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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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schwere Proben zu stellen. Indem durch das Verbot der ausländischen Zettel
den preußischen Banknoten ein Schutz gewährt ward, wurde die Bank immer
mehr zu einem Institut ausgebildet, das den Geldmarkt beherrscht und andrer¬
seits auch wieder jede Erschütterung am meisten empfindet. Infolge der indischen
Ereignisse und der großen Kris"? in den Vereinigten Staaten ist der Disconto
sehr gestiegen und die Bank hat auf 6V2 Pet. gehen müssen, was seit 1828
nicht geschehen; damals war aber das BetriebScapiral so gering, daß man bei
jedem Geldmangel zu starken Beschränkungen greifen mußten, um nicht den
Baarvorrath sich ganz verflüchtigen zu sehen.

Dabei ist das Lvmbardgeschäft der Bank, welches den Wuchergesetzen nicht
mit entzöge" ist, fast ganz gelähmt, da die Verwaltung nicht zu 6"/" belehren
kaun, wenn sie selbst 6V2 Pet. Disconto nimmt. Außerdem drängt aber auch
eine Krisis, welche nicht durch Erhöhung des Disconto vermindert werden
kann, nämlich die, welche in dem Markte der Edelmetalle ihren Grund hat,
der Baarvorrath hat sich um 1,734,000 Nlhlr. und zugleich der Notenumlauf um
3,272,200 Nlhlr. vermindert, wogegen nur eine schwache Vermehrung der Wechsel¬
bestände stattgefunden hat. Das gleichzeitige Abnehmen beider Valuten be¬
weist, daß es das Bedürfniß nach Silber war, was die Betriebsfonds der
Bank schmälerte; denn jeder Thaler Silber, der ihr entzogen wird, vermindert
ihre Macht Noten auszugeben um 3 Thaler, während jedem Inhaber ihrer
Noten das Recht bleibt, dieselben zur sofortigen Baarzahlung an sie zu ver¬
wenden oder sich dieselben an ihrer Kasse gegen Silber umzuwechseln, eine
Discontoerhöhung hilft gegen diese Verlegenheit nicht, denn sie hält niemanden
ab, Noten zur Baareinlösung zu präsenuren. Diesen Umständen wird es zu¬
zuschreiben sein, daß die Negierung, welcye bisher sich geweigert, den Privat¬
banken freiere Hand zu lassen, denselben einige Zugeständnisse gemacht hat.
Es ist ihnen nämlich in Zukunft gestattet 1) verzinsliche Depositen bis zur
Höhe ihres Actiencapitals anzunehmen, was bisher zu Gunsten des Monopols
der preußischen Bank verboten war, so wie Wechsel mit nur zwei Unterschrif¬
ten zu discontiren; 2) die größern Notenabschnitle nach Bedürfniß in Apoints
von 20 Rthlr. umzuwandeln; 3) Agenturen in den Provinzen zu errichten, für
welche sie concessionirt sind. -- Weshalb man die zu empfangenden Depositen
auf die Höhe des Actiencapitals beschränkt, ist nicht abzusehen, da grade das
Depositen- und Girvgeschäft die solideste Basis eines gesunden Bankwesens
bildet. Die Zugeständnisse sind außerdem zu gering, so lange man der preu¬
ßischen Bank ihre Monopole läßt und nicht wenigstens die Notenausgabe auf
die Principien der pcelschen Baulande von 18". zurückführt. Wir werden
sehen ob die Umstände nicht dazu nöthigen, ob nicht der Bankpolitik VeS
Jahres 18os schwerere Proben zu lösen gegeben werden.




schwere Proben zu stellen. Indem durch das Verbot der ausländischen Zettel
den preußischen Banknoten ein Schutz gewährt ward, wurde die Bank immer
mehr zu einem Institut ausgebildet, das den Geldmarkt beherrscht und andrer¬
seits auch wieder jede Erschütterung am meisten empfindet. Infolge der indischen
Ereignisse und der großen Kris«? in den Vereinigten Staaten ist der Disconto
sehr gestiegen und die Bank hat auf 6V2 Pet. gehen müssen, was seit 1828
nicht geschehen; damals war aber das BetriebScapiral so gering, daß man bei
jedem Geldmangel zu starken Beschränkungen greifen mußten, um nicht den
Baarvorrath sich ganz verflüchtigen zu sehen.

Dabei ist das Lvmbardgeschäft der Bank, welches den Wuchergesetzen nicht
mit entzöge» ist, fast ganz gelähmt, da die Verwaltung nicht zu 6"/„ belehren
kaun, wenn sie selbst 6V2 Pet. Disconto nimmt. Außerdem drängt aber auch
eine Krisis, welche nicht durch Erhöhung des Disconto vermindert werden
kann, nämlich die, welche in dem Markte der Edelmetalle ihren Grund hat,
der Baarvorrath hat sich um 1,734,000 Nlhlr. und zugleich der Notenumlauf um
3,272,200 Nlhlr. vermindert, wogegen nur eine schwache Vermehrung der Wechsel¬
bestände stattgefunden hat. Das gleichzeitige Abnehmen beider Valuten be¬
weist, daß es das Bedürfniß nach Silber war, was die Betriebsfonds der
Bank schmälerte; denn jeder Thaler Silber, der ihr entzogen wird, vermindert
ihre Macht Noten auszugeben um 3 Thaler, während jedem Inhaber ihrer
Noten das Recht bleibt, dieselben zur sofortigen Baarzahlung an sie zu ver¬
wenden oder sich dieselben an ihrer Kasse gegen Silber umzuwechseln, eine
Discontoerhöhung hilft gegen diese Verlegenheit nicht, denn sie hält niemanden
ab, Noten zur Baareinlösung zu präsenuren. Diesen Umständen wird es zu¬
zuschreiben sein, daß die Negierung, welcye bisher sich geweigert, den Privat¬
banken freiere Hand zu lassen, denselben einige Zugeständnisse gemacht hat.
Es ist ihnen nämlich in Zukunft gestattet 1) verzinsliche Depositen bis zur
Höhe ihres Actiencapitals anzunehmen, was bisher zu Gunsten des Monopols
der preußischen Bank verboten war, so wie Wechsel mit nur zwei Unterschrif¬
ten zu discontiren; 2) die größern Notenabschnitle nach Bedürfniß in Apoints
von 20 Rthlr. umzuwandeln; 3) Agenturen in den Provinzen zu errichten, für
welche sie concessionirt sind. — Weshalb man die zu empfangenden Depositen
auf die Höhe des Actiencapitals beschränkt, ist nicht abzusehen, da grade das
Depositen- und Girvgeschäft die solideste Basis eines gesunden Bankwesens
bildet. Die Zugeständnisse sind außerdem zu gering, so lange man der preu¬
ßischen Bank ihre Monopole läßt und nicht wenigstens die Notenausgabe auf
die Principien der pcelschen Baulande von 18«. zurückführt. Wir werden
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Jahres 18os schwerere Proben zu lösen gegeben werden.




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[0184] schwere Proben zu stellen. Indem durch das Verbot der ausländischen Zettel den preußischen Banknoten ein Schutz gewährt ward, wurde die Bank immer mehr zu einem Institut ausgebildet, das den Geldmarkt beherrscht und andrer¬ seits auch wieder jede Erschütterung am meisten empfindet. Infolge der indischen Ereignisse und der großen Kris«? in den Vereinigten Staaten ist der Disconto sehr gestiegen und die Bank hat auf 6V2 Pet. gehen müssen, was seit 1828 nicht geschehen; damals war aber das BetriebScapiral so gering, daß man bei jedem Geldmangel zu starken Beschränkungen greifen mußten, um nicht den Baarvorrath sich ganz verflüchtigen zu sehen. Dabei ist das Lvmbardgeschäft der Bank, welches den Wuchergesetzen nicht mit entzöge» ist, fast ganz gelähmt, da die Verwaltung nicht zu 6"/„ belehren kaun, wenn sie selbst 6V2 Pet. Disconto nimmt. Außerdem drängt aber auch eine Krisis, welche nicht durch Erhöhung des Disconto vermindert werden kann, nämlich die, welche in dem Markte der Edelmetalle ihren Grund hat, der Baarvorrath hat sich um 1,734,000 Nlhlr. und zugleich der Notenumlauf um 3,272,200 Nlhlr. vermindert, wogegen nur eine schwache Vermehrung der Wechsel¬ bestände stattgefunden hat. Das gleichzeitige Abnehmen beider Valuten be¬ weist, daß es das Bedürfniß nach Silber war, was die Betriebsfonds der Bank schmälerte; denn jeder Thaler Silber, der ihr entzogen wird, vermindert ihre Macht Noten auszugeben um 3 Thaler, während jedem Inhaber ihrer Noten das Recht bleibt, dieselben zur sofortigen Baarzahlung an sie zu ver¬ wenden oder sich dieselben an ihrer Kasse gegen Silber umzuwechseln, eine Discontoerhöhung hilft gegen diese Verlegenheit nicht, denn sie hält niemanden ab, Noten zur Baareinlösung zu präsenuren. Diesen Umständen wird es zu¬ zuschreiben sein, daß die Negierung, welcye bisher sich geweigert, den Privat¬ banken freiere Hand zu lassen, denselben einige Zugeständnisse gemacht hat. Es ist ihnen nämlich in Zukunft gestattet 1) verzinsliche Depositen bis zur Höhe ihres Actiencapitals anzunehmen, was bisher zu Gunsten des Monopols der preußischen Bank verboten war, so wie Wechsel mit nur zwei Unterschrif¬ ten zu discontiren; 2) die größern Notenabschnitle nach Bedürfniß in Apoints von 20 Rthlr. umzuwandeln; 3) Agenturen in den Provinzen zu errichten, für welche sie concessionirt sind. — Weshalb man die zu empfangenden Depositen auf die Höhe des Actiencapitals beschränkt, ist nicht abzusehen, da grade das Depositen- und Girvgeschäft die solideste Basis eines gesunden Bankwesens bildet. Die Zugeständnisse sind außerdem zu gering, so lange man der preu¬ ßischen Bank ihre Monopole läßt und nicht wenigstens die Notenausgabe auf die Principien der pcelschen Baulande von 18«. zurückführt. Wir werden sehen ob die Umstände nicht dazu nöthigen, ob nicht der Bankpolitik VeS Jahres 18os schwerere Proben zu lösen gegeben werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/184>, abgerufen am 23.07.2024.