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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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die mit dem Charakter eines Anzeigers für Kunde der deutschen Vorzeit den
eines Correspondenzblattes verbinde; zu Mainz, wenige Wochen später, wird
ein zweites Correspondenzblatt als Organ des Gesammtvercines beschlossen.
War diese abermalige Spaltung des Zusammengehörigen nothwendig? Ist
das jetzt bestehende, zusammenhangslose Nebeneinandergehen zweier Zeit¬
schriften, die ihrer Gründung, ihren Zwecken, ihrem Wesen nach dieselben und
nur durch den Charakter der Redactionen in etwas verschieden sind, für alle
Betheiligten wie für die Geschichtswissenschaft fruchtbringender, als eine Ver¬
einigung? __Fassen wir die beiden Centralmuseen und ihr Verhältniß
ZU einander schärfer ins Auge, so können wir eine ähnliche Frage nicht abweisen.
Zwei innerlich zusammengehörige, sich nothwendig und organisch ergänzende,
demselben Boden entwachsene Anstalten haben jetzt eine äußerlich ganz ge¬
trennte Entwicklung; wird eine solche Trennung und die dadurch nothwendig
entstehende Zersplitterung der Kräfte und Hilfsmittel nicht zuletzt der einen
oder der andern der beiden Anstalten zum größten Nachtheile gereichen
müssen? Seltsamerweise lassen uns auch hier die Statuten des Gesammt-
vereins, wie dieselben in Main; festgestellt worden sind, gänzlich im Unklaren
und Unsichern, da sie weder über eines der beiden Centralmuseen noch über
ihre organische Verbindung untereinander, noch über ihre gesetzlichen Ver¬
hältnisse zum Gesammtvereine irgend eine Bestimmung enthalten.

Aus der Versammlung zu Dresden wurde die Anlegung eines General-
repertoriumS für die deutsche Geschichtswissenschaft als eine der nächsten
und hauptsächlichsten Aufgaben des die sämmtlichen deutschen Geschichts-
vereine umfassenden Gesammtvercines hingestellt und ihre Lösung beschlossen.
Auch über diese Arbeit, an welcher doch alle Vereine gleichmäßig Theil
Nehmen könnten und müßten, und welche, ebensowenig wie Centralmuseen,
w kurzem Zeitraume nebenbei vollendet werden kann, enthalten die Sta¬
tuten nichts. -- Dürfte nicht auch eine neue Aufmerksamkeit dem zweiten
das Direktorium betreffend, zuzuwenden sein, damit nicht schließlich,
wenn die Wahl anzunehmen verweigert wird, daS wichtige Direktorium an
den übergeht, der überhaupt noch Lust hat, dasselbe zu übernehmen?
Solche und ähnliche Eventualitäten könnten durch straffer gehaltene Bestim¬
mungen unmöglich gemacht werden, und es scheint doch leichter und zweck¬
mäßiger, zu organisiren und zu reorganisiren, so lange ein Institut noch
lung und geschmeidig ist, als durch begnügsames Gehenlassen das ursprung¬
lich beabsichtigte Zusammenwirken wieder zu einem Auflösen deS Ganzen und
°' nem Auseinandergehen aller Einzelglieder erschlaffen zu lassen.




die mit dem Charakter eines Anzeigers für Kunde der deutschen Vorzeit den
eines Correspondenzblattes verbinde; zu Mainz, wenige Wochen später, wird
ein zweites Correspondenzblatt als Organ des Gesammtvercines beschlossen.
War diese abermalige Spaltung des Zusammengehörigen nothwendig? Ist
das jetzt bestehende, zusammenhangslose Nebeneinandergehen zweier Zeit¬
schriften, die ihrer Gründung, ihren Zwecken, ihrem Wesen nach dieselben und
nur durch den Charakter der Redactionen in etwas verschieden sind, für alle
Betheiligten wie für die Geschichtswissenschaft fruchtbringender, als eine Ver¬
einigung? __Fassen wir die beiden Centralmuseen und ihr Verhältniß
ZU einander schärfer ins Auge, so können wir eine ähnliche Frage nicht abweisen.
Zwei innerlich zusammengehörige, sich nothwendig und organisch ergänzende,
demselben Boden entwachsene Anstalten haben jetzt eine äußerlich ganz ge¬
trennte Entwicklung; wird eine solche Trennung und die dadurch nothwendig
entstehende Zersplitterung der Kräfte und Hilfsmittel nicht zuletzt der einen
oder der andern der beiden Anstalten zum größten Nachtheile gereichen
müssen? Seltsamerweise lassen uns auch hier die Statuten des Gesammt-
vereins, wie dieselben in Main; festgestellt worden sind, gänzlich im Unklaren
und Unsichern, da sie weder über eines der beiden Centralmuseen noch über
ihre organische Verbindung untereinander, noch über ihre gesetzlichen Ver¬
hältnisse zum Gesammtvereine irgend eine Bestimmung enthalten.

Aus der Versammlung zu Dresden wurde die Anlegung eines General-
repertoriumS für die deutsche Geschichtswissenschaft als eine der nächsten
und hauptsächlichsten Aufgaben des die sämmtlichen deutschen Geschichts-
vereine umfassenden Gesammtvercines hingestellt und ihre Lösung beschlossen.
Auch über diese Arbeit, an welcher doch alle Vereine gleichmäßig Theil
Nehmen könnten und müßten, und welche, ebensowenig wie Centralmuseen,
w kurzem Zeitraume nebenbei vollendet werden kann, enthalten die Sta¬
tuten nichts. — Dürfte nicht auch eine neue Aufmerksamkeit dem zweiten
das Direktorium betreffend, zuzuwenden sein, damit nicht schließlich,
wenn die Wahl anzunehmen verweigert wird, daS wichtige Direktorium an
den übergeht, der überhaupt noch Lust hat, dasselbe zu übernehmen?
Solche und ähnliche Eventualitäten könnten durch straffer gehaltene Bestim¬
mungen unmöglich gemacht werden, und es scheint doch leichter und zweck¬
mäßiger, zu organisiren und zu reorganisiren, so lange ein Institut noch
lung und geschmeidig ist, als durch begnügsames Gehenlassen das ursprung¬
lich beabsichtigte Zusammenwirken wieder zu einem Auflösen deS Ganzen und
°' nem Auseinandergehen aller Einzelglieder erschlaffen zu lassen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/285>, abgerufen am 23.07.2024.