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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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auf das Bedenkliche einer wirthschaftlichen Politik aufmerksam zu machen, welche,
indem sie einer Centralbank das Monopol der Notenausgabe gewährte, eine
so große Masse von Verkehrsmitteln auf ein Institut häufte, daS dadurch bei
jeder Geld- und Handelskrisis vom stärksten Stoße getroffen werden mußte.
Sehen wir jetzt näher zu, wie sich die preußische Bank seit dem' Vertrage vom
Mai 1836 (abgeschlossen d. 31. Jan. 18S6 zwischen der Bankvcrwaltung und
den Handels- und Finanzministerien), welcher ihre dermalige Verfassung und
Stellung regelt, zu den Bedürfnissen deS Verkehres gestellt hat, welche Dienste
sie geleistet, welche Stellung sie einnimmt. Die Hauptbestimmung des Ver¬
trages war, baß die Bank allmälig Slaatspapiergeld im Belauf von Is Mill.
THU. einziehen und dagegen 16,598,000 Thlr. in i'/z procentigen Staatsschuld¬
scheinen empfangen sollte, zu deren Verzinsung und Tilgung sie wiederum einen
jährlichen Beitrag von 621,9-10 Thlr. an die Hauptverwaltung der Staats¬
schulden leisten wird. Außerdem ward ihr die unbeschränkte Emission von Noten
zugestanden, für die nur ein Drittel baar vorhanden zu sein braucht. Um die
letztere Verfügung drehte sich bei der Discussion im Haus der Abgeordneten
hauptsächlich die Debatte, die Negierungscommissare hoben die Wohlthaten
hervor, die dadurch dem Verkehre und dem Geldmarkte namentlich in Zeilen
der Klemme erwachsen würden, die Bank würde durch die Mittel, über die sie
disponiren könne, der Geschäftswelt billigeres Capital geben und im Stande
sein, das Steigen des Disconto entschieden zu bekämpfen. ES fehlte nicht an
Stimmen, welche schon damals diese Art von Bankvorsehung als grundsätzlich
verkehrt bezeichneten, und wir können auch nur der Ansicht sein, daß sie ans
einer Verkennung der wichtigsten Gesetze des Geldmarktes und namentlich der
Speculation beruht. , Es ist das Wesen derselben um so weiter vorzugehen, je
größere Leichtigkeiten ihr gegeben werden, ist,also eine Krisis da oder im An¬
züge, so muß die Speculation avcrtirt werden, daß sie sich nicht weiter enga-
gire, und dies geschieht im natürlichen Verkehr eben ganz von selbst dadurch,
daß man ihr das Mittel, Geld zu erhalten vertheuerr d. h. den Disconto
erhöht, das Steigen und Fallen des Disconto ist bei naturgemäßen Verhält¬
nissen der untrügliche Gradmesser für den Geschäftsmann, nach dem er berech¬
net, wie weit er sich engagiren darf und seine Verbindlichkeiten ausdehnen
kann, ohne in Verlegenheit,zu kommen. Findet sich nun aber ein Institut,
das, wenn der Disconto auf dem allgemeinen Markte steigt, denselben auf
einem niedrigern Stande hält, also Gelb zu billigern Bedingungen gewährt,
so hält die Spekulation eben nicht ein, sondern geht weiter im Vertrauen aus
jenes Institut. Das Schlimme ist nun, daß dies Vertrauen auf die Länge
sich doch getäuscht finden muß, denn wenn das Gelb theurer geworden, woher
soll eine Bank dauernd billigeres nehmen und geben können? Man antwortet
durch die Notenausgabe, aber begreiflicherweise kann diese doch nicht inS Un-


auf das Bedenkliche einer wirthschaftlichen Politik aufmerksam zu machen, welche,
indem sie einer Centralbank das Monopol der Notenausgabe gewährte, eine
so große Masse von Verkehrsmitteln auf ein Institut häufte, daS dadurch bei
jeder Geld- und Handelskrisis vom stärksten Stoße getroffen werden mußte.
Sehen wir jetzt näher zu, wie sich die preußische Bank seit dem' Vertrage vom
Mai 1836 (abgeschlossen d. 31. Jan. 18S6 zwischen der Bankvcrwaltung und
den Handels- und Finanzministerien), welcher ihre dermalige Verfassung und
Stellung regelt, zu den Bedürfnissen deS Verkehres gestellt hat, welche Dienste
sie geleistet, welche Stellung sie einnimmt. Die Hauptbestimmung des Ver¬
trages war, baß die Bank allmälig Slaatspapiergeld im Belauf von Is Mill.
THU. einziehen und dagegen 16,598,000 Thlr. in i'/z procentigen Staatsschuld¬
scheinen empfangen sollte, zu deren Verzinsung und Tilgung sie wiederum einen
jährlichen Beitrag von 621,9-10 Thlr. an die Hauptverwaltung der Staats¬
schulden leisten wird. Außerdem ward ihr die unbeschränkte Emission von Noten
zugestanden, für die nur ein Drittel baar vorhanden zu sein braucht. Um die
letztere Verfügung drehte sich bei der Discussion im Haus der Abgeordneten
hauptsächlich die Debatte, die Negierungscommissare hoben die Wohlthaten
hervor, die dadurch dem Verkehre und dem Geldmarkte namentlich in Zeilen
der Klemme erwachsen würden, die Bank würde durch die Mittel, über die sie
disponiren könne, der Geschäftswelt billigeres Capital geben und im Stande
sein, das Steigen des Disconto entschieden zu bekämpfen. ES fehlte nicht an
Stimmen, welche schon damals diese Art von Bankvorsehung als grundsätzlich
verkehrt bezeichneten, und wir können auch nur der Ansicht sein, daß sie ans
einer Verkennung der wichtigsten Gesetze des Geldmarktes und namentlich der
Speculation beruht. , Es ist das Wesen derselben um so weiter vorzugehen, je
größere Leichtigkeiten ihr gegeben werden, ist,also eine Krisis da oder im An¬
züge, so muß die Speculation avcrtirt werden, daß sie sich nicht weiter enga-
gire, und dies geschieht im natürlichen Verkehr eben ganz von selbst dadurch,
daß man ihr das Mittel, Geld zu erhalten vertheuerr d. h. den Disconto
erhöht, das Steigen und Fallen des Disconto ist bei naturgemäßen Verhält¬
nissen der untrügliche Gradmesser für den Geschäftsmann, nach dem er berech¬
net, wie weit er sich engagiren darf und seine Verbindlichkeiten ausdehnen
kann, ohne in Verlegenheit,zu kommen. Findet sich nun aber ein Institut,
das, wenn der Disconto auf dem allgemeinen Markte steigt, denselben auf
einem niedrigern Stande hält, also Gelb zu billigern Bedingungen gewährt,
so hält die Spekulation eben nicht ein, sondern geht weiter im Vertrauen aus
jenes Institut. Das Schlimme ist nun, daß dies Vertrauen auf die Länge
sich doch getäuscht finden muß, denn wenn das Gelb theurer geworden, woher
soll eine Bank dauernd billigeres nehmen und geben können? Man antwortet
durch die Notenausgabe, aber begreiflicherweise kann diese doch nicht inS Un-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/182>, abgerufen am 23.07.2024.