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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Vorschüsse, Anlehen oder sonstige Gefälligkeiten, zu denen keine geschäftliche
Veranlassung da war. Oder auch, Regierung und Parlament octroyirten der
Bank die Grundsätze ihrer Verwaltung, und je nach den vorwaltenden Ansichten
abweichende Grundsätze. Wer den Discussionen englischer Schriftsteller über
Bankwesen folgt, wird vorzugsweise darin eine Kritik der einzelnen durch die
Bank oder Regierung und Parlament getrosten" Maßregeln finden, und fast
jedesmal Bemerkungen, wie: hätte die Bankverwaltung so und so gehandelt,
oder: wäre Minister N. N. nicht von jener Ansicht ausgegangen u. s. w. Nir¬
gend wehr als grade in England ist es gleich schwer, die reinen, unverfälsch¬
ten Grundsätze des Geld- und Bankwesens inmitten der vielen störenden Neben¬
ursachen zu erfassen.

DaS Monopol der englischen Bank hat aber noch einen andern großen
Nachtheil zur Folge gehabt, indem eS das Geldgeschäft im Lande selbst in we¬
niger zuverlässige Hände brachte. Da die Bank keine Filiale errichtete, wäh¬
rend doch auch außerhalb Londons ein lebhafter Verkehr stattfand, so wurden
sogenannte Landbanken (eounti^ baut8) errichtet, d. h. einzelne Kaufleute
und an kleinern Orten selbst einzelne Krämer übernahmen die Vermittlung von
Geldgeschäften. Sie standen aber vereinzelt da, während in Schottland sich
ein System von Filialen herausgebildet hatte. Im Jahre 1833 ward allen
>"ehr alö 63 englische Meilen von London belegenen, aus mehren Theilnehmern
bestehenden Banken die Ausgabe von Papiergeld gestattet, d. h. also grade die
Geschäftskunde und das Capital der englischen Metropole von dieser Befugnis)
ausgeschlossen. Grade dadurch aber wurden die in ihrer Isolirtheit geschäftlich
weniger bewachten Landbanken zu Mißgriffen veranlaßt, welche man dann
später mit Unrecht der Ausgabe von Papiergelv durch Privatbanken zuschob,
wobei wir jedoch bemerken wollen, daß man gelegentlich darüber zweifelhaft
sein kann, ob die größern Mißgriffe von den Landbanken oder von der zu¬
fälligerweise von einer andern Ansicht beherrschten englischen Bank ausge¬
gangen waren. In London selbst begann gleichfalls im Jahre 1833 zunächst
infolge einer ungenauen Fassung des betreffenden Gesetzes die Errichtung von
Banken ohne Papicrgeldausgabe, ein Bruch in das ausgedehnte Monopol der
englischen Bank, der von sehr günstigem Einfluß auf die englischen Verkehrs-
Verhältnisse geworden ist.

Wir kehren zu dem Verfasser zurück, nachdem wir nachgewiesen zu haben
glauben, daß dessen Voraussetzung, das Monopol habe Englands Handels¬
größe hervorgerufen, mindestens für das Bankwesen, fehlgegriffen ist. Der
Verfasser gibt eine Uebersicht der jetzt bestehenden Gesetzgebung über englisches
Bankwesen, in der man verschiedene Punkte zu unterscheiden hat. Zuerst in
Betreff der Bank von England, die von Sir R. Peel bekanntlich in
zwei verschiedene Departements eingetheilt worden ist, das eine zum eigentlichen


Vorschüsse, Anlehen oder sonstige Gefälligkeiten, zu denen keine geschäftliche
Veranlassung da war. Oder auch, Regierung und Parlament octroyirten der
Bank die Grundsätze ihrer Verwaltung, und je nach den vorwaltenden Ansichten
abweichende Grundsätze. Wer den Discussionen englischer Schriftsteller über
Bankwesen folgt, wird vorzugsweise darin eine Kritik der einzelnen durch die
Bank oder Regierung und Parlament getrosten» Maßregeln finden, und fast
jedesmal Bemerkungen, wie: hätte die Bankverwaltung so und so gehandelt,
oder: wäre Minister N. N. nicht von jener Ansicht ausgegangen u. s. w. Nir¬
gend wehr als grade in England ist es gleich schwer, die reinen, unverfälsch¬
ten Grundsätze des Geld- und Bankwesens inmitten der vielen störenden Neben¬
ursachen zu erfassen.

DaS Monopol der englischen Bank hat aber noch einen andern großen
Nachtheil zur Folge gehabt, indem eS das Geldgeschäft im Lande selbst in we¬
niger zuverlässige Hände brachte. Da die Bank keine Filiale errichtete, wäh¬
rend doch auch außerhalb Londons ein lebhafter Verkehr stattfand, so wurden
sogenannte Landbanken (eounti^ baut8) errichtet, d. h. einzelne Kaufleute
und an kleinern Orten selbst einzelne Krämer übernahmen die Vermittlung von
Geldgeschäften. Sie standen aber vereinzelt da, während in Schottland sich
ein System von Filialen herausgebildet hatte. Im Jahre 1833 ward allen
>"ehr alö 63 englische Meilen von London belegenen, aus mehren Theilnehmern
bestehenden Banken die Ausgabe von Papiergeld gestattet, d. h. also grade die
Geschäftskunde und das Capital der englischen Metropole von dieser Befugnis)
ausgeschlossen. Grade dadurch aber wurden die in ihrer Isolirtheit geschäftlich
weniger bewachten Landbanken zu Mißgriffen veranlaßt, welche man dann
später mit Unrecht der Ausgabe von Papiergelv durch Privatbanken zuschob,
wobei wir jedoch bemerken wollen, daß man gelegentlich darüber zweifelhaft
sein kann, ob die größern Mißgriffe von den Landbanken oder von der zu¬
fälligerweise von einer andern Ansicht beherrschten englischen Bank ausge¬
gangen waren. In London selbst begann gleichfalls im Jahre 1833 zunächst
infolge einer ungenauen Fassung des betreffenden Gesetzes die Errichtung von
Banken ohne Papicrgeldausgabe, ein Bruch in das ausgedehnte Monopol der
englischen Bank, der von sehr günstigem Einfluß auf die englischen Verkehrs-
Verhältnisse geworden ist.

Wir kehren zu dem Verfasser zurück, nachdem wir nachgewiesen zu haben
glauben, daß dessen Voraussetzung, das Monopol habe Englands Handels¬
größe hervorgerufen, mindestens für das Bankwesen, fehlgegriffen ist. Der
Verfasser gibt eine Uebersicht der jetzt bestehenden Gesetzgebung über englisches
Bankwesen, in der man verschiedene Punkte zu unterscheiden hat. Zuerst in
Betreff der Bank von England, die von Sir R. Peel bekanntlich in
zwei verschiedene Departements eingetheilt worden ist, das eine zum eigentlichen


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[0029] Vorschüsse, Anlehen oder sonstige Gefälligkeiten, zu denen keine geschäftliche Veranlassung da war. Oder auch, Regierung und Parlament octroyirten der Bank die Grundsätze ihrer Verwaltung, und je nach den vorwaltenden Ansichten abweichende Grundsätze. Wer den Discussionen englischer Schriftsteller über Bankwesen folgt, wird vorzugsweise darin eine Kritik der einzelnen durch die Bank oder Regierung und Parlament getrosten» Maßregeln finden, und fast jedesmal Bemerkungen, wie: hätte die Bankverwaltung so und so gehandelt, oder: wäre Minister N. N. nicht von jener Ansicht ausgegangen u. s. w. Nir¬ gend wehr als grade in England ist es gleich schwer, die reinen, unverfälsch¬ ten Grundsätze des Geld- und Bankwesens inmitten der vielen störenden Neben¬ ursachen zu erfassen. DaS Monopol der englischen Bank hat aber noch einen andern großen Nachtheil zur Folge gehabt, indem eS das Geldgeschäft im Lande selbst in we¬ niger zuverlässige Hände brachte. Da die Bank keine Filiale errichtete, wäh¬ rend doch auch außerhalb Londons ein lebhafter Verkehr stattfand, so wurden sogenannte Landbanken (eounti^ baut8) errichtet, d. h. einzelne Kaufleute und an kleinern Orten selbst einzelne Krämer übernahmen die Vermittlung von Geldgeschäften. Sie standen aber vereinzelt da, während in Schottland sich ein System von Filialen herausgebildet hatte. Im Jahre 1833 ward allen >"ehr alö 63 englische Meilen von London belegenen, aus mehren Theilnehmern bestehenden Banken die Ausgabe von Papiergeld gestattet, d. h. also grade die Geschäftskunde und das Capital der englischen Metropole von dieser Befugnis) ausgeschlossen. Grade dadurch aber wurden die in ihrer Isolirtheit geschäftlich weniger bewachten Landbanken zu Mißgriffen veranlaßt, welche man dann später mit Unrecht der Ausgabe von Papiergelv durch Privatbanken zuschob, wobei wir jedoch bemerken wollen, daß man gelegentlich darüber zweifelhaft sein kann, ob die größern Mißgriffe von den Landbanken oder von der zu¬ fälligerweise von einer andern Ansicht beherrschten englischen Bank ausge¬ gangen waren. In London selbst begann gleichfalls im Jahre 1833 zunächst infolge einer ungenauen Fassung des betreffenden Gesetzes die Errichtung von Banken ohne Papicrgeldausgabe, ein Bruch in das ausgedehnte Monopol der englischen Bank, der von sehr günstigem Einfluß auf die englischen Verkehrs- Verhältnisse geworden ist. Wir kehren zu dem Verfasser zurück, nachdem wir nachgewiesen zu haben glauben, daß dessen Voraussetzung, das Monopol habe Englands Handels¬ größe hervorgerufen, mindestens für das Bankwesen, fehlgegriffen ist. Der Verfasser gibt eine Uebersicht der jetzt bestehenden Gesetzgebung über englisches Bankwesen, in der man verschiedene Punkte zu unterscheiden hat. Zuerst in Betreff der Bank von England, die von Sir R. Peel bekanntlich in zwei verschiedene Departements eingetheilt worden ist, das eine zum eigentlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/29>, abgerufen am 23.07.2024.