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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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auf der Höhe ist, wie stolz sich auch ihre mächtige Kuppel wölbt, wie kühn
auch ihre vier dünnen Minarets gen Himmel streben, wie schön auch der
Alabaster von Tel El Amarna und der gelbe Marmor ist, aus dem sie erbaut
wurde, und wie verschwenderisch Vergoldung und bunte Glasfenster sie schmücken,
der Vergleich fällt zu Gunsten ihrer allen Nebenbuhlerin in der Tiefe aus,
der sie auch an Größe nachsteht. In einem Winkel der Alabastermoschee liegt
unter einem hohen steinernen Monument ohne Inschrift ihr Erbauer begraben,
Mehemed Ali, der Vertilger der Mameluken. Die Erinnerung an die Art,
wie sie umkamen, scheint den alten Herrscher nicht über daS Eingehen in das
Paradies beunruhigt zu haben; er ruht genau an der Stelle, wo er diesen
Adel Aegyptens am -I. März -1811 von seinen Arnauten zusammenschießen
ließ. Das Volk hat ihm deshalb nicht geflucht, das Land wurde dnrch seineu
Staatsstreich zwar nicht frei, aber groß, und für Größe haben auch die Orien¬
talen Sinn.

Sonst bietet die Citadelle Kairos nichts von besonderem Interesse. Die
Paläste der Regierung sind ausgedehnt, aber unschön. Das alte Schloß
Saladins ist bis auf geringe Reste niedergerissen, der von ihm gegrabene
Brunnen, der von allen gewissenhaften Touristen und so auch von u"S be¬
sucht wurde, ebeu ein alter tiefer Brunnen, die Aussicht auf Kairo endlich,
die man von der Platform vor der Moschee genießt, wurde bereits be¬
schrieben.

Reitet man aus dem östlichen Thore Kairos, so ist man sofort in der
Wüste. Verläßt man die Stadt durch eiuen der Ausgänge im Süden, so be¬
tritt der Fuß gleichfalls unmittelbar den Sand der Einöde. Dort umweht er
die zerfallenden Grabmoscheen der Mamelukensultane, hier erheben sich über,
ihm die prächtigen Mausoleen Ibrahim Paschas, Abbas Paschas und anderer
Kinder des großen Todten in der Alabastermoschee. Goldschrift ist nichl ge¬
spart, eine Fülle von Farben, Mosaik und andern, Bildwerk schmücki die Grab¬
steine, unter denen die Fürstensöhne, die Hände unter den Wangen, die Ge¬
sichter nach Mekka gewendet, ruhen, aber mit Recht liegen sie fern von dem
Vater und unter ihm, denn keiner als Ibrahim war seines Geistes, und
Ibrahim nicht seines Blutes.

, Von hier aus besucht man in der Regel Alikairv, daS aus den Steinen
von Memphis an der Stelle erbaut wurde, wo einst in der Römerzeit daS
ägyptische Babylon stand. Die Stadt hat nur eine Sehenswürdigkeit, die in
Ruinen liegende Moschee Amrs, daS älteste Heiligt'hum des Islam in Aegypten.
Sie wurde im Jahre 860 n. Chr. erbaut, und die Sage geht, wenn sie ganz
eingestürzt sein wird, ist es auch mit der Religion Mohammeds am Ende.
Hat die Sage Recht, so ist die Zeit nicht mehr fern, denn von dew Mauern
und Säulen stehen nur noch einige aufrecht, und schon längst wird hier kein


auf der Höhe ist, wie stolz sich auch ihre mächtige Kuppel wölbt, wie kühn
auch ihre vier dünnen Minarets gen Himmel streben, wie schön auch der
Alabaster von Tel El Amarna und der gelbe Marmor ist, aus dem sie erbaut
wurde, und wie verschwenderisch Vergoldung und bunte Glasfenster sie schmücken,
der Vergleich fällt zu Gunsten ihrer allen Nebenbuhlerin in der Tiefe aus,
der sie auch an Größe nachsteht. In einem Winkel der Alabastermoschee liegt
unter einem hohen steinernen Monument ohne Inschrift ihr Erbauer begraben,
Mehemed Ali, der Vertilger der Mameluken. Die Erinnerung an die Art,
wie sie umkamen, scheint den alten Herrscher nicht über daS Eingehen in das
Paradies beunruhigt zu haben; er ruht genau an der Stelle, wo er diesen
Adel Aegyptens am -I. März -1811 von seinen Arnauten zusammenschießen
ließ. Das Volk hat ihm deshalb nicht geflucht, das Land wurde dnrch seineu
Staatsstreich zwar nicht frei, aber groß, und für Größe haben auch die Orien¬
talen Sinn.

Sonst bietet die Citadelle Kairos nichts von besonderem Interesse. Die
Paläste der Regierung sind ausgedehnt, aber unschön. Das alte Schloß
Saladins ist bis auf geringe Reste niedergerissen, der von ihm gegrabene
Brunnen, der von allen gewissenhaften Touristen und so auch von u»S be¬
sucht wurde, ebeu ein alter tiefer Brunnen, die Aussicht auf Kairo endlich,
die man von der Platform vor der Moschee genießt, wurde bereits be¬
schrieben.

Reitet man aus dem östlichen Thore Kairos, so ist man sofort in der
Wüste. Verläßt man die Stadt durch eiuen der Ausgänge im Süden, so be¬
tritt der Fuß gleichfalls unmittelbar den Sand der Einöde. Dort umweht er
die zerfallenden Grabmoscheen der Mamelukensultane, hier erheben sich über,
ihm die prächtigen Mausoleen Ibrahim Paschas, Abbas Paschas und anderer
Kinder des großen Todten in der Alabastermoschee. Goldschrift ist nichl ge¬
spart, eine Fülle von Farben, Mosaik und andern, Bildwerk schmücki die Grab¬
steine, unter denen die Fürstensöhne, die Hände unter den Wangen, die Ge¬
sichter nach Mekka gewendet, ruhen, aber mit Recht liegen sie fern von dem
Vater und unter ihm, denn keiner als Ibrahim war seines Geistes, und
Ibrahim nicht seines Blutes.

, Von hier aus besucht man in der Regel Alikairv, daS aus den Steinen
von Memphis an der Stelle erbaut wurde, wo einst in der Römerzeit daS
ägyptische Babylon stand. Die Stadt hat nur eine Sehenswürdigkeit, die in
Ruinen liegende Moschee Amrs, daS älteste Heiligt'hum des Islam in Aegypten.
Sie wurde im Jahre 860 n. Chr. erbaut, und die Sage geht, wenn sie ganz
eingestürzt sein wird, ist es auch mit der Religion Mohammeds am Ende.
Hat die Sage Recht, so ist die Zeit nicht mehr fern, denn von dew Mauern
und Säulen stehen nur noch einige aufrecht, und schon längst wird hier kein


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[0436] auf der Höhe ist, wie stolz sich auch ihre mächtige Kuppel wölbt, wie kühn auch ihre vier dünnen Minarets gen Himmel streben, wie schön auch der Alabaster von Tel El Amarna und der gelbe Marmor ist, aus dem sie erbaut wurde, und wie verschwenderisch Vergoldung und bunte Glasfenster sie schmücken, der Vergleich fällt zu Gunsten ihrer allen Nebenbuhlerin in der Tiefe aus, der sie auch an Größe nachsteht. In einem Winkel der Alabastermoschee liegt unter einem hohen steinernen Monument ohne Inschrift ihr Erbauer begraben, Mehemed Ali, der Vertilger der Mameluken. Die Erinnerung an die Art, wie sie umkamen, scheint den alten Herrscher nicht über daS Eingehen in das Paradies beunruhigt zu haben; er ruht genau an der Stelle, wo er diesen Adel Aegyptens am -I. März -1811 von seinen Arnauten zusammenschießen ließ. Das Volk hat ihm deshalb nicht geflucht, das Land wurde dnrch seineu Staatsstreich zwar nicht frei, aber groß, und für Größe haben auch die Orien¬ talen Sinn. Sonst bietet die Citadelle Kairos nichts von besonderem Interesse. Die Paläste der Regierung sind ausgedehnt, aber unschön. Das alte Schloß Saladins ist bis auf geringe Reste niedergerissen, der von ihm gegrabene Brunnen, der von allen gewissenhaften Touristen und so auch von u»S be¬ sucht wurde, ebeu ein alter tiefer Brunnen, die Aussicht auf Kairo endlich, die man von der Platform vor der Moschee genießt, wurde bereits be¬ schrieben. Reitet man aus dem östlichen Thore Kairos, so ist man sofort in der Wüste. Verläßt man die Stadt durch eiuen der Ausgänge im Süden, so be¬ tritt der Fuß gleichfalls unmittelbar den Sand der Einöde. Dort umweht er die zerfallenden Grabmoscheen der Mamelukensultane, hier erheben sich über, ihm die prächtigen Mausoleen Ibrahim Paschas, Abbas Paschas und anderer Kinder des großen Todten in der Alabastermoschee. Goldschrift ist nichl ge¬ spart, eine Fülle von Farben, Mosaik und andern, Bildwerk schmücki die Grab¬ steine, unter denen die Fürstensöhne, die Hände unter den Wangen, die Ge¬ sichter nach Mekka gewendet, ruhen, aber mit Recht liegen sie fern von dem Vater und unter ihm, denn keiner als Ibrahim war seines Geistes, und Ibrahim nicht seines Blutes. , Von hier aus besucht man in der Regel Alikairv, daS aus den Steinen von Memphis an der Stelle erbaut wurde, wo einst in der Römerzeit daS ägyptische Babylon stand. Die Stadt hat nur eine Sehenswürdigkeit, die in Ruinen liegende Moschee Amrs, daS älteste Heiligt'hum des Islam in Aegypten. Sie wurde im Jahre 860 n. Chr. erbaut, und die Sage geht, wenn sie ganz eingestürzt sein wird, ist es auch mit der Religion Mohammeds am Ende. Hat die Sage Recht, so ist die Zeit nicht mehr fern, denn von dew Mauern und Säulen stehen nur noch einige aufrecht, und schon längst wird hier kein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/436>, abgerufen am 12.12.2024.