender, verehrender Mann erhalten könne, da er sich
schmeicheln dürfe, das Herz werde bei einer so anhaltenbenz Arbeit nicht
ohne Antheil gewesen sein, erinnert an manche Aeußerungen in Goethes
Briefen an Frau von Stein, der er einmal schreibt: Ihre Weste trage ich
bei jeder Feierlichkeit, ich möchte ein ganzes Gewand haben, das Sie gewoben
und gewirkt hätten, um mich drein zu wickeln. Vgl. auch B. 18, 228 ff."
Mitunter hadert Düntzer mit seinem Dichter, z. B. S. 114: „Es ist auffallend,
daß der Dichter hier nicht gleich das Alter des Gärtners hervorhebt, wodurch
sich die Redseligkeit desselben bestens erklärt." Im Allgemeinen aber begnügt
er sich damit, was der Dichter bereits erzählt, noch einmal mit gleicher Aus¬
führlichkeit nachzuerzählen, und erreicht dadurch den gewiß' beabsichtigten Zweck,
durch den Contrast der Schönheit der goetheschen Erzählung ein Relief zu
geben. — Sollte aber Düntzer mit seiner Gründlichkeit nicht die größere Aufgabe
sich stellen, in Goethes Leben die noch immer unaufgeklärten Punkte zu
behandeln? Goethe trug z.B. eine Flanelljacke, wie Oehlenschlägcr und Riemer
berichte»; wo hat er diese gekauft, und waS ist daraus geworden? Diese und
GrenzbvtenIV. 1867. 33
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