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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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eifrigste Streben eines jeden, der sich dem geistlichen Stande weiht, und er
sammelt schon bei Zeiten; die Wahl zu einem solchen Posten kostet Geld, ist
aber auch etwas werth, denn jeder derselben trägt 13--20,000 Thaler jähr¬
lich ein.

Was auch noch dazu beiträgt, die Gespräche über Geldgeschäfte unter
den geistlichen Herren so häufig zu machen, ist der Reichthum, den die Klöster
und einzelne Kirchen besitzen. Wir haben schon in diesen Blättern erwähnt,
daß von den moldauische" Landgütern ungefähr 300 einheimischen und griechi¬
schen Klöstern gehören. Das Ministerium der kirchlichen Angelegenheiten hat
freilich den heiligen Stätten die Verwaltung ihres Vermögens erleichtert, in¬
dem es selbst die Güter lioitsmäo in Pacht gibt und einem jeden Kloster eine
bestimmte Summe zum Unterhalt verabfolgt; aber außer dieser Summe bleiben
immer noch ein paar Güter zur Verfügung deS Abts, und das gibt Anlaß zu
immerwährenden Geldgeschäften, die oft recht unerquicklich sind.

Das berühmteste von den moldauischen Klöstern, Niamzu, stand bis zu
den letzten Kriegsbegebenheiten unter besonderem russischen Schutz, und durfte
frei schalten mit seinem Hab und Gut, das eine jährliche Einnahme von circa
180,000 Thalern trägt. Seitdem sind seine Freiheiten etwas beschränkt wor¬
den, aber noch immer ist das von 1200 Mönchen bewohnte Niamzu großartig.
Auf das gastfreieste wird ein jeder Fremde aufgenommen, und findet Wohnung
und gute Kost, so lange es ihm beliebt zu bleiben, ohne daß man ihm dafür
einen Heller abverlangte. Die Luft in dem wunderbar in den Karpathen ge¬
legenen Kloster ist so gesund, daß, namentlich zur Zeit der Cholera, oft
viele Familien zugleich dort ein Asyl suchten; die Mönche überließen den
Gästen ihre Zellen und zogen enger zusammen, niemand durste abgewiesen
werden. Es ist aber auch schwer zu berechnen, was an Vorräthen in den
Klöstern jährlich aufgeht; wenn die Schiffe mit Colonialwaaren nach Galatz
kommen, so sieht man ganze Züge schwer beladener sechsspänniger Ochsenkarren
in Begleitung eines Geistlichen landeinwärts ziehn; ähnliche Züge bringen im
Herbst die Weinernte in die geräumigen Klosterkeller. Wir können uns eines
Herbstes erinnern, wo die Weinberge des Klosters Niamzu 17,000 Eimer (der
moldauische Eimer enthält 20 Champagnerflaschen) geliefert hatten, und es ist
nicht darüber geklagt worden, daß etwas übrig geblieben sei. Einen guten
Theil werden wahrscheinlich die Mönche selbst ausgetrunken haben, was ihnen
durchaus nicht zu verdenken ist, da sie Jahr aus Jahr ein aus Fastenspeisen
angewiesen sind. Die herrlichen Wälder im Hochgebirge, wo die Klöster
Statira, Rischka, Niamzu und setu liegen, werden auch oft zu Jagden be¬
nutzt, wobei dann die geistlichen Herren gutmüthig zusehen, wie weltlich eS in
den heiligen Mauern hergeht.

Da wir von Mauern sprechen, dürfen wir nicht unerwähnt lassen, daß


eifrigste Streben eines jeden, der sich dem geistlichen Stande weiht, und er
sammelt schon bei Zeiten; die Wahl zu einem solchen Posten kostet Geld, ist
aber auch etwas werth, denn jeder derselben trägt 13—20,000 Thaler jähr¬
lich ein.

Was auch noch dazu beiträgt, die Gespräche über Geldgeschäfte unter
den geistlichen Herren so häufig zu machen, ist der Reichthum, den die Klöster
und einzelne Kirchen besitzen. Wir haben schon in diesen Blättern erwähnt,
daß von den moldauische» Landgütern ungefähr 300 einheimischen und griechi¬
schen Klöstern gehören. Das Ministerium der kirchlichen Angelegenheiten hat
freilich den heiligen Stätten die Verwaltung ihres Vermögens erleichtert, in¬
dem es selbst die Güter lioitsmäo in Pacht gibt und einem jeden Kloster eine
bestimmte Summe zum Unterhalt verabfolgt; aber außer dieser Summe bleiben
immer noch ein paar Güter zur Verfügung deS Abts, und das gibt Anlaß zu
immerwährenden Geldgeschäften, die oft recht unerquicklich sind.

Das berühmteste von den moldauischen Klöstern, Niamzu, stand bis zu
den letzten Kriegsbegebenheiten unter besonderem russischen Schutz, und durfte
frei schalten mit seinem Hab und Gut, das eine jährliche Einnahme von circa
180,000 Thalern trägt. Seitdem sind seine Freiheiten etwas beschränkt wor¬
den, aber noch immer ist das von 1200 Mönchen bewohnte Niamzu großartig.
Auf das gastfreieste wird ein jeder Fremde aufgenommen, und findet Wohnung
und gute Kost, so lange es ihm beliebt zu bleiben, ohne daß man ihm dafür
einen Heller abverlangte. Die Luft in dem wunderbar in den Karpathen ge¬
legenen Kloster ist so gesund, daß, namentlich zur Zeit der Cholera, oft
viele Familien zugleich dort ein Asyl suchten; die Mönche überließen den
Gästen ihre Zellen und zogen enger zusammen, niemand durste abgewiesen
werden. Es ist aber auch schwer zu berechnen, was an Vorräthen in den
Klöstern jährlich aufgeht; wenn die Schiffe mit Colonialwaaren nach Galatz
kommen, so sieht man ganze Züge schwer beladener sechsspänniger Ochsenkarren
in Begleitung eines Geistlichen landeinwärts ziehn; ähnliche Züge bringen im
Herbst die Weinernte in die geräumigen Klosterkeller. Wir können uns eines
Herbstes erinnern, wo die Weinberge des Klosters Niamzu 17,000 Eimer (der
moldauische Eimer enthält 20 Champagnerflaschen) geliefert hatten, und es ist
nicht darüber geklagt worden, daß etwas übrig geblieben sei. Einen guten
Theil werden wahrscheinlich die Mönche selbst ausgetrunken haben, was ihnen
durchaus nicht zu verdenken ist, da sie Jahr aus Jahr ein aus Fastenspeisen
angewiesen sind. Die herrlichen Wälder im Hochgebirge, wo die Klöster
Statira, Rischka, Niamzu und setu liegen, werden auch oft zu Jagden be¬
nutzt, wobei dann die geistlichen Herren gutmüthig zusehen, wie weltlich eS in
den heiligen Mauern hergeht.

Da wir von Mauern sprechen, dürfen wir nicht unerwähnt lassen, daß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/86>, abgerufen am 05.12.2024.