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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Mit diesem Beschluß der Stände haben die Holsteiner ihre Pflicht gegen
Deutschland erfüllt. Dieser wackere Volksstamm, eines der edelsten Glieder der
deutschen Nation, der mit Mannhaftigkeit und zäher Ausdauer Schritt für Schritt
für sein gutes Recht kämpft, hat noch nie gefehlt, wo es an ihm lag, für Deutsch¬
land einzustehen, Fruchtloses Blutvergießen, Hohn von dem Feinde und Vergessen
von denen die seine Freunde sein sollten, sind bis jetzt sein einziger Lohn gewesen
^-- möge sein Recht endlich bei Deutschlands Machthabern die Berücksichtigung
finden, die es, gestützt aus Bundesrecht und Monarchenwvrt, verlangen kann. Möge
Deutschland seine Pflicht gegen Holstein thun, wie Holstein längst die seine Legen
Deutschland gethan hat. Selbst wenn Holstein seine Sache allein auskämpfen
könnte, ziemte es sich nicht für Dentschland zu dulden, daß ein einzelner Stamm
allein Opfer für die Aufrechterhaltung der Nationalehre trüge, während die
übrigen Betheiligten ruhig die Hände in den Schoß legten; aber Holstein kann
den Kampf nicht allein durchfechten: es bedarf dazu der Unterstützung von ganz
Deutschland. Von Dänemark werden selbst die bescheidenen Forderungen nicht ge¬
währt werden, die der Bericht aufstellt, und die die Stände durch ihr Votum
unterstützt haben. Das verhätschelte Schoßkind der europäischen Diplomatie bildet
sich ein, dnrch eigne Kraft erlangt zu haben, was ihm die Eifersucht der anbellt
Großmächte gegen Dentschland, die eingeborene Unbeweglichkeit des verfassungs¬
mäßigen Organs der deutschen Politik, die Uneinigkeit Preußens und Oestreichs
in deu Schoß geworfen haben. Achtung vor Recht und Billigkeit, Scheu vor der
Verletzung eingegangener Verträge ist nicht vorhanden; war doch ein Minister, wir
glauben es war Hall, keck genug, im Reichstag offen zuzugeben, daß allerdings
Dänemark gegen Deutschland Verpflichtungen in Bezug auf die Herzogthümer ein¬
gegangen sei, daß man sie aber "icht erfüllen werde, da sich dies als unmöglich
d. h. als unverträglich mit der, Gesammtstaatsverfassung, die nach der Uebernahme
dieser Verpflichtungen, und also mit Vertragsbruch erlassen worden ist, heraus¬
gestellt habe. Gegen solchen Ucbcrmutl) helfen nur deutsche Hiebe, deren Kraft aber
nicht diplomatische Bedenklichkeiten, wie 1848 und i9, modcrircn dürfen. Alles was
uns in Deutschland für das Fehlschlagen der Bestrebungen von 1848 trösten soll,
hat jetzt eine Gelegenheit, seine Tüchtigkeit zu bewähren. Die nothwendige Ein¬
tracht der beiden Großmächte, zu deren Erhaltung die "8. Verfassung nicht durch¬
geführt werden durfte, und von der sofort die Rede ist, wenn die eine dieser
Mächte einen die bequeme Ruhe der andern störenden Plan aufgeben soll, lege
jetzt Zeugniß ab vou ihrer Existenz, wo eS sich um eine Lebensfrage der Nation
handelt. Die deutschen Königreiche, deren Einfluß im Bunde zu beeinträchtigen für
Deutschland verderblich genannt wird, denen, wie sie behaupte", die Rolle zuge¬
theilt ist, die deutschen Interessen unbeirrt von andern Rücksichten zu vertreten,
was Preußen und Oestreich wegen ihrer Stellung als europäische Mächte nicht ver¬
gönnt ist, sie mögen jetzt die Sache am Bunde in die Hand nehmen, wenn die beiden
Großmächte säumig sein sollten. Sie haben bei der Pacification von 1831 nicht
mitgewirkt, sie sind nicht Mitunterzeichner des londoner Protokolls, sie haben also
vollkommen freie Hand und Gelegenheit, die Wärme ihres deutschen Sinnes, das
Maß ihres Willens und ihrer Macht, sür Deutschland zu wirken, zu zeigen. Und
selbst der Bundestag kann den Beweis liefern, daß eine Versammlung von gewieg¬
ten Diplomaten die Ehre der Nation doch mit mehr Geschick und Kraft wahren


Grenzboten ni. -1867. 60

Mit diesem Beschluß der Stände haben die Holsteiner ihre Pflicht gegen
Deutschland erfüllt. Dieser wackere Volksstamm, eines der edelsten Glieder der
deutschen Nation, der mit Mannhaftigkeit und zäher Ausdauer Schritt für Schritt
für sein gutes Recht kämpft, hat noch nie gefehlt, wo es an ihm lag, für Deutsch¬
land einzustehen, Fruchtloses Blutvergießen, Hohn von dem Feinde und Vergessen
von denen die seine Freunde sein sollten, sind bis jetzt sein einziger Lohn gewesen
^— möge sein Recht endlich bei Deutschlands Machthabern die Berücksichtigung
finden, die es, gestützt aus Bundesrecht und Monarchenwvrt, verlangen kann. Möge
Deutschland seine Pflicht gegen Holstein thun, wie Holstein längst die seine Legen
Deutschland gethan hat. Selbst wenn Holstein seine Sache allein auskämpfen
könnte, ziemte es sich nicht für Dentschland zu dulden, daß ein einzelner Stamm
allein Opfer für die Aufrechterhaltung der Nationalehre trüge, während die
übrigen Betheiligten ruhig die Hände in den Schoß legten; aber Holstein kann
den Kampf nicht allein durchfechten: es bedarf dazu der Unterstützung von ganz
Deutschland. Von Dänemark werden selbst die bescheidenen Forderungen nicht ge¬
währt werden, die der Bericht aufstellt, und die die Stände durch ihr Votum
unterstützt haben. Das verhätschelte Schoßkind der europäischen Diplomatie bildet
sich ein, dnrch eigne Kraft erlangt zu haben, was ihm die Eifersucht der anbellt
Großmächte gegen Dentschland, die eingeborene Unbeweglichkeit des verfassungs¬
mäßigen Organs der deutschen Politik, die Uneinigkeit Preußens und Oestreichs
in deu Schoß geworfen haben. Achtung vor Recht und Billigkeit, Scheu vor der
Verletzung eingegangener Verträge ist nicht vorhanden; war doch ein Minister, wir
glauben es war Hall, keck genug, im Reichstag offen zuzugeben, daß allerdings
Dänemark gegen Deutschland Verpflichtungen in Bezug auf die Herzogthümer ein¬
gegangen sei, daß man sie aber »icht erfüllen werde, da sich dies als unmöglich
d. h. als unverträglich mit der, Gesammtstaatsverfassung, die nach der Uebernahme
dieser Verpflichtungen, und also mit Vertragsbruch erlassen worden ist, heraus¬
gestellt habe. Gegen solchen Ucbcrmutl) helfen nur deutsche Hiebe, deren Kraft aber
nicht diplomatische Bedenklichkeiten, wie 1848 und i9, modcrircn dürfen. Alles was
uns in Deutschland für das Fehlschlagen der Bestrebungen von 1848 trösten soll,
hat jetzt eine Gelegenheit, seine Tüchtigkeit zu bewähren. Die nothwendige Ein¬
tracht der beiden Großmächte, zu deren Erhaltung die »8. Verfassung nicht durch¬
geführt werden durfte, und von der sofort die Rede ist, wenn die eine dieser
Mächte einen die bequeme Ruhe der andern störenden Plan aufgeben soll, lege
jetzt Zeugniß ab vou ihrer Existenz, wo eS sich um eine Lebensfrage der Nation
handelt. Die deutschen Königreiche, deren Einfluß im Bunde zu beeinträchtigen für
Deutschland verderblich genannt wird, denen, wie sie behaupte», die Rolle zuge¬
theilt ist, die deutschen Interessen unbeirrt von andern Rücksichten zu vertreten,
was Preußen und Oestreich wegen ihrer Stellung als europäische Mächte nicht ver¬
gönnt ist, sie mögen jetzt die Sache am Bunde in die Hand nehmen, wenn die beiden
Großmächte säumig sein sollten. Sie haben bei der Pacification von 1831 nicht
mitgewirkt, sie sind nicht Mitunterzeichner des londoner Protokolls, sie haben also
vollkommen freie Hand und Gelegenheit, die Wärme ihres deutschen Sinnes, das
Maß ihres Willens und ihrer Macht, sür Deutschland zu wirken, zu zeigen. Und
selbst der Bundestag kann den Beweis liefern, daß eine Versammlung von gewieg¬
ten Diplomaten die Ehre der Nation doch mit mehr Geschick und Kraft wahren


Grenzboten ni. -1867. 60
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/481>, abgerufen am 05.12.2024.