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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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schließt mit drei Strophen, von denen die erste mit den sinnlichsten, glühendsten
Farben schildert, wie die lange spröde gebliebene Geliebte sich endlich ergeben,
während die zweite ein Gebet um Sündenvergebung ist und die dritte Moham¬
meds Güte und Anmuth und seine Macht am Tage des Weltgerichts rühmt.

Vorschnell ist eS, daraus zu schließen, die ägyptischen Moslemin seien ein
besonders religiöses Volk. Nach unsern Matrosen zu urtheilen, halten die niedern
Stände durchschnittlich wenig von den Vorschriften deS Islam. Von elf
Mann, die wir an Bord hatten, beteten nur zwei regelmäßig fünfmal des
Tages. Zwei andere beschränkten sich darauf, des Freitags am Morgen und
Abend zu beten. Alle übrigen beteten nicht nur niemals, sondern glaubten
sich sogar bei uns zu empfehlen, indem sie im Stillen über jene spotteten.
Die meisten tranken den ihnen angebotenen Wein, einige verlangten selbst
darnach. Nur der Steuermann wies sowol diesen als jedes andere berauschende
Getränk zurück. Auch die höheren Classen sind vielfach zu Zweifel und Spott
geneigt, nehmen nur so weit es der Anstand erfordert, an den gottesdienstlichen
Gebräuchen Theil und huldigen dem Burgunder, dem Ungarwein und dem
Champagner im Stillen bis zum Ercesz. Dagegen scheint der Mittelstand
nach allem, waS wir zu sehen und zu hören Gelegenheit hatten, wie in vielen
anderen Beziehungen so auch in dieser conservativer zu sein. Auch hier aller¬
dings mag der eine und der andere ungläubig sein, der eine und der andere,
der auf der Straße betet oder nach den Kügelchen seines Rosenkranzes die
siebzig Eigenschaften Allahs herzählt, pharisäischen Beweggründen folgen. Die
große Mehrzahl dieses Theils der Gesellschaft aber ist sicher aufrichtig fromm
und vollkommen gewissenhaft in dem, was die Religion ihnen gebietet. Von
diesen treiben manche die Verehrung, die sie Mohammed zollen, bis zur Ab¬
götterei, bestreben sich, ihm auch in Aeußerlichkeiten gleich zu sein, schneiden
sich Bart und Haar, wie er sichs geschnitten und sehen selbst seinen Namen,
auf Papier geschrieben, als ein Heiligthum an. Beispiele wie das des Imam
Achmed Ihr Hanhai (des Stifters einer der vier Sekten, in welche die
Sunniten zerfallen) der keine Wassermelonen essen wollte, weil er nicht wußte,
ob und auf welche Weise Mohammed sie gegessen, kommen gegenwärtig schwer¬
lich mehr vor. Dagegen gibt es noch genug Leute in Kairo, welche eS für
einen Frevel halten, daß die Negierung in Bulak Bücher druckt. In allen
diesen Büchern kommt die Formel: "Im Namen Gottes, des Allbarmherzigen"
zu Anfang vor, die meisten enthalten auch sonst häufig die Namen Allahs und
Mohammeds, und wie leicht könnte die Schwärze des Druckers etwas Un¬
reines an sich haben, und welch ein Greuel, wenn die Schrift, in der diese
verehrten Namen stehen, mit einer Bürste von Schweinsborsten geschwärzt oder
gereinigt würde!

Von dieser Classe vorzüglich gilt es, wenn man den mohammedanischen


schließt mit drei Strophen, von denen die erste mit den sinnlichsten, glühendsten
Farben schildert, wie die lange spröde gebliebene Geliebte sich endlich ergeben,
während die zweite ein Gebet um Sündenvergebung ist und die dritte Moham¬
meds Güte und Anmuth und seine Macht am Tage des Weltgerichts rühmt.

Vorschnell ist eS, daraus zu schließen, die ägyptischen Moslemin seien ein
besonders religiöses Volk. Nach unsern Matrosen zu urtheilen, halten die niedern
Stände durchschnittlich wenig von den Vorschriften deS Islam. Von elf
Mann, die wir an Bord hatten, beteten nur zwei regelmäßig fünfmal des
Tages. Zwei andere beschränkten sich darauf, des Freitags am Morgen und
Abend zu beten. Alle übrigen beteten nicht nur niemals, sondern glaubten
sich sogar bei uns zu empfehlen, indem sie im Stillen über jene spotteten.
Die meisten tranken den ihnen angebotenen Wein, einige verlangten selbst
darnach. Nur der Steuermann wies sowol diesen als jedes andere berauschende
Getränk zurück. Auch die höheren Classen sind vielfach zu Zweifel und Spott
geneigt, nehmen nur so weit es der Anstand erfordert, an den gottesdienstlichen
Gebräuchen Theil und huldigen dem Burgunder, dem Ungarwein und dem
Champagner im Stillen bis zum Ercesz. Dagegen scheint der Mittelstand
nach allem, waS wir zu sehen und zu hören Gelegenheit hatten, wie in vielen
anderen Beziehungen so auch in dieser conservativer zu sein. Auch hier aller¬
dings mag der eine und der andere ungläubig sein, der eine und der andere,
der auf der Straße betet oder nach den Kügelchen seines Rosenkranzes die
siebzig Eigenschaften Allahs herzählt, pharisäischen Beweggründen folgen. Die
große Mehrzahl dieses Theils der Gesellschaft aber ist sicher aufrichtig fromm
und vollkommen gewissenhaft in dem, was die Religion ihnen gebietet. Von
diesen treiben manche die Verehrung, die sie Mohammed zollen, bis zur Ab¬
götterei, bestreben sich, ihm auch in Aeußerlichkeiten gleich zu sein, schneiden
sich Bart und Haar, wie er sichs geschnitten und sehen selbst seinen Namen,
auf Papier geschrieben, als ein Heiligthum an. Beispiele wie das des Imam
Achmed Ihr Hanhai (des Stifters einer der vier Sekten, in welche die
Sunniten zerfallen) der keine Wassermelonen essen wollte, weil er nicht wußte,
ob und auf welche Weise Mohammed sie gegessen, kommen gegenwärtig schwer¬
lich mehr vor. Dagegen gibt es noch genug Leute in Kairo, welche eS für
einen Frevel halten, daß die Negierung in Bulak Bücher druckt. In allen
diesen Büchern kommt die Formel: „Im Namen Gottes, des Allbarmherzigen"
zu Anfang vor, die meisten enthalten auch sonst häufig die Namen Allahs und
Mohammeds, und wie leicht könnte die Schwärze des Druckers etwas Un¬
reines an sich haben, und welch ein Greuel, wenn die Schrift, in der diese
verehrten Namen stehen, mit einer Bürste von Schweinsborsten geschwärzt oder
gereinigt würde!

Von dieser Classe vorzüglich gilt es, wenn man den mohammedanischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/463>, abgerufen am 12.12.2024.