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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Und er seufzt wie ein geprügelter Zigeuner:
Seine Adern schwellen, braun wird er und brciuucr
Und er spricht verwirrt und bittet mich, ins Stübchen
Mög' ich sehn und sagen, was wol macht sein Liebchen.
Nun ich thus! dein Schätzchen, Freund, die Speck gerochen,
Ist soeben in das Ofenloch gekrochen,
Und gebratene Kartoffeln führt zum Munde sie,
Wirklich hat verbrannt auch tüchtig ihren Schlund sie;
El, was macht für ein Gesicht sie nun im Weinen!
Wahrlich würdig ist das Antlitz ganz des deinen! --
Nun, gelöst wol habe ich dir alle Zweifel
Also fahr zur Hölle, hol' dich Narr der Teufel!

Wir haben einige Zeilen ausgelassen, in denen der Dichter aus der Rolle
fallt, und im grellen Contrast gegen den Uebermutl) der andern Strophen den
Mond sich sehr ernsthaft darüber aussprechen läßt, daß er zwischen guien und
schlechten Poeten sehr wohl zu unterscheiden wisse. Solche Pedanterien begeg¬
nen dem besten Dichter. Es versteht sich von selbst, daß PetöfiS warmes und
empfängliches Gemüth den Eindrücken der Natur ebenso offen ist, als allen
menschlichen Regungen. Daß er auch die Schönheit des Mondes sehr wohl zu
würdigen weiß, möge das folgende Fragment eines landschaftlichen Gemäldes
zeigen, wobei man freilich der Form in Gedanken etwas nachhelfen muß.


Die Sonue schied, ihr Licht verschwand,
Und es beginnt zu dunkeln,
Am Saum des fernen Horizonts,
Die Hirtcnfcuer funkeln.
Sind's Hirtenfcucr oder siud
Es Sterne, die gesunken
Herab bei einer Flöte Sang,
Ihr lauschend wchmuthstrnnken?
Nun hebt der Mond sich. O wie schön,
Wie bleich ist er im Harne,
Er gleichet einer todten Braut,
Dem Bräutigam im Arme.
' Vielleicht ist wirklich auch der Mond .
Solch einer Todten Schemen,
Den Geisterhände, aus dem Sarg
Empor zum Himmel nehmen?
So traurig ist der Mond! Und schau
Nach ihm ich, nach dem fahlen,
So kann ich weg von ihm nicht sehen,
Mich bannen seine Strahlen.
So unaussprechlich traurig ist
Der Mond, der bleiche, runde!

Und er seufzt wie ein geprügelter Zigeuner:
Seine Adern schwellen, braun wird er und brciuucr
Und er spricht verwirrt und bittet mich, ins Stübchen
Mög' ich sehn und sagen, was wol macht sein Liebchen.
Nun ich thus! dein Schätzchen, Freund, die Speck gerochen,
Ist soeben in das Ofenloch gekrochen,
Und gebratene Kartoffeln führt zum Munde sie,
Wirklich hat verbrannt auch tüchtig ihren Schlund sie;
El, was macht für ein Gesicht sie nun im Weinen!
Wahrlich würdig ist das Antlitz ganz des deinen! —
Nun, gelöst wol habe ich dir alle Zweifel
Also fahr zur Hölle, hol' dich Narr der Teufel!

Wir haben einige Zeilen ausgelassen, in denen der Dichter aus der Rolle
fallt, und im grellen Contrast gegen den Uebermutl) der andern Strophen den
Mond sich sehr ernsthaft darüber aussprechen läßt, daß er zwischen guien und
schlechten Poeten sehr wohl zu unterscheiden wisse. Solche Pedanterien begeg¬
nen dem besten Dichter. Es versteht sich von selbst, daß PetöfiS warmes und
empfängliches Gemüth den Eindrücken der Natur ebenso offen ist, als allen
menschlichen Regungen. Daß er auch die Schönheit des Mondes sehr wohl zu
würdigen weiß, möge das folgende Fragment eines landschaftlichen Gemäldes
zeigen, wobei man freilich der Form in Gedanken etwas nachhelfen muß.


Die Sonue schied, ihr Licht verschwand,
Und es beginnt zu dunkeln,
Am Saum des fernen Horizonts,
Die Hirtcnfcuer funkeln.
Sind's Hirtenfcucr oder siud
Es Sterne, die gesunken
Herab bei einer Flöte Sang,
Ihr lauschend wchmuthstrnnken?
Nun hebt der Mond sich. O wie schön,
Wie bleich ist er im Harne,
Er gleichet einer todten Braut,
Dem Bräutigam im Arme.
' Vielleicht ist wirklich auch der Mond .
Solch einer Todten Schemen,
Den Geisterhände, aus dem Sarg
Empor zum Himmel nehmen?
So traurig ist der Mond! Und schau
Nach ihm ich, nach dem fahlen,
So kann ich weg von ihm nicht sehen,
Mich bannen seine Strahlen.
So unaussprechlich traurig ist
Der Mond, der bleiche, runde!

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[0189] Und er seufzt wie ein geprügelter Zigeuner: Seine Adern schwellen, braun wird er und brciuucr Und er spricht verwirrt und bittet mich, ins Stübchen Mög' ich sehn und sagen, was wol macht sein Liebchen. Nun ich thus! dein Schätzchen, Freund, die Speck gerochen, Ist soeben in das Ofenloch gekrochen, Und gebratene Kartoffeln führt zum Munde sie, Wirklich hat verbrannt auch tüchtig ihren Schlund sie; El, was macht für ein Gesicht sie nun im Weinen! Wahrlich würdig ist das Antlitz ganz des deinen! — Nun, gelöst wol habe ich dir alle Zweifel Also fahr zur Hölle, hol' dich Narr der Teufel! Wir haben einige Zeilen ausgelassen, in denen der Dichter aus der Rolle fallt, und im grellen Contrast gegen den Uebermutl) der andern Strophen den Mond sich sehr ernsthaft darüber aussprechen läßt, daß er zwischen guien und schlechten Poeten sehr wohl zu unterscheiden wisse. Solche Pedanterien begeg¬ nen dem besten Dichter. Es versteht sich von selbst, daß PetöfiS warmes und empfängliches Gemüth den Eindrücken der Natur ebenso offen ist, als allen menschlichen Regungen. Daß er auch die Schönheit des Mondes sehr wohl zu würdigen weiß, möge das folgende Fragment eines landschaftlichen Gemäldes zeigen, wobei man freilich der Form in Gedanken etwas nachhelfen muß. Die Sonue schied, ihr Licht verschwand, Und es beginnt zu dunkeln, Am Saum des fernen Horizonts, Die Hirtcnfcuer funkeln. Sind's Hirtenfcucr oder siud Es Sterne, die gesunken Herab bei einer Flöte Sang, Ihr lauschend wchmuthstrnnken? Nun hebt der Mond sich. O wie schön, Wie bleich ist er im Harne, Er gleichet einer todten Braut, Dem Bräutigam im Arme. ' Vielleicht ist wirklich auch der Mond . Solch einer Todten Schemen, Den Geisterhände, aus dem Sarg Empor zum Himmel nehmen? So traurig ist der Mond! Und schau Nach ihm ich, nach dem fahlen, So kann ich weg von ihm nicht sehen, Mich bannen seine Strahlen. So unaussprechlich traurig ist Der Mond, der bleiche, runde!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/189>, abgerufen am 23.07.2024.