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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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sahen wir in den Bazars sowol als anderwärts dieses "Handgeld" erst an
die Lippen, dann an die Stirn drücken, ehe man eS einsteckt. Ein anderer
auffallender Gebrauch ist, daß der Diener, welcher den Käufer begleitet, nach
Abschluß des Handels vom Verkäufer ein kleines Geschenk erhält, ja, wenn
es ausbleibt, ebne Anstand darum bittet.

Die Geldmünzc, nach der man in den Bazars von Kairo rechnet, ist der
türkische Piaster, ein Kupferstück, welches etwa zwei Silbcrgroslnn werth ist.
Daneben gibt eS ägyptische Piaster von Silber, die etwas höher stehen, ver¬
schiedene andere türkische und ägyptische Silber- und Goldmünzen älteren und
neueren Gepräges und eine sehr große Menge europäischen Geldes im Lande.
Das östreichische Geld gilt bis zum Zwanziger herab, das französische bis zum
Frank, das englische bis zum Sirpence. Auch Rubel sind nicht selten, und
der spanische Säulenthaler wird sogar um einen Piaster höher angenommen,
als er eigentlich werth ist. Sehr unbequem fällt die häufig vorkommende
Weigerung der Kaufleute, auf größere Münzen herauszugeben, die ihren Grund
in dem Mangel an kleinen hat und den Fremden nöthigt, sich vor jedem
Kauf von Waaren erst bei den Straßcnwechslern mit beträchtlichem Verlust
Scheidemünze zu kaufen.

Der Gesammteindruck, welchen die Bazare hinterlassen, ist mehr der des
Bunten, alö der deS Prächtigen. Die Vorräthe theurer Artikel, welche man
ausgestellt sieht, entsprechen den Erwartungen von morgenländischen Märkten,
welche man aus der Heimath mitbringt, nur selten. Unzweifelhaft gibt es
sehr reichversehene Waarenlager, aber die Läden lassen dies nicht vermuthen.
Was der Franzose in so hohem Grade besitzt, die Gabe, zu arrangiren, in die
Augen fallen zu machen, den Pfauenschweif sein Rad schlagen zu lassen, daß
auf jede Feder das gebührende Licht fällt, mangelt dem arabischen Kaufmann
beinahe ganz, und wer hier kostbare Stoffe, Stickereien, juwelengeschmückte
Waffen und dergleichen in Masse zu finden meint, wird sich sehr getäuscht
sehen, wenn er nicht in die Magazine über den Läden geht. Und was hier
aufgespeichert ist, gehört seinem Ursprung nach meist der Fremde an. Kunst
und Handwerk liegen schon seit lange in Aegypten sehr darnieder. Die We¬
berei liefert nur einige grobe Stoffe. Den Ruf, die feinste Leinwand zu er¬
zeugen, hat räh Land schon seit dem Einbruch der Araber nicht mehr. Die
Baumwollen- und Seidenzeuge, welche hier gefertigt werden, sind ebenfalls
von geringer Qualität. Die Töpferwaaren, denen man begegnet, sind in der
Regel ziemlich plump. Die Kunst der Steinschneider und Graveure ist mäßig.
Dagegen liefern die Drechsler in den geschilderten Fenstergittern, und die
Steinmetzen in Thürgewänden vorzügliche Arbeiten. Von Malerei kann in
mohammedanischen Ländern keine Rede sein; wo man an Häusern, Laden-


sahen wir in den Bazars sowol als anderwärts dieses „Handgeld" erst an
die Lippen, dann an die Stirn drücken, ehe man eS einsteckt. Ein anderer
auffallender Gebrauch ist, daß der Diener, welcher den Käufer begleitet, nach
Abschluß des Handels vom Verkäufer ein kleines Geschenk erhält, ja, wenn
es ausbleibt, ebne Anstand darum bittet.

Die Geldmünzc, nach der man in den Bazars von Kairo rechnet, ist der
türkische Piaster, ein Kupferstück, welches etwa zwei Silbcrgroslnn werth ist.
Daneben gibt eS ägyptische Piaster von Silber, die etwas höher stehen, ver¬
schiedene andere türkische und ägyptische Silber- und Goldmünzen älteren und
neueren Gepräges und eine sehr große Menge europäischen Geldes im Lande.
Das östreichische Geld gilt bis zum Zwanziger herab, das französische bis zum
Frank, das englische bis zum Sirpence. Auch Rubel sind nicht selten, und
der spanische Säulenthaler wird sogar um einen Piaster höher angenommen,
als er eigentlich werth ist. Sehr unbequem fällt die häufig vorkommende
Weigerung der Kaufleute, auf größere Münzen herauszugeben, die ihren Grund
in dem Mangel an kleinen hat und den Fremden nöthigt, sich vor jedem
Kauf von Waaren erst bei den Straßcnwechslern mit beträchtlichem Verlust
Scheidemünze zu kaufen.

Der Gesammteindruck, welchen die Bazare hinterlassen, ist mehr der des
Bunten, alö der deS Prächtigen. Die Vorräthe theurer Artikel, welche man
ausgestellt sieht, entsprechen den Erwartungen von morgenländischen Märkten,
welche man aus der Heimath mitbringt, nur selten. Unzweifelhaft gibt es
sehr reichversehene Waarenlager, aber die Läden lassen dies nicht vermuthen.
Was der Franzose in so hohem Grade besitzt, die Gabe, zu arrangiren, in die
Augen fallen zu machen, den Pfauenschweif sein Rad schlagen zu lassen, daß
auf jede Feder das gebührende Licht fällt, mangelt dem arabischen Kaufmann
beinahe ganz, und wer hier kostbare Stoffe, Stickereien, juwelengeschmückte
Waffen und dergleichen in Masse zu finden meint, wird sich sehr getäuscht
sehen, wenn er nicht in die Magazine über den Läden geht. Und was hier
aufgespeichert ist, gehört seinem Ursprung nach meist der Fremde an. Kunst
und Handwerk liegen schon seit lange in Aegypten sehr darnieder. Die We¬
berei liefert nur einige grobe Stoffe. Den Ruf, die feinste Leinwand zu er¬
zeugen, hat räh Land schon seit dem Einbruch der Araber nicht mehr. Die
Baumwollen- und Seidenzeuge, welche hier gefertigt werden, sind ebenfalls
von geringer Qualität. Die Töpferwaaren, denen man begegnet, sind in der
Regel ziemlich plump. Die Kunst der Steinschneider und Graveure ist mäßig.
Dagegen liefern die Drechsler in den geschilderten Fenstergittern, und die
Steinmetzen in Thürgewänden vorzügliche Arbeiten. Von Malerei kann in
mohammedanischen Ländern keine Rede sein; wo man an Häusern, Laden-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/429>, abgerufen am 02.10.2024.