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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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bedingte Parallele solcher Gesellschaften mit denen deö modernen englischen
Rechts erscheint aber freilich kaum angebracht.

In einem zweiten Theile behandelt der Vf. das englische Bankwesen,
el" so unendlich viel besprochener und so sehr schwieriger Gegenstand, daß
wir ihm hier nicht in allen Punkten nachfolgen können. Der Vf. beschränkt sich
in der Hauptsache auf eine übersichtliche historische Darstellung, in der er bis
zur peelschen Acte vom I. 18ij geht, der er die für und wider dieses Gesetz
geltend gemachten Gründe beifügt, jedoch mit sichtlicher Vorliebe für die er¬
steren. Wir können jedoch nicht umhin, auf einige allgemein interessantere
Gesichtspunkte näher einzugehen. Er beginnt seine Darstellung mit ven
Worten: "Die Handelsgröße Englands, diesen Ausdruck im weitesten Sinne
genommen, ruht ihrer historischen Basis "ach auf Monopolen, auf einem
Systeme vo" Monopolen." Es würde zu weit führen, wollten wir die allge¬
meine Unrichtigkeit dieses Satzes nachweisen; nur Vas Eine liegt auf der Heine>,
daß wenn Monopole die Ursache der englischen Handelsgröße gewesen sind, sie
in jedem europäischen Lande dieselbe Wirkung hätten hervorrufen müssen, den"
an Monopolen hat es nirgend gefehlt. Aber grade in Bezug auf das eng¬
lische Bankwesen ist der Satz ein unrichtiger, was sich am besten aus einem
Vergleich mit Schottland ergibt. Das englische und das schottische Bank¬
wesen, obgleich beide fast dieselbe Zeit und sogar dieselbe Persönlichkeit, Will.
Paterson, zum Ausgangspunkt hatten, habe" doch im weitern Verlauf eine
ganz verschiedene Entwicklung genommen; das schottische bewahrte sich nämlich
seine Freiheit, während das englische immer tiefer i" die Monopole und Pri¬
vilegien hinein gerieth. Und die Folge? Das schottische Bankwesen ist un¬
streitig das gesundere, wenn nicht überhaupt das beste der heutigen Tags
bestehenden, während an dem englischen fortwährend gequacksalbert werden
mußte, und die englische Bank nachweislich die Handelskrisen in England
eher vermehrt und vergrößert als gemildert und gehoben hat. Vielleicht^ ist es
manchem Leser willkommen, wenn wir hier einige kurze Anführungen über das
schottische Bankwesen geben, über das mancherlei Irrthümer verbreitet
sind; wurde doch erst vor Kurzem irgendwo in offenem Widerspruche mit
der Thatsache behauptet, die schottischen Banken gäbe" kein Papiergeld aus.
Es ist dies so wenig richtig, daß grade die Ausgabe von Papiergeld die Grund¬
lage des Flors der schottischen Banken ist.

Aber sie haben untereinander die Einrichtung getroffen, daß jede einzelne
Bank die Noten sämmtlicher anderer Banken entgegennimmt, und sie alle
dieselben in bestimmten kurzen Zwischenräumen (jetzt zweimal die Woche) aus¬
tauschen. Dadurch werden dem Publicum viele Weitläufigkeiten und eine
Ueberfüllung des Marktes mit Banknoten und den Banken die Unannehmlich¬
keit gespart, daß ein Concurrent plötzlich die angesammelten Noten einer ein-


Grenzbvten. IV.

bedingte Parallele solcher Gesellschaften mit denen deö modernen englischen
Rechts erscheint aber freilich kaum angebracht.

In einem zweiten Theile behandelt der Vf. das englische Bankwesen,
el» so unendlich viel besprochener und so sehr schwieriger Gegenstand, daß
wir ihm hier nicht in allen Punkten nachfolgen können. Der Vf. beschränkt sich
in der Hauptsache auf eine übersichtliche historische Darstellung, in der er bis
zur peelschen Acte vom I. 18ij geht, der er die für und wider dieses Gesetz
geltend gemachten Gründe beifügt, jedoch mit sichtlicher Vorliebe für die er¬
steren. Wir können jedoch nicht umhin, auf einige allgemein interessantere
Gesichtspunkte näher einzugehen. Er beginnt seine Darstellung mit ven
Worten: „Die Handelsgröße Englands, diesen Ausdruck im weitesten Sinne
genommen, ruht ihrer historischen Basis »ach auf Monopolen, auf einem
Systeme vo» Monopolen." Es würde zu weit führen, wollten wir die allge¬
meine Unrichtigkeit dieses Satzes nachweisen; nur Vas Eine liegt auf der Heine>,
daß wenn Monopole die Ursache der englischen Handelsgröße gewesen sind, sie
in jedem europäischen Lande dieselbe Wirkung hätten hervorrufen müssen, den»
an Monopolen hat es nirgend gefehlt. Aber grade in Bezug auf das eng¬
lische Bankwesen ist der Satz ein unrichtiger, was sich am besten aus einem
Vergleich mit Schottland ergibt. Das englische und das schottische Bank¬
wesen, obgleich beide fast dieselbe Zeit und sogar dieselbe Persönlichkeit, Will.
Paterson, zum Ausgangspunkt hatten, habe» doch im weitern Verlauf eine
ganz verschiedene Entwicklung genommen; das schottische bewahrte sich nämlich
seine Freiheit, während das englische immer tiefer i» die Monopole und Pri¬
vilegien hinein gerieth. Und die Folge? Das schottische Bankwesen ist un¬
streitig das gesundere, wenn nicht überhaupt das beste der heutigen Tags
bestehenden, während an dem englischen fortwährend gequacksalbert werden
mußte, und die englische Bank nachweislich die Handelskrisen in England
eher vermehrt und vergrößert als gemildert und gehoben hat. Vielleicht^ ist es
manchem Leser willkommen, wenn wir hier einige kurze Anführungen über das
schottische Bankwesen geben, über das mancherlei Irrthümer verbreitet
sind; wurde doch erst vor Kurzem irgendwo in offenem Widerspruche mit
der Thatsache behauptet, die schottischen Banken gäbe» kein Papiergeld aus.
Es ist dies so wenig richtig, daß grade die Ausgabe von Papiergeld die Grund¬
lage des Flors der schottischen Banken ist.

Aber sie haben untereinander die Einrichtung getroffen, daß jede einzelne
Bank die Noten sämmtlicher anderer Banken entgegennimmt, und sie alle
dieselben in bestimmten kurzen Zwischenräumen (jetzt zweimal die Woche) aus¬
tauschen. Dadurch werden dem Publicum viele Weitläufigkeiten und eine
Ueberfüllung des Marktes mit Banknoten und den Banken die Unannehmlich¬
keit gespart, daß ein Concurrent plötzlich die angesammelten Noten einer ein-


Grenzbvten. IV.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/25>, abgerufen am 23.07.2024.