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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Verleitet" lassen, dieser Theilnahme allzuviel anheimzustellen. Solche Beiträge
sichern ja niemals eine geregelte Erweiterung und für eine solche müßte
jetzt unstreitig mehr geschehen, als beim Beginn dieses Jahrhunderts nöthig
war. Man stößt zwar in Hamburg selbst nicht selten auf die Meinung, be¬
sonders die Stadtbibliothek vertrete im Grunde ein ziemlich unverwerthetes,
todtes Capital, das deshalb keiner Vermehrung bedürfe. Einige Beispiele
aber werden zeigen, wie dieselbe allein in letzterer Zeit selbst über Hamburg
hinaus ihren Nutzen spendet. Durch den ehemaligen Bibliothekar Professor
Wolf ist eine Sammlung von Briefen der bedeutendsten Männer seit der Re-
formationszeit auf die Bibliothek gekommen; Wolf hatte sie aus dem Nachlaß
deS frankfurter Patriziers von Affenhand erstanden. Diese Sammlung ist eine
reiche Fundgrube geworden, für alle historischen Untersuchungen des 17. und
18. Jahrhunderts. Eine werthvolle Ausbeute lieferten sie dem Professor Tho-
luck für feilte "Vorgeschichte deS Rationalismus". Auch Guhrauer benutzte sie
schon in seiner Lebensgeschichte des Rectors Jungiuö, die übrigens wesentlich
aus dem auf unserer Bibliothek bewahrten Nachlaß desselben gearbeitet ist-
Wäre Guhrauer nicht zu früh gestorben, so hätte er mit Hilfe jener Brief-
sammlung ein Leben des Herrn von Boineburg geschrieben, das für die
Zeitgeschichte Leibnitzens gewiß interessant geworden wäre. Für deutsche Ge¬
schichte haben schon früher Dahlmann, Waitz, Pertz und andere aus unserer
Bibliothek geschöpft, und in d'rü letzten Jahren für Kirchengeschichte, außer
Tholuck, or. Blüthen in Halle für die Herausgabe der Schriften Melanch-
thons, für belgische Geschichte Herr Helbig in Seraing; für Hymnologie
or. Schneider und Mntzell in Berlin, Pastor Stipp in Potsdam und bet
bekannte HyMttolog Wackernagel; für Studien über das niederdeutsche Pro¬
fessor Kosegartett in Greifswcklve; für das Altdeutsche Hoffmann von Fallers-
leben; für seine Ausgabe der Pandekten Professor Schrader in Tübingen.

Unter den Fachgelehrten ist es auch nicht mehr unbekannt, daß unsere
Stadtbibliothek Achtung gebietet und ist die Aufmerksamkeit auf sie durch un¬
sere hiesigen Gelehrten, die Professoren Petersen und Wurm, die Doctoren
Jsoler, Klose, Hoffmann und Laurent, sowie durch den Archivar Dr. Lappen-
berg in den letzten 20 Jahren sehr gesteigert. Theils wiesen die Genannten
in Zeitschriften auf das hier Vorhandene hin, theils bezeugten sie durch isle
eigenen aus dem Material der Bibliothek entsprungenen Arbeiten den Werth
des hier Vorhandenen.

Allein in Staaten, wo mehr als anderwärts die öffentlichen Institute
auch von der öffentlichen Meinung gehegt und getragen werden müssen,^dan
man mit der Aufmerksamkeit des mehr oder minder engen Kreises von "sach¬
kundigen sich nicht begnügen. Hier muß mau streben, von dem Werthe des
Instituts auch fort und fort ins größere Publicum Kunde gelangen zu lassen.


Verleitet» lassen, dieser Theilnahme allzuviel anheimzustellen. Solche Beiträge
sichern ja niemals eine geregelte Erweiterung und für eine solche müßte
jetzt unstreitig mehr geschehen, als beim Beginn dieses Jahrhunderts nöthig
war. Man stößt zwar in Hamburg selbst nicht selten auf die Meinung, be¬
sonders die Stadtbibliothek vertrete im Grunde ein ziemlich unverwerthetes,
todtes Capital, das deshalb keiner Vermehrung bedürfe. Einige Beispiele
aber werden zeigen, wie dieselbe allein in letzterer Zeit selbst über Hamburg
hinaus ihren Nutzen spendet. Durch den ehemaligen Bibliothekar Professor
Wolf ist eine Sammlung von Briefen der bedeutendsten Männer seit der Re-
formationszeit auf die Bibliothek gekommen; Wolf hatte sie aus dem Nachlaß
deS frankfurter Patriziers von Affenhand erstanden. Diese Sammlung ist eine
reiche Fundgrube geworden, für alle historischen Untersuchungen des 17. und
18. Jahrhunderts. Eine werthvolle Ausbeute lieferten sie dem Professor Tho-
luck für feilte „Vorgeschichte deS Rationalismus". Auch Guhrauer benutzte sie
schon in seiner Lebensgeschichte des Rectors Jungiuö, die übrigens wesentlich
aus dem auf unserer Bibliothek bewahrten Nachlaß desselben gearbeitet ist-
Wäre Guhrauer nicht zu früh gestorben, so hätte er mit Hilfe jener Brief-
sammlung ein Leben des Herrn von Boineburg geschrieben, das für die
Zeitgeschichte Leibnitzens gewiß interessant geworden wäre. Für deutsche Ge¬
schichte haben schon früher Dahlmann, Waitz, Pertz und andere aus unserer
Bibliothek geschöpft, und in d'rü letzten Jahren für Kirchengeschichte, außer
Tholuck, or. Blüthen in Halle für die Herausgabe der Schriften Melanch-
thons, für belgische Geschichte Herr Helbig in Seraing; für Hymnologie
or. Schneider und Mntzell in Berlin, Pastor Stipp in Potsdam und bet
bekannte HyMttolog Wackernagel; für Studien über das niederdeutsche Pro¬
fessor Kosegartett in Greifswcklve; für das Altdeutsche Hoffmann von Fallers-
leben; für seine Ausgabe der Pandekten Professor Schrader in Tübingen.

Unter den Fachgelehrten ist es auch nicht mehr unbekannt, daß unsere
Stadtbibliothek Achtung gebietet und ist die Aufmerksamkeit auf sie durch un¬
sere hiesigen Gelehrten, die Professoren Petersen und Wurm, die Doctoren
Jsoler, Klose, Hoffmann und Laurent, sowie durch den Archivar Dr. Lappen-
berg in den letzten 20 Jahren sehr gesteigert. Theils wiesen die Genannten
in Zeitschriften auf das hier Vorhandene hin, theils bezeugten sie durch isle
eigenen aus dem Material der Bibliothek entsprungenen Arbeiten den Werth
des hier Vorhandenen.

Allein in Staaten, wo mehr als anderwärts die öffentlichen Institute
auch von der öffentlichen Meinung gehegt und getragen werden müssen,^dan
man mit der Aufmerksamkeit des mehr oder minder engen Kreises von «sach¬
kundigen sich nicht begnügen. Hier muß mau streben, von dem Werthe des
Instituts auch fort und fort ins größere Publicum Kunde gelangen zu lassen.


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[0312] Verleitet» lassen, dieser Theilnahme allzuviel anheimzustellen. Solche Beiträge sichern ja niemals eine geregelte Erweiterung und für eine solche müßte jetzt unstreitig mehr geschehen, als beim Beginn dieses Jahrhunderts nöthig war. Man stößt zwar in Hamburg selbst nicht selten auf die Meinung, be¬ sonders die Stadtbibliothek vertrete im Grunde ein ziemlich unverwerthetes, todtes Capital, das deshalb keiner Vermehrung bedürfe. Einige Beispiele aber werden zeigen, wie dieselbe allein in letzterer Zeit selbst über Hamburg hinaus ihren Nutzen spendet. Durch den ehemaligen Bibliothekar Professor Wolf ist eine Sammlung von Briefen der bedeutendsten Männer seit der Re- formationszeit auf die Bibliothek gekommen; Wolf hatte sie aus dem Nachlaß deS frankfurter Patriziers von Affenhand erstanden. Diese Sammlung ist eine reiche Fundgrube geworden, für alle historischen Untersuchungen des 17. und 18. Jahrhunderts. Eine werthvolle Ausbeute lieferten sie dem Professor Tho- luck für feilte „Vorgeschichte deS Rationalismus". Auch Guhrauer benutzte sie schon in seiner Lebensgeschichte des Rectors Jungiuö, die übrigens wesentlich aus dem auf unserer Bibliothek bewahrten Nachlaß desselben gearbeitet ist- Wäre Guhrauer nicht zu früh gestorben, so hätte er mit Hilfe jener Brief- sammlung ein Leben des Herrn von Boineburg geschrieben, das für die Zeitgeschichte Leibnitzens gewiß interessant geworden wäre. Für deutsche Ge¬ schichte haben schon früher Dahlmann, Waitz, Pertz und andere aus unserer Bibliothek geschöpft, und in d'rü letzten Jahren für Kirchengeschichte, außer Tholuck, or. Blüthen in Halle für die Herausgabe der Schriften Melanch- thons, für belgische Geschichte Herr Helbig in Seraing; für Hymnologie or. Schneider und Mntzell in Berlin, Pastor Stipp in Potsdam und bet bekannte HyMttolog Wackernagel; für Studien über das niederdeutsche Pro¬ fessor Kosegartett in Greifswcklve; für das Altdeutsche Hoffmann von Fallers- leben; für seine Ausgabe der Pandekten Professor Schrader in Tübingen. Unter den Fachgelehrten ist es auch nicht mehr unbekannt, daß unsere Stadtbibliothek Achtung gebietet und ist die Aufmerksamkeit auf sie durch un¬ sere hiesigen Gelehrten, die Professoren Petersen und Wurm, die Doctoren Jsoler, Klose, Hoffmann und Laurent, sowie durch den Archivar Dr. Lappen- berg in den letzten 20 Jahren sehr gesteigert. Theils wiesen die Genannten in Zeitschriften auf das hier Vorhandene hin, theils bezeugten sie durch isle eigenen aus dem Material der Bibliothek entsprungenen Arbeiten den Werth des hier Vorhandenen. Allein in Staaten, wo mehr als anderwärts die öffentlichen Institute auch von der öffentlichen Meinung gehegt und getragen werden müssen,^dan man mit der Aufmerksamkeit des mehr oder minder engen Kreises von «sach¬ kundigen sich nicht begnügen. Hier muß mau streben, von dem Werthe des Instituts auch fort und fort ins größere Publicum Kunde gelangen zu lassen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/312>, abgerufen am 23.07.2024.