Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.lehrt, die außer dem Krönungs- und Trauerornate noch 99 Roben, 102 fran¬ lehrt, die außer dem Krönungs- und Trauerornate noch 99 Roben, 102 fran¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0294" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105029"/> <p xml:id="ID_840" prev="#ID_839" next="#ID_841"> lehrt, die außer dem Krönungs- und Trauerornate noch 99 Roben, 102 fran¬<lb/> zösische xovvng, 123 Unterröcke, 13 Crinolinen u. s. w. aufzählt. Auch der<lb/> Mörder der armen durch Walter Scott verherrlichten Amy Nobsart, Robert<lb/> Dudley, sein Stiefsohn Esser und einzelne andere Höflinge sprechen<lb/> deutlich ihren Charakter aus. Ein natürliches Interesse haftet an den Bild¬<lb/> nissen der schottischen Marie, wenn auch alle hinter der traditionellen Schön¬<lb/> heit zurückbleiben. Eine lustige Gruppe von Dichtern und Schauspielern, den<lb/> leichten Sinn und frischen Humor offen ausgeprägt, umringt den Chandos-<lb/> Shakespeare und läßt uns beinahe vergessen, daß die Helden und abenteuerlichen<lb/> Seemänner jener Zeit unseren Augen entzogen blieben. Aus den Köpfen der<lb/> Prinzen Ruprecht und Moritz den Charakter der alten Kavaliere herauszulesen,<lb/> dürfte schwer halten, eine desto größere Uebereinstimmung mit dem überlieferten<lb/> Wesen schauen wir in Cromwells, Hokus, Elliots und namentlich in Hampdenö<lb/> Porträts. ES ist kaum nöthig zu bemerke», daß sich daS leichtfertige Treiben<lb/> am Hofe Karls II. auch in den zeitgenössischen Bildnissen ausdrückt, daß die<lb/> literarischen Helden des vorigen Jahrhunderts unsere Aufmerksamkeit in hohem<lb/> Grade fesseln. Aber im Allgemeinen fühlt man doch heraus, welch eine geringe<lb/> Bestimmtheit in Porträts liegt, wie unsicher und unklar alle historischen Schlüsse<lb/> sind, die man auf dieselben baut. Schon daß man die Auffassungsweisen der<lb/> verschiedenen Maler stets in Anschlag bringen muß, nicht Porträts von dersel¬<lb/> ben Hand und von der gleichen Trefflichkeit vor Augen hat, beschränkt wesent¬<lb/> lich den Genuß. Van Dycks Porträtstiche sind eine vortreffliche Quelle für die Ge¬<lb/> schichte des siebzehnten Jahrhunderts, weil sich das Maß der subjectiven Zuthat,<lb/> die bei jeder bildlichen Darstellung unausweichlich ist, bei allen Blättern gleich<lb/> bleibt, hier dagegen,' wo uns bald Meister ersten Ranges, bald schlechte Wan¬<lb/> dermaler entgegentreten, wo wir oft fühlen, daß die Richtung des Künstlers<lb/> im Widerspruche steht mit dem Charakter des darzustellenden Individuums,<lb/> kostet es die größte Mühe, den objectiven Kern aus der willkürlichen Auffassung<lb/> herauszuschälen. Es ist,' als ob die Persönlichkeiten einer Zeit alle von dem¬<lb/> selben Elternpaar abstammten, es scheint eine Familienähnlichkeit zwischen ihnen<lb/> zu walten, so daß die Anschauung eines einzigen gutgewähltem und die prü¬<lb/> fende Betrachtung von hundert von Porträts aus derselben Zeit beinahe den<lb/> gleichen Eindruck hervorruft. Möglich, daß eine bessere Anordnung und eine<lb/> größere Vollständigkeit ein anderes Urtheil fällen ließ, auch sollen diese<lb/> Bemerkungen durchaus nicht als Tadel gegen die projectirte Nationalporträt¬<lb/> galerie gelten. Der erste fragmentarische Versuch, den wir in Manchester<lb/> sahen, muß aber offenherzig als schlecht gelungen betrachtet werden. Macau-<lb/> lay und einige andere intime Kenner der neuern englischen Geschichte sind ge¬<lb/> wiß einer andern Meinung, das größere Publicum aber fand geringe Kurz¬<lb/> weil in der Betrachtung der Porträtgalerie, und gab unbedingt den andern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0294]
lehrt, die außer dem Krönungs- und Trauerornate noch 99 Roben, 102 fran¬
zösische xovvng, 123 Unterröcke, 13 Crinolinen u. s. w. aufzählt. Auch der
Mörder der armen durch Walter Scott verherrlichten Amy Nobsart, Robert
Dudley, sein Stiefsohn Esser und einzelne andere Höflinge sprechen
deutlich ihren Charakter aus. Ein natürliches Interesse haftet an den Bild¬
nissen der schottischen Marie, wenn auch alle hinter der traditionellen Schön¬
heit zurückbleiben. Eine lustige Gruppe von Dichtern und Schauspielern, den
leichten Sinn und frischen Humor offen ausgeprägt, umringt den Chandos-
Shakespeare und läßt uns beinahe vergessen, daß die Helden und abenteuerlichen
Seemänner jener Zeit unseren Augen entzogen blieben. Aus den Köpfen der
Prinzen Ruprecht und Moritz den Charakter der alten Kavaliere herauszulesen,
dürfte schwer halten, eine desto größere Uebereinstimmung mit dem überlieferten
Wesen schauen wir in Cromwells, Hokus, Elliots und namentlich in Hampdenö
Porträts. ES ist kaum nöthig zu bemerke», daß sich daS leichtfertige Treiben
am Hofe Karls II. auch in den zeitgenössischen Bildnissen ausdrückt, daß die
literarischen Helden des vorigen Jahrhunderts unsere Aufmerksamkeit in hohem
Grade fesseln. Aber im Allgemeinen fühlt man doch heraus, welch eine geringe
Bestimmtheit in Porträts liegt, wie unsicher und unklar alle historischen Schlüsse
sind, die man auf dieselben baut. Schon daß man die Auffassungsweisen der
verschiedenen Maler stets in Anschlag bringen muß, nicht Porträts von dersel¬
ben Hand und von der gleichen Trefflichkeit vor Augen hat, beschränkt wesent¬
lich den Genuß. Van Dycks Porträtstiche sind eine vortreffliche Quelle für die Ge¬
schichte des siebzehnten Jahrhunderts, weil sich das Maß der subjectiven Zuthat,
die bei jeder bildlichen Darstellung unausweichlich ist, bei allen Blättern gleich
bleibt, hier dagegen,' wo uns bald Meister ersten Ranges, bald schlechte Wan¬
dermaler entgegentreten, wo wir oft fühlen, daß die Richtung des Künstlers
im Widerspruche steht mit dem Charakter des darzustellenden Individuums,
kostet es die größte Mühe, den objectiven Kern aus der willkürlichen Auffassung
herauszuschälen. Es ist,' als ob die Persönlichkeiten einer Zeit alle von dem¬
selben Elternpaar abstammten, es scheint eine Familienähnlichkeit zwischen ihnen
zu walten, so daß die Anschauung eines einzigen gutgewähltem und die prü¬
fende Betrachtung von hundert von Porträts aus derselben Zeit beinahe den
gleichen Eindruck hervorruft. Möglich, daß eine bessere Anordnung und eine
größere Vollständigkeit ein anderes Urtheil fällen ließ, auch sollen diese
Bemerkungen durchaus nicht als Tadel gegen die projectirte Nationalporträt¬
galerie gelten. Der erste fragmentarische Versuch, den wir in Manchester
sahen, muß aber offenherzig als schlecht gelungen betrachtet werden. Macau-
lay und einige andere intime Kenner der neuern englischen Geschichte sind ge¬
wiß einer andern Meinung, das größere Publicum aber fand geringe Kurz¬
weil in der Betrachtung der Porträtgalerie, und gab unbedingt den andern
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