Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Raub der Sabine rinnen. Mit der wachsenden Macht und Größe der Stadt
wuchs auch die Pracht und Feierlichkeit des Cultus, und mehrten sich die
Feiertage. Ein Gott nach dem andern erhi'ete seinen Tempel und sein be¬
stimmtes Fest, auch fremde Götter, die durch förmliche Einladung bewogen worden
waren, sich in Rom Verehrung gefallen zu lassen, wie der griechische Apoll
und die große Mutter der Kleinastaten. Die größer" dieser Feste wurden
stets mit einer Circuslustbarkcit beschlossen. Mit der Zeit wurden aus ihnen
jährlich wiederkehrende Feiertage: im April waren die Nennen zu Ehren der
Getrcidegöttin Ceres, im Beginn deS Mai der Blumengöttin Flora, im Juli
des Apollo, im September der drei auf dem Capitol thronenden Schutzgott-
heiten Roms Jupiter, Juno und Minerva u. s. w., und außer diesen stehen¬
den Festen versammelten, je länger desto mehr, außerordentliche das Volk in
der Rennbahn. Schon in der Königszeit waren hier Einrichtungen für Sitz¬
plätze getroffen worden. Aus hölzernen Gerüsten wurden mit der Zeit steinerne
Bauten, deren Ausdehnung mit der Zunahme der Stadt wuchs; endlich
ersetzte der Marmor den Tufstein, Vergoldung den farbigen Anstrich. Julius
Cäsar vollendete den Ausbau des Circus im Wesentlichen, obwol er später
noch öfter umgebaut und erweitert worden ist. Aber schon zu Anfang der
Kaiserzeit gehörte er mit seinen in drei Stockwerken übereinander ringsum
laufenden Arkaden , auf deren Wölbungen die Sitzreihen im Innern der Bahn
amphitheatralisch aufgeführt waren, überragt von einem Obelisken, den August
in der Mitte aufgestellt hatte, zu den großartigsten Prachtgebäuden Roms.
Bon außen zog sich um den ganzen Circus eine Halle, die außer den Ein¬
gängen Buden und Läden enthielt. Hier' war ein sehr lebhafter, wenn auch
nicht sehr anständiger Verkehr. Feile Dirnen stellten in diesen Localen ihre
Reize zur Schau, Wahrsager und Sterndeuter rechneten mit Hilfe von Stein¬
chen auf Tafeln die Zukunft aus.

Auch die Schauspiele hatten wie natürlich im Lauf der Jahrhunderte alt
Dauer, Mannigfaltigkeit und Pracht der Ausstattung ungemein zugenommen-
Zu den einfachen Wettkämpfer, von Ringern, Läufern und Faustkämpftrn, den
Wettrennen der Zwei- Drei- und Viergespanne gesellten sich Rennen von
Reitern, die während deS Laufs von einem Pferde auf ein anderes voltigirten,
und andere Kunstreiterstücke. Junge Bürger in Waffen führten in der Zeit
der Republik militärische Evolutionen und Manöver aus, die Kaiser ließen
dergleichen von Truppen, sowol Fußvolk als Reiterei machen. Zuweilen pa-
radirten auch die sechs Corps der Ritterschaft im Circus. In dem sogenann¬
ten Trojaspiel manövrirten ältere Knaben (unter siebzehn) und jüngere (unter
vierzehn) Jahren, alle aus angesehener Familie zu Pferde, in Schwadronen ab¬
getheilt, gegeneinander. Nach dem zweiten punischen Kriege wurden zuerst
Thierhatzen in Rom eingeführt, auch diese fanden bis zum Anfang der Kaiser-


Raub der Sabine rinnen. Mit der wachsenden Macht und Größe der Stadt
wuchs auch die Pracht und Feierlichkeit des Cultus, und mehrten sich die
Feiertage. Ein Gott nach dem andern erhi'ete seinen Tempel und sein be¬
stimmtes Fest, auch fremde Götter, die durch förmliche Einladung bewogen worden
waren, sich in Rom Verehrung gefallen zu lassen, wie der griechische Apoll
und die große Mutter der Kleinastaten. Die größer» dieser Feste wurden
stets mit einer Circuslustbarkcit beschlossen. Mit der Zeit wurden aus ihnen
jährlich wiederkehrende Feiertage: im April waren die Nennen zu Ehren der
Getrcidegöttin Ceres, im Beginn deS Mai der Blumengöttin Flora, im Juli
des Apollo, im September der drei auf dem Capitol thronenden Schutzgott-
heiten Roms Jupiter, Juno und Minerva u. s. w., und außer diesen stehen¬
den Festen versammelten, je länger desto mehr, außerordentliche das Volk in
der Rennbahn. Schon in der Königszeit waren hier Einrichtungen für Sitz¬
plätze getroffen worden. Aus hölzernen Gerüsten wurden mit der Zeit steinerne
Bauten, deren Ausdehnung mit der Zunahme der Stadt wuchs; endlich
ersetzte der Marmor den Tufstein, Vergoldung den farbigen Anstrich. Julius
Cäsar vollendete den Ausbau des Circus im Wesentlichen, obwol er später
noch öfter umgebaut und erweitert worden ist. Aber schon zu Anfang der
Kaiserzeit gehörte er mit seinen in drei Stockwerken übereinander ringsum
laufenden Arkaden , auf deren Wölbungen die Sitzreihen im Innern der Bahn
amphitheatralisch aufgeführt waren, überragt von einem Obelisken, den August
in der Mitte aufgestellt hatte, zu den großartigsten Prachtgebäuden Roms.
Bon außen zog sich um den ganzen Circus eine Halle, die außer den Ein¬
gängen Buden und Läden enthielt. Hier' war ein sehr lebhafter, wenn auch
nicht sehr anständiger Verkehr. Feile Dirnen stellten in diesen Localen ihre
Reize zur Schau, Wahrsager und Sterndeuter rechneten mit Hilfe von Stein¬
chen auf Tafeln die Zukunft aus.

Auch die Schauspiele hatten wie natürlich im Lauf der Jahrhunderte alt
Dauer, Mannigfaltigkeit und Pracht der Ausstattung ungemein zugenommen-
Zu den einfachen Wettkämpfer, von Ringern, Läufern und Faustkämpftrn, den
Wettrennen der Zwei- Drei- und Viergespanne gesellten sich Rennen von
Reitern, die während deS Laufs von einem Pferde auf ein anderes voltigirten,
und andere Kunstreiterstücke. Junge Bürger in Waffen führten in der Zeit
der Republik militärische Evolutionen und Manöver aus, die Kaiser ließen
dergleichen von Truppen, sowol Fußvolk als Reiterei machen. Zuweilen pa-
radirten auch die sechs Corps der Ritterschaft im Circus. In dem sogenann¬
ten Trojaspiel manövrirten ältere Knaben (unter siebzehn) und jüngere (unter
vierzehn) Jahren, alle aus angesehener Familie zu Pferde, in Schwadronen ab¬
getheilt, gegeneinander. Nach dem zweiten punischen Kriege wurden zuerst
Thierhatzen in Rom eingeführt, auch diese fanden bis zum Anfang der Kaiser-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0390" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105125"/>
            <p xml:id="ID_1074" prev="#ID_1073"> Raub der Sabine rinnen. Mit der wachsenden Macht und Größe der Stadt<lb/>
wuchs auch die Pracht und Feierlichkeit des Cultus, und mehrten sich die<lb/>
Feiertage. Ein Gott nach dem andern erhi'ete seinen Tempel und sein be¬<lb/>
stimmtes Fest, auch fremde Götter, die durch förmliche Einladung bewogen worden<lb/>
waren, sich in Rom Verehrung gefallen zu lassen, wie der griechische Apoll<lb/>
und die große Mutter der Kleinastaten. Die größer» dieser Feste wurden<lb/>
stets mit einer Circuslustbarkcit beschlossen. Mit der Zeit wurden aus ihnen<lb/>
jährlich wiederkehrende Feiertage: im April waren die Nennen zu Ehren der<lb/>
Getrcidegöttin Ceres, im Beginn deS Mai der Blumengöttin Flora, im Juli<lb/>
des Apollo, im September der drei auf dem Capitol thronenden Schutzgott-<lb/>
heiten Roms Jupiter, Juno und Minerva u. s. w., und außer diesen stehen¬<lb/>
den Festen versammelten, je länger desto mehr, außerordentliche das Volk in<lb/>
der Rennbahn. Schon in der Königszeit waren hier Einrichtungen für Sitz¬<lb/>
plätze getroffen worden. Aus hölzernen Gerüsten wurden mit der Zeit steinerne<lb/>
Bauten, deren Ausdehnung mit der Zunahme der Stadt wuchs; endlich<lb/>
ersetzte der Marmor den Tufstein, Vergoldung den farbigen Anstrich. Julius<lb/>
Cäsar vollendete den Ausbau des Circus im Wesentlichen, obwol er später<lb/>
noch öfter umgebaut und erweitert worden ist. Aber schon zu Anfang der<lb/>
Kaiserzeit gehörte er mit seinen in drei Stockwerken übereinander ringsum<lb/>
laufenden Arkaden , auf deren Wölbungen die Sitzreihen im Innern der Bahn<lb/>
amphitheatralisch aufgeführt waren, überragt von einem Obelisken, den August<lb/>
in der Mitte aufgestellt hatte, zu den großartigsten Prachtgebäuden Roms.<lb/>
Bon außen zog sich um den ganzen Circus eine Halle, die außer den Ein¬<lb/>
gängen Buden und Läden enthielt. Hier' war ein sehr lebhafter, wenn auch<lb/>
nicht sehr anständiger Verkehr. Feile Dirnen stellten in diesen Localen ihre<lb/>
Reize zur Schau, Wahrsager und Sterndeuter rechneten mit Hilfe von Stein¬<lb/>
chen auf Tafeln die Zukunft aus.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1075" next="#ID_1076"> Auch die Schauspiele hatten wie natürlich im Lauf der Jahrhunderte alt<lb/>
Dauer, Mannigfaltigkeit und Pracht der Ausstattung ungemein zugenommen-<lb/>
Zu den einfachen Wettkämpfer, von Ringern, Läufern und Faustkämpftrn, den<lb/>
Wettrennen der Zwei- Drei- und Viergespanne gesellten sich Rennen von<lb/>
Reitern, die während deS Laufs von einem Pferde auf ein anderes voltigirten,<lb/>
und andere Kunstreiterstücke. Junge Bürger in Waffen führten in der Zeit<lb/>
der Republik militärische Evolutionen und Manöver aus, die Kaiser ließen<lb/>
dergleichen von Truppen, sowol Fußvolk als Reiterei machen. Zuweilen pa-<lb/>
radirten auch die sechs Corps der Ritterschaft im Circus. In dem sogenann¬<lb/>
ten Trojaspiel manövrirten ältere Knaben (unter siebzehn) und jüngere (unter<lb/>
vierzehn) Jahren, alle aus angesehener Familie zu Pferde, in Schwadronen ab¬<lb/>
getheilt, gegeneinander. Nach dem zweiten punischen Kriege wurden zuerst<lb/>
Thierhatzen in Rom eingeführt, auch diese fanden bis zum Anfang der Kaiser-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0390] Raub der Sabine rinnen. Mit der wachsenden Macht und Größe der Stadt wuchs auch die Pracht und Feierlichkeit des Cultus, und mehrten sich die Feiertage. Ein Gott nach dem andern erhi'ete seinen Tempel und sein be¬ stimmtes Fest, auch fremde Götter, die durch förmliche Einladung bewogen worden waren, sich in Rom Verehrung gefallen zu lassen, wie der griechische Apoll und die große Mutter der Kleinastaten. Die größer» dieser Feste wurden stets mit einer Circuslustbarkcit beschlossen. Mit der Zeit wurden aus ihnen jährlich wiederkehrende Feiertage: im April waren die Nennen zu Ehren der Getrcidegöttin Ceres, im Beginn deS Mai der Blumengöttin Flora, im Juli des Apollo, im September der drei auf dem Capitol thronenden Schutzgott- heiten Roms Jupiter, Juno und Minerva u. s. w., und außer diesen stehen¬ den Festen versammelten, je länger desto mehr, außerordentliche das Volk in der Rennbahn. Schon in der Königszeit waren hier Einrichtungen für Sitz¬ plätze getroffen worden. Aus hölzernen Gerüsten wurden mit der Zeit steinerne Bauten, deren Ausdehnung mit der Zunahme der Stadt wuchs; endlich ersetzte der Marmor den Tufstein, Vergoldung den farbigen Anstrich. Julius Cäsar vollendete den Ausbau des Circus im Wesentlichen, obwol er später noch öfter umgebaut und erweitert worden ist. Aber schon zu Anfang der Kaiserzeit gehörte er mit seinen in drei Stockwerken übereinander ringsum laufenden Arkaden , auf deren Wölbungen die Sitzreihen im Innern der Bahn amphitheatralisch aufgeführt waren, überragt von einem Obelisken, den August in der Mitte aufgestellt hatte, zu den großartigsten Prachtgebäuden Roms. Bon außen zog sich um den ganzen Circus eine Halle, die außer den Ein¬ gängen Buden und Läden enthielt. Hier' war ein sehr lebhafter, wenn auch nicht sehr anständiger Verkehr. Feile Dirnen stellten in diesen Localen ihre Reize zur Schau, Wahrsager und Sterndeuter rechneten mit Hilfe von Stein¬ chen auf Tafeln die Zukunft aus. Auch die Schauspiele hatten wie natürlich im Lauf der Jahrhunderte alt Dauer, Mannigfaltigkeit und Pracht der Ausstattung ungemein zugenommen- Zu den einfachen Wettkämpfer, von Ringern, Läufern und Faustkämpftrn, den Wettrennen der Zwei- Drei- und Viergespanne gesellten sich Rennen von Reitern, die während deS Laufs von einem Pferde auf ein anderes voltigirten, und andere Kunstreiterstücke. Junge Bürger in Waffen führten in der Zeit der Republik militärische Evolutionen und Manöver aus, die Kaiser ließen dergleichen von Truppen, sowol Fußvolk als Reiterei machen. Zuweilen pa- radirten auch die sechs Corps der Ritterschaft im Circus. In dem sogenann¬ ten Trojaspiel manövrirten ältere Knaben (unter siebzehn) und jüngere (unter vierzehn) Jahren, alle aus angesehener Familie zu Pferde, in Schwadronen ab¬ getheilt, gegeneinander. Nach dem zweiten punischen Kriege wurden zuerst Thierhatzen in Rom eingeführt, auch diese fanden bis zum Anfang der Kaiser-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/390
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/390>, abgerufen am 23.07.2024.