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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Weil ihm heitres Frühroth blühte
Auf der Nase.
Aber Schuld war daran selber
Meister Dase,
Daß ihm heitres Frühroth blühte
Aus der Nase;
Trank den Wein doch ganz entsetzlich
Meister Dase,
Deshalb blüht ihm heitres Frühroth
Auf der Nase.

Bei dieser heitern sorglosen Lebensauffassung ist der Ungar zur
Schwärmerei und Empfindsamkeit nicht sehr geeignet. Es macht ihm mit¬
unter sogar Vergnügen, der herkömmlichen Sentimentalität ein Schnippchen
zu schlage", und die folgende Elegie des Mondes, die gegen Heines frevelhafte
Ironien durch ihren gesunden und naturwüchsigen Humor auf das vortheil-
hafteste absticht, wäre vielen unserer Dichter zu empfehlen, die in ihrer ewigen
Salbung ganz verlernt haben Sy.iß zu verstehn.


Was bin ich, der Mond? Was that ich dir Allmächtiger!
Daß ich mehr schon elend als ein Niederträchtiger?
Lieber wär ich letzter Knecht im Erdgewimmel
Ais der mächtge König hier am hohen Himmel;
Lieber ging ich unter her in Bcttlcrsctzcn,
Als mich hier in Silberklcidern herzusetzen.
Eh noch ließ ich unten Schcnkenqualm mir bieten
Als zu athmen hier den Dust der Sterncnblüten,
Und gebührt mir Mitleid nicht, du cwger Richter?
Bellt mich an doch jeder Hund und jeder Dichter!
Und die Tölpel, die aus Verse sich verlegen,
Denen sich das Herz nicht, blos die Ohren regen,
Meinen, daß aus ihr Gewinsel ich wol laure,
Und aus Wahlverwandtschaft herb mit ihnen traurc!
Bleich wol bin ich, doch ans Schmerz nicht, blos aus Anger
Ueber all die flennenden Vernunstverberger,
Die mit mir verkehren, wenn es flimmernd machtet,
" Als ob im Verein wir jüngst ein Schwein geschlachtet ....
Solche Kerle wachsen hinter jedem Strauche
Und es gibt kein Fehljahr je sür diese Gäuche.
Bangend muß ich jede Nacht des Unheils harren,
Daß ins Ohr mir gellt solch widerliches Knarren.
Hjeh, dort ist schon wieder einer! Wie im Harne
Er um sich wirst seine affenartgen Arme,
Als wenn er weit ab sie schleudern wollte
Wol nur weil ihm fehlt, was er umarmen sollte.

Weil ihm heitres Frühroth blühte
Auf der Nase.
Aber Schuld war daran selber
Meister Dase,
Daß ihm heitres Frühroth blühte
Aus der Nase;
Trank den Wein doch ganz entsetzlich
Meister Dase,
Deshalb blüht ihm heitres Frühroth
Auf der Nase.

Bei dieser heitern sorglosen Lebensauffassung ist der Ungar zur
Schwärmerei und Empfindsamkeit nicht sehr geeignet. Es macht ihm mit¬
unter sogar Vergnügen, der herkömmlichen Sentimentalität ein Schnippchen
zu schlage», und die folgende Elegie des Mondes, die gegen Heines frevelhafte
Ironien durch ihren gesunden und naturwüchsigen Humor auf das vortheil-
hafteste absticht, wäre vielen unserer Dichter zu empfehlen, die in ihrer ewigen
Salbung ganz verlernt haben Sy.iß zu verstehn.


Was bin ich, der Mond? Was that ich dir Allmächtiger!
Daß ich mehr schon elend als ein Niederträchtiger?
Lieber wär ich letzter Knecht im Erdgewimmel
Ais der mächtge König hier am hohen Himmel;
Lieber ging ich unter her in Bcttlcrsctzcn,
Als mich hier in Silberklcidern herzusetzen.
Eh noch ließ ich unten Schcnkenqualm mir bieten
Als zu athmen hier den Dust der Sterncnblüten,
Und gebührt mir Mitleid nicht, du cwger Richter?
Bellt mich an doch jeder Hund und jeder Dichter!
Und die Tölpel, die aus Verse sich verlegen,
Denen sich das Herz nicht, blos die Ohren regen,
Meinen, daß aus ihr Gewinsel ich wol laure,
Und aus Wahlverwandtschaft herb mit ihnen traurc!
Bleich wol bin ich, doch ans Schmerz nicht, blos aus Anger
Ueber all die flennenden Vernunstverberger,
Die mit mir verkehren, wenn es flimmernd machtet,
« Als ob im Verein wir jüngst ein Schwein geschlachtet ....
Solche Kerle wachsen hinter jedem Strauche
Und es gibt kein Fehljahr je sür diese Gäuche.
Bangend muß ich jede Nacht des Unheils harren,
Daß ins Ohr mir gellt solch widerliches Knarren.
Hjeh, dort ist schon wieder einer! Wie im Harne
Er um sich wirst seine affenartgen Arme,
Als wenn er weit ab sie schleudern wollte
Wol nur weil ihm fehlt, was er umarmen sollte.

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[0188] Weil ihm heitres Frühroth blühte Auf der Nase. Aber Schuld war daran selber Meister Dase, Daß ihm heitres Frühroth blühte Aus der Nase; Trank den Wein doch ganz entsetzlich Meister Dase, Deshalb blüht ihm heitres Frühroth Auf der Nase. Bei dieser heitern sorglosen Lebensauffassung ist der Ungar zur Schwärmerei und Empfindsamkeit nicht sehr geeignet. Es macht ihm mit¬ unter sogar Vergnügen, der herkömmlichen Sentimentalität ein Schnippchen zu schlage», und die folgende Elegie des Mondes, die gegen Heines frevelhafte Ironien durch ihren gesunden und naturwüchsigen Humor auf das vortheil- hafteste absticht, wäre vielen unserer Dichter zu empfehlen, die in ihrer ewigen Salbung ganz verlernt haben Sy.iß zu verstehn. Was bin ich, der Mond? Was that ich dir Allmächtiger! Daß ich mehr schon elend als ein Niederträchtiger? Lieber wär ich letzter Knecht im Erdgewimmel Ais der mächtge König hier am hohen Himmel; Lieber ging ich unter her in Bcttlcrsctzcn, Als mich hier in Silberklcidern herzusetzen. Eh noch ließ ich unten Schcnkenqualm mir bieten Als zu athmen hier den Dust der Sterncnblüten, Und gebührt mir Mitleid nicht, du cwger Richter? Bellt mich an doch jeder Hund und jeder Dichter! Und die Tölpel, die aus Verse sich verlegen, Denen sich das Herz nicht, blos die Ohren regen, Meinen, daß aus ihr Gewinsel ich wol laure, Und aus Wahlverwandtschaft herb mit ihnen traurc! Bleich wol bin ich, doch ans Schmerz nicht, blos aus Anger Ueber all die flennenden Vernunstverberger, Die mit mir verkehren, wenn es flimmernd machtet, « Als ob im Verein wir jüngst ein Schwein geschlachtet .... Solche Kerle wachsen hinter jedem Strauche Und es gibt kein Fehljahr je sür diese Gäuche. Bangend muß ich jede Nacht des Unheils harren, Daß ins Ohr mir gellt solch widerliches Knarren. Hjeh, dort ist schon wieder einer! Wie im Harne Er um sich wirst seine affenartgen Arme, Als wenn er weit ab sie schleudern wollte Wol nur weil ihm fehlt, was er umarmen sollte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/188>, abgerufen am 23.07.2024.