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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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gebaut, die Frauen haben fast durchgehends volle und schöne Formen, Im
Aedil'gen paßtauf sie das Signalement des Semiten überhaupt: ein schmales,
ovales Gesicht mit mäßig hoher Stirn, schwarze, glänzende, mandelförmig ge-.
schnittene Augen, gelblicher, mitunter ganz weißer, häufiger jedoch der Bronze¬
farbe sich nähernder Teint, schwarzer, sehr dünner Bart, volle, zuweilen dicke
Lippen. Die jüdische Habichtsnase ist dagegen selten. Rothe Wangen trifft
man unter ihnen ebensowenig als blaue oder graue Augen. Der Gebrauch,
sich den Kopf bis auf einen Haarbüschel auf dem Wirbel rasiren zu lassen, ist
-- selbst unter den christlichen Aegyptern -- sehr verbreitet, aber nicht völlig
allgemein und am wenigsten durch die Religion vorgeschrieben. Im Gegen¬
theil, jener Büschel, nach einigen dazu bestimmt, daß der todtenerweckende
Engel den Gläubigen daran ins Paradies ziehen kann, nach andern in der
Befürchtung stehen gelassen, daß ein Ungläubiger im Begriffe, dem von ihm
besiegten Muselmann den Kopf abzuschneiden, seine unreinen Hände, wenn er
kein Haar, um ihn zu fassen fände, in den Mund desselben stecken möchte,
wird von vielen Gelehrten des Islam gemißbilligt, weil Mohammed ihn nicht
getragen.

Nicht blos die höheren Stände, sondern auch die niedern find, waS den Körper
betrifft, sehr reinlich. Schreibt ihnen doch ihre Religion vor jedem der fünf Ge¬
bete deS Tages eine Waschung vor. Eine Ausnahme hiervon machen nur die
Kinder, die selbst Vornehme oft abschreckend schmuzig einhergehen lassen, ein Um¬
stand, der indeß nicht sowol auf Vernachlässigung, als aus der Furcht vor dem
bösen Blick beruht. Sie sollen eben die Augen Fremder nicht auf sich lenken,
nicht gelobt werden, da dies Unheil im Gefolge haben kann.

Nach dem, was man auf den Straßen sieht und hört, sind die Aegypter
ein ungemein zart- und händelsüchtiges Volk. Vorzüglich Leute der untern
Classen brennen bei Meinungsverschiedenheiten augenblicklich lichterloh, be¬
grüßen einander mit Hundesohn, Sohn eines Schweines oder Jude, (der größte
Schimpf), verfluchen gegenseitig Vater und Mutter und das ganze Haus
vom Dach bis auf den Grund und drohen sich mit den grimmigsten Grimassen.
Zu Raufereien kommt es dagegen selten, und häufig geschieht es, daß die,
welche sich eben noch würgen zu wollen schienen, im Augenblick darauf die
besten Freunde sind. Der eine sieht plötzlich ein, daß er unrecht hat und be¬
kennt sich ohne Verzug dazu, der andere ist damit befriedigt, man spricht ge-
meinschaftlich das erste Capitel des Koran, umarmt sich und geht dann ins
Kaffeehaus, um den Rest der Galle mit einer Tasse Mokka hinabzuspülen und
die gute Laune mit einem Schischi vollständig wiederherzustellen.

Ein anderer'hervorstechender Charakterzug der arabischen Bevölkerung ist
ihre große Lustigkeit. Wo es irgend Musik gibt, wo ein Possenreißer seine
Künste sehen läßt, wo eine Hochzeit durch die Straßen zieht, sammelt sich das


gebaut, die Frauen haben fast durchgehends volle und schöne Formen, Im
Aedil'gen paßtauf sie das Signalement des Semiten überhaupt: ein schmales,
ovales Gesicht mit mäßig hoher Stirn, schwarze, glänzende, mandelförmig ge-.
schnittene Augen, gelblicher, mitunter ganz weißer, häufiger jedoch der Bronze¬
farbe sich nähernder Teint, schwarzer, sehr dünner Bart, volle, zuweilen dicke
Lippen. Die jüdische Habichtsnase ist dagegen selten. Rothe Wangen trifft
man unter ihnen ebensowenig als blaue oder graue Augen. Der Gebrauch,
sich den Kopf bis auf einen Haarbüschel auf dem Wirbel rasiren zu lassen, ist
— selbst unter den christlichen Aegyptern — sehr verbreitet, aber nicht völlig
allgemein und am wenigsten durch die Religion vorgeschrieben. Im Gegen¬
theil, jener Büschel, nach einigen dazu bestimmt, daß der todtenerweckende
Engel den Gläubigen daran ins Paradies ziehen kann, nach andern in der
Befürchtung stehen gelassen, daß ein Ungläubiger im Begriffe, dem von ihm
besiegten Muselmann den Kopf abzuschneiden, seine unreinen Hände, wenn er
kein Haar, um ihn zu fassen fände, in den Mund desselben stecken möchte,
wird von vielen Gelehrten des Islam gemißbilligt, weil Mohammed ihn nicht
getragen.

Nicht blos die höheren Stände, sondern auch die niedern find, waS den Körper
betrifft, sehr reinlich. Schreibt ihnen doch ihre Religion vor jedem der fünf Ge¬
bete deS Tages eine Waschung vor. Eine Ausnahme hiervon machen nur die
Kinder, die selbst Vornehme oft abschreckend schmuzig einhergehen lassen, ein Um¬
stand, der indeß nicht sowol auf Vernachlässigung, als aus der Furcht vor dem
bösen Blick beruht. Sie sollen eben die Augen Fremder nicht auf sich lenken,
nicht gelobt werden, da dies Unheil im Gefolge haben kann.

Nach dem, was man auf den Straßen sieht und hört, sind die Aegypter
ein ungemein zart- und händelsüchtiges Volk. Vorzüglich Leute der untern
Classen brennen bei Meinungsverschiedenheiten augenblicklich lichterloh, be¬
grüßen einander mit Hundesohn, Sohn eines Schweines oder Jude, (der größte
Schimpf), verfluchen gegenseitig Vater und Mutter und das ganze Haus
vom Dach bis auf den Grund und drohen sich mit den grimmigsten Grimassen.
Zu Raufereien kommt es dagegen selten, und häufig geschieht es, daß die,
welche sich eben noch würgen zu wollen schienen, im Augenblick darauf die
besten Freunde sind. Der eine sieht plötzlich ein, daß er unrecht hat und be¬
kennt sich ohne Verzug dazu, der andere ist damit befriedigt, man spricht ge-
meinschaftlich das erste Capitel des Koran, umarmt sich und geht dann ins
Kaffeehaus, um den Rest der Galle mit einer Tasse Mokka hinabzuspülen und
die gute Laune mit einem Schischi vollständig wiederherzustellen.

Ein anderer'hervorstechender Charakterzug der arabischen Bevölkerung ist
ihre große Lustigkeit. Wo es irgend Musik gibt, wo ein Possenreißer seine
Künste sehen läßt, wo eine Hochzeit durch die Straßen zieht, sammelt sich das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/461>, abgerufen am 12.12.2024.