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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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ficht der Börse. Der jetzigen kaiserlichen Regierung gebührt auch das Verdienst,
einen Zinsfuß für ihre Anleihen bezahlen zu müssen, den bereits die Restau¬
ration überwunden hatte! Das dritte Capitel, die "Zahlungsversuche", beschäftigt
sich mit den Amortisationen und Conversionen, auch hier müssen wir auf die
Broschüre selber verweisen. Manche bei einer früheren Gelegenheit von uns
aufgestellte Sätze, so namentlich über die große Bedenklichkeit auch die kleinen
Vermögen zu den Staatsanlehen herbeizuziehen, finden wir hier zu unserer
Freude wieder. Im vierten Capitel wird "die Nationalbank" behandelt, die
Kanaus ne ?rarioe, welche als solche alleinherrschend in Frankreich dasteht. Der
Verfasser weist mit der Thatsache an der Hand die großen Bedenken dieses Bank¬
monopols nach, das nicht einmal dem Verkehr auch nur halbwegs entsprechende
Gegendienste leistet. Der einzige wirkliche Vortheil, den die französische Bank
neuerdings in weitern Kreisen gewährt, sind die ihr fast aufgedrungenen
Filialanstalten in den wichtigsten Provinzialstädten, und wunderbarerweise
haben 'grade diese das Wesentlichste zur Erhöhung der Dividenden der Bank
beigetragen. ES ist dies vielleicht mit ein Zeiche", daß das französische Leben
sich immer unabhängiger von der großen Metropole stellt. Als Resultat deS
fünften Capitels "die Bankoperationen", ergibt sich, daß das Landescreditinstitut
wol den Actionären, nicht aber dem Publicum große Dienste geleistet habe.
Das sechste Capitel bespricht das Discontocomptoir, eine Bank, welche zu
ihrem eigenen und des Publicums Nutzen eine von der französischen Bank
gelassene Lücke auszufüllen verstanden hat und das siebente den "Bodencredit",
der bekanntlich jetzt auch in Frankreich seine eigene Bank hat. In keinem
Lande Europas sind die Capitalien für die Landwirihschafc so theuer als in
Frankreich und nirgend leidet auch so der Ackerbau so darunter. Leider
scheint der Grund ein tieferer zu sein. Wir haben erst vor kurzem vielfache
Klagen französischer Nationalökonomen darüber gelesen, daß ihre begüterten
und gebildeteren Landsleute so ungern selbst die Landwirthschaft betreiben und
den städtischen Aufenthalt unter allen Umständen vorziehen, wodurch also
Intelligenz und Capital vom Landbau fern gehalten wird. Trotz der hohen
Zinsen, die dieser zahlen muß, ist der französische Ackerbau tief verschuldet.
Der creclit, koucior sollte dem abhelfen, hat dies aber zumal durch die eigen¬
sinnig ihm aufgedrängte Centralisation in Paris nur im allerungenügendsten Ma߬
stabe gethan. Das achte Capitel bespricht den Mobiliarcredit. Wir haben unsere
Leser über diesen merkwürdigen Bau unsers Jahrhunderts so viel unterhalten,
daß wir die, welche daran noch nicht genug haben, auf Horn verweisen und
Zwar um so lieber, da sein unverkennbarer Wunsch, dem Institute gerecht zu
werden, ihn doch zu keinen andern als den von uns bezeichneten Folgerungen
treibt. Er will den fruchtbaren Gedanken, der ihm zu Grunde liegt, nicht
verkennen, aber auch nicht, daß derselbe nothwendig der Uebertreibung ausge-


ficht der Börse. Der jetzigen kaiserlichen Regierung gebührt auch das Verdienst,
einen Zinsfuß für ihre Anleihen bezahlen zu müssen, den bereits die Restau¬
ration überwunden hatte! Das dritte Capitel, die „Zahlungsversuche", beschäftigt
sich mit den Amortisationen und Conversionen, auch hier müssen wir auf die
Broschüre selber verweisen. Manche bei einer früheren Gelegenheit von uns
aufgestellte Sätze, so namentlich über die große Bedenklichkeit auch die kleinen
Vermögen zu den Staatsanlehen herbeizuziehen, finden wir hier zu unserer
Freude wieder. Im vierten Capitel wird „die Nationalbank" behandelt, die
Kanaus ne ?rarioe, welche als solche alleinherrschend in Frankreich dasteht. Der
Verfasser weist mit der Thatsache an der Hand die großen Bedenken dieses Bank¬
monopols nach, das nicht einmal dem Verkehr auch nur halbwegs entsprechende
Gegendienste leistet. Der einzige wirkliche Vortheil, den die französische Bank
neuerdings in weitern Kreisen gewährt, sind die ihr fast aufgedrungenen
Filialanstalten in den wichtigsten Provinzialstädten, und wunderbarerweise
haben 'grade diese das Wesentlichste zur Erhöhung der Dividenden der Bank
beigetragen. ES ist dies vielleicht mit ein Zeiche», daß das französische Leben
sich immer unabhängiger von der großen Metropole stellt. Als Resultat deS
fünften Capitels „die Bankoperationen", ergibt sich, daß das Landescreditinstitut
wol den Actionären, nicht aber dem Publicum große Dienste geleistet habe.
Das sechste Capitel bespricht das Discontocomptoir, eine Bank, welche zu
ihrem eigenen und des Publicums Nutzen eine von der französischen Bank
gelassene Lücke auszufüllen verstanden hat und das siebente den „Bodencredit",
der bekanntlich jetzt auch in Frankreich seine eigene Bank hat. In keinem
Lande Europas sind die Capitalien für die Landwirihschafc so theuer als in
Frankreich und nirgend leidet auch so der Ackerbau so darunter. Leider
scheint der Grund ein tieferer zu sein. Wir haben erst vor kurzem vielfache
Klagen französischer Nationalökonomen darüber gelesen, daß ihre begüterten
und gebildeteren Landsleute so ungern selbst die Landwirthschaft betreiben und
den städtischen Aufenthalt unter allen Umständen vorziehen, wodurch also
Intelligenz und Capital vom Landbau fern gehalten wird. Trotz der hohen
Zinsen, die dieser zahlen muß, ist der französische Ackerbau tief verschuldet.
Der creclit, koucior sollte dem abhelfen, hat dies aber zumal durch die eigen¬
sinnig ihm aufgedrängte Centralisation in Paris nur im allerungenügendsten Ma߬
stabe gethan. Das achte Capitel bespricht den Mobiliarcredit. Wir haben unsere
Leser über diesen merkwürdigen Bau unsers Jahrhunderts so viel unterhalten,
daß wir die, welche daran noch nicht genug haben, auf Horn verweisen und
Zwar um so lieber, da sein unverkennbarer Wunsch, dem Institute gerecht zu
werden, ihn doch zu keinen andern als den von uns bezeichneten Folgerungen
treibt. Er will den fruchtbaren Gedanken, der ihm zu Grunde liegt, nicht
verkennen, aber auch nicht, daß derselbe nothwendig der Uebertreibung ausge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/213>, abgerufen am 23.07.2024.