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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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die, wie Einige behaupten, die Negersklaven nothwendig sind, durchaus daselbst
nicht angebaut werden.

Sklavenarbeit ist aber nur da einträglich, wo die Sklaven in großen Ge¬
sellschaften zusammen arbeiten, und wenn der Aufseher sie ir.imer im Auge be¬
halten kann. Mais und andere Kornarten, für die sich der Boden und das
Klima von Kansas hauptsächlich eignet, passen daher nur für freie Arbeit.
Außerdem läßt sich voraussehen, daß diejenigen Pflanzer, die Sklaven halten,
nur eine geringe Anzahl derselben in das Territorium bringen werden, und
daß noch viele Jahre lang selbst die Ansiedler vom Süden nicht immer Sklaven¬
halter sein werben.

Nach Erwägung dieser Thatsachen kommt man zu dem Schlüsse, daß,
wenn es Kansas überlassen bliebe lwie es die organische Acte vom Mai 185i
bestimmt), über diese Institution zu entscheiden, und sie nach dem Willen der
Majorität für legal oder illegal zu erklären, es sich unvermeidlich zu Gunsten der
Freiheit erklären müsse. Einige Schriftsteller haben sogar in diesem Lande zu
eilfertig geschlossen, daß ein so ungleicher Kampf, wie der zwischen Sklaverei
und Freiheit, nicht lange fortgesetzt werden kann; daß die Ansiedler von Kan¬
sas, welche die verderblichen Früchte der Sklaverei vor Augen haben, nicht
lange in ihrer Wahl schwanken können; daß die Ruhe im Territorium bald
wieder hergestellt werden müsse, und daß dasselbe bann um Aufnahme in die
Konföderation antragen wird, mit einer Konstitution, die die Freiheit garan-
tirt. Danach behaupten diese Schriftsteller, daß, wenn die gegenwärtigen
Wirren in Kansas die ganze Union gestört haben, doch die Aengstlichkeit auf
beiden Seiten -- oder wenigstens auf Seiten des Nordens -- höchst über¬
flüssig sei, da man leicht sieht, daß durch die Einwirkung der natürlichen Ur¬
sachen Kansas nothwendigerweise bald frei werden muß.

Obgleich ein derartiger Schluß sehr vernünftig erscheint, so beruht er
doch auf einer unvollkommenen Anschauung der Frage. Die Frage ist nicht,
ob Kansas ein freier oder ein Sklavenstaat sein sollte, um den Wohlstand und
die Entwickelung seiner Hilfsquellen am besten zu sichern; sondern, ob Kansas
als Sklaven- ober als freier Staat diejenigen am meisten bereichern wird, die
daraus Gewinn ziehen können, wenn er ihnen eröffnet wird. In einem Falle
wie der, in dem Kansas sich befindet, wird die einträglichste Politik von der
Majorität als die vernünftigste angesehen werden. Und da die Majorität
entscheidet, so kann man die Frage einfach so stellen: Eristirt nicht eine große
Partei, sür die die Ausbreitung der Sklaverei bedeutenden pecuniären
Vortheil bringt? Und wenn es sich so verhält, ist diese Partei an Zahl über¬
wiegend?

Während es also vollkommen wahr ist, daß eS in dem Kampfe zwischen
Sklaverei und Freiheit in materieller Hinsicht thöricht und in moralischer


die, wie Einige behaupten, die Negersklaven nothwendig sind, durchaus daselbst
nicht angebaut werden.

Sklavenarbeit ist aber nur da einträglich, wo die Sklaven in großen Ge¬
sellschaften zusammen arbeiten, und wenn der Aufseher sie ir.imer im Auge be¬
halten kann. Mais und andere Kornarten, für die sich der Boden und das
Klima von Kansas hauptsächlich eignet, passen daher nur für freie Arbeit.
Außerdem läßt sich voraussehen, daß diejenigen Pflanzer, die Sklaven halten,
nur eine geringe Anzahl derselben in das Territorium bringen werden, und
daß noch viele Jahre lang selbst die Ansiedler vom Süden nicht immer Sklaven¬
halter sein werben.

Nach Erwägung dieser Thatsachen kommt man zu dem Schlüsse, daß,
wenn es Kansas überlassen bliebe lwie es die organische Acte vom Mai 185i
bestimmt), über diese Institution zu entscheiden, und sie nach dem Willen der
Majorität für legal oder illegal zu erklären, es sich unvermeidlich zu Gunsten der
Freiheit erklären müsse. Einige Schriftsteller haben sogar in diesem Lande zu
eilfertig geschlossen, daß ein so ungleicher Kampf, wie der zwischen Sklaverei
und Freiheit, nicht lange fortgesetzt werden kann; daß die Ansiedler von Kan¬
sas, welche die verderblichen Früchte der Sklaverei vor Augen haben, nicht
lange in ihrer Wahl schwanken können; daß die Ruhe im Territorium bald
wieder hergestellt werden müsse, und daß dasselbe bann um Aufnahme in die
Konföderation antragen wird, mit einer Konstitution, die die Freiheit garan-
tirt. Danach behaupten diese Schriftsteller, daß, wenn die gegenwärtigen
Wirren in Kansas die ganze Union gestört haben, doch die Aengstlichkeit auf
beiden Seiten — oder wenigstens auf Seiten des Nordens — höchst über¬
flüssig sei, da man leicht sieht, daß durch die Einwirkung der natürlichen Ur¬
sachen Kansas nothwendigerweise bald frei werden muß.

Obgleich ein derartiger Schluß sehr vernünftig erscheint, so beruht er
doch auf einer unvollkommenen Anschauung der Frage. Die Frage ist nicht,
ob Kansas ein freier oder ein Sklavenstaat sein sollte, um den Wohlstand und
die Entwickelung seiner Hilfsquellen am besten zu sichern; sondern, ob Kansas
als Sklaven- ober als freier Staat diejenigen am meisten bereichern wird, die
daraus Gewinn ziehen können, wenn er ihnen eröffnet wird. In einem Falle
wie der, in dem Kansas sich befindet, wird die einträglichste Politik von der
Majorität als die vernünftigste angesehen werden. Und da die Majorität
entscheidet, so kann man die Frage einfach so stellen: Eristirt nicht eine große
Partei, sür die die Ausbreitung der Sklaverei bedeutenden pecuniären
Vortheil bringt? Und wenn es sich so verhält, ist diese Partei an Zahl über¬
wiegend?

Während es also vollkommen wahr ist, daß eS in dem Kampfe zwischen
Sklaverei und Freiheit in materieller Hinsicht thöricht und in moralischer


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[0122] die, wie Einige behaupten, die Negersklaven nothwendig sind, durchaus daselbst nicht angebaut werden. Sklavenarbeit ist aber nur da einträglich, wo die Sklaven in großen Ge¬ sellschaften zusammen arbeiten, und wenn der Aufseher sie ir.imer im Auge be¬ halten kann. Mais und andere Kornarten, für die sich der Boden und das Klima von Kansas hauptsächlich eignet, passen daher nur für freie Arbeit. Außerdem läßt sich voraussehen, daß diejenigen Pflanzer, die Sklaven halten, nur eine geringe Anzahl derselben in das Territorium bringen werden, und daß noch viele Jahre lang selbst die Ansiedler vom Süden nicht immer Sklaven¬ halter sein werben. Nach Erwägung dieser Thatsachen kommt man zu dem Schlüsse, daß, wenn es Kansas überlassen bliebe lwie es die organische Acte vom Mai 185i bestimmt), über diese Institution zu entscheiden, und sie nach dem Willen der Majorität für legal oder illegal zu erklären, es sich unvermeidlich zu Gunsten der Freiheit erklären müsse. Einige Schriftsteller haben sogar in diesem Lande zu eilfertig geschlossen, daß ein so ungleicher Kampf, wie der zwischen Sklaverei und Freiheit, nicht lange fortgesetzt werden kann; daß die Ansiedler von Kan¬ sas, welche die verderblichen Früchte der Sklaverei vor Augen haben, nicht lange in ihrer Wahl schwanken können; daß die Ruhe im Territorium bald wieder hergestellt werden müsse, und daß dasselbe bann um Aufnahme in die Konföderation antragen wird, mit einer Konstitution, die die Freiheit garan- tirt. Danach behaupten diese Schriftsteller, daß, wenn die gegenwärtigen Wirren in Kansas die ganze Union gestört haben, doch die Aengstlichkeit auf beiden Seiten — oder wenigstens auf Seiten des Nordens — höchst über¬ flüssig sei, da man leicht sieht, daß durch die Einwirkung der natürlichen Ur¬ sachen Kansas nothwendigerweise bald frei werden muß. Obgleich ein derartiger Schluß sehr vernünftig erscheint, so beruht er doch auf einer unvollkommenen Anschauung der Frage. Die Frage ist nicht, ob Kansas ein freier oder ein Sklavenstaat sein sollte, um den Wohlstand und die Entwickelung seiner Hilfsquellen am besten zu sichern; sondern, ob Kansas als Sklaven- ober als freier Staat diejenigen am meisten bereichern wird, die daraus Gewinn ziehen können, wenn er ihnen eröffnet wird. In einem Falle wie der, in dem Kansas sich befindet, wird die einträglichste Politik von der Majorität als die vernünftigste angesehen werden. Und da die Majorität entscheidet, so kann man die Frage einfach so stellen: Eristirt nicht eine große Partei, sür die die Ausbreitung der Sklaverei bedeutenden pecuniären Vortheil bringt? Und wenn es sich so verhält, ist diese Partei an Zahl über¬ wiegend? Während es also vollkommen wahr ist, daß eS in dem Kampfe zwischen Sklaverei und Freiheit in materieller Hinsicht thöricht und in moralischer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/122>, abgerufen am 23.07.2024.