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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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kann, als die Professoren der frankfurter Nationalversammlung. Jeder Deutsche
wird sich freuen, wenn ihnen das Werk gelingt, wenn dadurch auch manches liebe
Ideal in den Schatten gestellt werden sollte.




Literatur.

'Die Verhandlungen der sah in swtgschen Ständeversammlung,
Sprache, Nationalität, Verwaltung und staatsrechtliche Verhältnisse des
Herzogthums betreffend. Weimar, H. Bostan.

Ein hochcrfrenliches Zeugniß für den tapfern, ungebrochnen Sinn, der in der
Nordhälfte von Schleswig-Holstein trotz allen Unglücks, aller Verlassenheit und aller
Bedrängniß noch heute lebt, und ein neuer unwiderleglicher Beweis zugleich, daß
Schleswig weitaus der größern Hälfte seiner Bewohner nach eifrig deutsch gesinnt ist.
Die Verhältnisse waren für eine gedeihliche Wirksamkeit der Versammlung so un"
günstig wie nur denkbar. Die Feinde deutscher Hoffnungen und Bestrebungen konn¬
ten mit Bestimmtheit annehmen, diese Hoffnungen und Bestrebungen müßten, wo
nicht todt, doch stumm sein. Diese Meinung hat sichals eitel erwiesen. Die Stände,
welche von Mitte December vorigen Jahres bis gegen Ende Februar dieses Jahres
tagten, haben ungescheut gesagt, was zu sagen war, obwol sie nicht die mindeste
Aussicht hatten, in Kopenhagen Berücksichtigung ihrer Beschwerden zu finden. Die
Regierung hatte alles aufgeboten, um eine gefügige Ständeversammlung zu Stande
zu bringen. Die Wahlen wurden unter dem ärgsten dänischen Terrorismus vor¬
genommen. Namentlich hinderte man so viel als möglich, daß intelligente, mit den
Gesetzen und der Geschichte des Landes vertraute und in der parlamentarischen
Praxis geschulte Männer gewählt wurden. Was von "alten Aufrührern" d. h.
Leuten, die sich an der Erhebung für das gute Recht der Herzogthümer näher oder
entfernter betheiligt, noch im Lande war, galt für nicht wählbar. Der Regterungs-
commissar that was er vermochte, um.einzuschüchtern. Versammlungsrecht und
Preßfreiheit gibt es in Schleswig nur für die Dänischgesinnten. Wer einen An¬
trag bei den Ständen einbringen will, darf dies nur in Einzelpetitionen thun. In
der Versammlung selbst ist jede Verhandlung, die sich auf die Gesammtstaatsver-
sassung bezieht, untersagt. Die Däuischgeflnnten werden von der kopenhagner Presse
und einer Unzahl kleiner Schmuzblättchen im nördlichen Schleswig kräftigst unter¬
stützt. Dennoch, trotz alles dieses Apparats, dem die Deutschen nur ihre altbewährte
zähe Treue, ihren festen Willen und ihren Glanven an die Zukunft -- ein Glaube,
der auch uns stärkt, wenn jetzt unter den Diplomaten blos von Holstein, nicht von
Schleswig-Holstein die Rede ist -- entgegenzustellen hatten, wurden Erfolge errungen,
die unter den gegenwärtigen Umständen Siegen gleich zu achten sind. Von den
Mitgliedern der Versammlung bedienten sich 29 der deutschen und nur 11 der
dänischen Sprache. Die neun Abgeordneten der sogenannten gemischten Districte
(der, in welchen jetzt die dänische Kirchen- und Schulsprache octrvyirt ist) sprachen
sämmtlich und ausschließlich deutsch. Die deutsche Majorität beantragte, aus Grund


kann, als die Professoren der frankfurter Nationalversammlung. Jeder Deutsche
wird sich freuen, wenn ihnen das Werk gelingt, wenn dadurch auch manches liebe
Ideal in den Schatten gestellt werden sollte.




Literatur.

'Die Verhandlungen der sah in swtgschen Ständeversammlung,
Sprache, Nationalität, Verwaltung und staatsrechtliche Verhältnisse des
Herzogthums betreffend. Weimar, H. Bostan.

Ein hochcrfrenliches Zeugniß für den tapfern, ungebrochnen Sinn, der in der
Nordhälfte von Schleswig-Holstein trotz allen Unglücks, aller Verlassenheit und aller
Bedrängniß noch heute lebt, und ein neuer unwiderleglicher Beweis zugleich, daß
Schleswig weitaus der größern Hälfte seiner Bewohner nach eifrig deutsch gesinnt ist.
Die Verhältnisse waren für eine gedeihliche Wirksamkeit der Versammlung so un»
günstig wie nur denkbar. Die Feinde deutscher Hoffnungen und Bestrebungen konn¬
ten mit Bestimmtheit annehmen, diese Hoffnungen und Bestrebungen müßten, wo
nicht todt, doch stumm sein. Diese Meinung hat sichals eitel erwiesen. Die Stände,
welche von Mitte December vorigen Jahres bis gegen Ende Februar dieses Jahres
tagten, haben ungescheut gesagt, was zu sagen war, obwol sie nicht die mindeste
Aussicht hatten, in Kopenhagen Berücksichtigung ihrer Beschwerden zu finden. Die
Regierung hatte alles aufgeboten, um eine gefügige Ständeversammlung zu Stande
zu bringen. Die Wahlen wurden unter dem ärgsten dänischen Terrorismus vor¬
genommen. Namentlich hinderte man so viel als möglich, daß intelligente, mit den
Gesetzen und der Geschichte des Landes vertraute und in der parlamentarischen
Praxis geschulte Männer gewählt wurden. Was von „alten Aufrührern" d. h.
Leuten, die sich an der Erhebung für das gute Recht der Herzogthümer näher oder
entfernter betheiligt, noch im Lande war, galt für nicht wählbar. Der Regterungs-
commissar that was er vermochte, um.einzuschüchtern. Versammlungsrecht und
Preßfreiheit gibt es in Schleswig nur für die Dänischgesinnten. Wer einen An¬
trag bei den Ständen einbringen will, darf dies nur in Einzelpetitionen thun. In
der Versammlung selbst ist jede Verhandlung, die sich auf die Gesammtstaatsver-
sassung bezieht, untersagt. Die Däuischgeflnnten werden von der kopenhagner Presse
und einer Unzahl kleiner Schmuzblättchen im nördlichen Schleswig kräftigst unter¬
stützt. Dennoch, trotz alles dieses Apparats, dem die Deutschen nur ihre altbewährte
zähe Treue, ihren festen Willen und ihren Glanven an die Zukunft — ein Glaube,
der auch uns stärkt, wenn jetzt unter den Diplomaten blos von Holstein, nicht von
Schleswig-Holstein die Rede ist — entgegenzustellen hatten, wurden Erfolge errungen,
die unter den gegenwärtigen Umständen Siegen gleich zu achten sind. Von den
Mitgliedern der Versammlung bedienten sich 29 der deutschen und nur 11 der
dänischen Sprache. Die neun Abgeordneten der sogenannten gemischten Districte
(der, in welchen jetzt die dänische Kirchen- und Schulsprache octrvyirt ist) sprachen
sämmtlich und ausschließlich deutsch. Die deutsche Majorität beantragte, aus Grund


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/482>, abgerufen am 04.12.2024.