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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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dieser Kunst ausbilden will, ersprießlich sein. Sein Stil, obgleich mit den
Neuerungen des jüngern Geschlechts bereichert, erinnert an die großen Muster
des 17. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert hatte sich diese gemischte Gat¬
tung der Redekunst nur auf der Kanzel geltend machen können; jetzt wurden
ihr die Katheder eröffnet. Die weltlichen Ideen erlauben dieselben stilistischen
Mittel wie die kirchlichen, wenn sie nur gleich ihnen vom Geist deS Spiri¬
tualismus durchdrungen sind. Cousin versteht auf eine wunderbare Weise die
bildliche Sprache, die Pracht volltönender Perioden mit jener Anmuth und
Beweglichkeit zu verbinden, die man sonst nur im Gespräch antrifft. Er wird
in seinem Pathos niemals eintönig, in seinen familiären Ausdrücken niemals
trivial. Die Bilder dienen stets einem bestimmten Zweck und die metaphysi¬
schen Formeln endigen mit einer Ansprache an das Gefühl. -- Ich weiß, sagt
er in der Rede, mit der er seinen Cursus von -I8i!i eröffnete, it us in'appar-
tient pÄ8 <Ze parler' avec empire; asi8 cepeuäant mein ame in'eekappe
mulgre moi, et je ne puis consentir a xaräer les diensecmees eine in'impo8k
ma kiüdlesse an point et'oubliör eine je t>uis Isran^ais. (^'est ä ceux et'entre
vous c>u!le I'äxe se rapproeke cku mien que j'v8ö in'sclresser en.ce Moment,
a vous c^ni svrmeiW la Aeneratlon eint 8'avance, a on>u8, I'unique 8outien,
la äerniere e8peranee as notre eker et maldeuieux pa^81 !Vie88leur8, vous
aimex aidemment la patrie; 8i on>U8 poule/ la 8auver, embrs88ö/
no8 dello8 üoetri ne8. ^88e^ Jörg-temp8 non8 avon8 pour8uivi la liber-
te ä travel'8 Je8 voie3 6s la 8eivituc1e. I^on8 vou1ion8 cers Iibre8 avec la
moeale <>e8 esclave8. Non, la 8laeue cle 1a liberte n'a point l'interet pour
ba8ö, et es n'e8t p"8 ä la pu!I"8oplrie cle la 8on8atior>, et ä 8L8 petite8 ma-
xims8 ein'it appartient 6e taire Je8 Aram<Z8 peuple8. 8outenon8 la liberte
t'raneai8e, encore mal a"8uree et enaneelante an milieu als8 tomdeaux et 6e8
6edel8 c^ni non8 environnent, par une morale qui l'at?ermi88e a jamaiR ---
DaS ist die Sprache eines Parlamentsredners, der auf die Leidenschaften
seiner Zuhörer einzuwirken strebt, aber nicht eines Philosophen, der ihre strenge
Aufmerksamkeit und Prüfung herausfordert, der sie zur Mitarbeit heranzieht
und sie gegen seine eignen Irrthümer wachsam erhält; und in der That, wo
eS sich um einen schwierigen Begriff Handelt, geht Cousin /äst durchaus ober¬
flächlich darüber hinweg und verfällt in Declamationen. Wo die strengste
Gewissenhaftigkeit der Forschung nothwendig wäre, regt er den Enthusiasmus
an. Es war zum ersten Mal, daß sich der akademische Lehrstuhl in eine
Rednerbühne verwandelte. Die Jugend wurde von den hochherzigen Ideen,
die der begeisterte Redner aussprach, hingerissen, und indem ihr Gefühl sich
seiner Beredtsamkeit ergab, nahm sie die metaphysische Deduction gern in den
Kauf, die durch die hochklingenden Kunstausdrücke einen wissenschaftlichen An¬
strich gewann. Nach dem Zeugniß aller Zuhörer war Cousins rednerisches


dieser Kunst ausbilden will, ersprießlich sein. Sein Stil, obgleich mit den
Neuerungen des jüngern Geschlechts bereichert, erinnert an die großen Muster
des 17. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert hatte sich diese gemischte Gat¬
tung der Redekunst nur auf der Kanzel geltend machen können; jetzt wurden
ihr die Katheder eröffnet. Die weltlichen Ideen erlauben dieselben stilistischen
Mittel wie die kirchlichen, wenn sie nur gleich ihnen vom Geist deS Spiri¬
tualismus durchdrungen sind. Cousin versteht auf eine wunderbare Weise die
bildliche Sprache, die Pracht volltönender Perioden mit jener Anmuth und
Beweglichkeit zu verbinden, die man sonst nur im Gespräch antrifft. Er wird
in seinem Pathos niemals eintönig, in seinen familiären Ausdrücken niemals
trivial. Die Bilder dienen stets einem bestimmten Zweck und die metaphysi¬
schen Formeln endigen mit einer Ansprache an das Gefühl. — Ich weiß, sagt
er in der Rede, mit der er seinen Cursus von -I8i!i eröffnete, it us in'appar-
tient pÄ8 <Ze parler' avec empire; asi8 cepeuäant mein ame in'eekappe
mulgre moi, et je ne puis consentir a xaräer les diensecmees eine in'impo8k
ma kiüdlesse an point et'oubliör eine je t>uis Isran^ais. (^'est ä ceux et'entre
vous c>u!le I'äxe se rapproeke cku mien que j'v8ö in'sclresser en.ce Moment,
a vous c^ni svrmeiW la Aeneratlon eint 8'avance, a on>u8, I'unique 8outien,
la äerniere e8peranee as notre eker et maldeuieux pa^81 !Vie88leur8, vous
aimex aidemment la patrie; 8i on>U8 poule/ la 8auver, embrs88ö/
no8 dello8 üoetri ne8. ^88e^ Jörg-temp8 non8 avon8 pour8uivi la liber-
te ä travel'8 Je8 voie3 6s la 8eivituc1e. I^on8 vou1ion8 cers Iibre8 avec la
moeale <>e8 esclave8. Non, la 8laeue cle 1a liberte n'a point l'interet pour
ba8ö, et es n'e8t p»8 ä la pu!I»8oplrie cle la 8on8atior>, et ä 8L8 petite8 ma-
xims8 ein'it appartient 6e taire Je8 Aram<Z8 peuple8. 8outenon8 la liberte
t'raneai8e, encore mal a«8uree et enaneelante an milieu als8 tomdeaux et 6e8
6edel8 c^ni non8 environnent, par une morale qui l'at?ermi88e a jamaiR —-
DaS ist die Sprache eines Parlamentsredners, der auf die Leidenschaften
seiner Zuhörer einzuwirken strebt, aber nicht eines Philosophen, der ihre strenge
Aufmerksamkeit und Prüfung herausfordert, der sie zur Mitarbeit heranzieht
und sie gegen seine eignen Irrthümer wachsam erhält; und in der That, wo
eS sich um einen schwierigen Begriff Handelt, geht Cousin /äst durchaus ober¬
flächlich darüber hinweg und verfällt in Declamationen. Wo die strengste
Gewissenhaftigkeit der Forschung nothwendig wäre, regt er den Enthusiasmus
an. Es war zum ersten Mal, daß sich der akademische Lehrstuhl in eine
Rednerbühne verwandelte. Die Jugend wurde von den hochherzigen Ideen,
die der begeisterte Redner aussprach, hingerissen, und indem ihr Gefühl sich
seiner Beredtsamkeit ergab, nahm sie die metaphysische Deduction gern in den
Kauf, die durch die hochklingenden Kunstausdrücke einen wissenschaftlichen An¬
strich gewann. Nach dem Zeugniß aller Zuhörer war Cousins rednerisches


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[0346] dieser Kunst ausbilden will, ersprießlich sein. Sein Stil, obgleich mit den Neuerungen des jüngern Geschlechts bereichert, erinnert an die großen Muster des 17. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert hatte sich diese gemischte Gat¬ tung der Redekunst nur auf der Kanzel geltend machen können; jetzt wurden ihr die Katheder eröffnet. Die weltlichen Ideen erlauben dieselben stilistischen Mittel wie die kirchlichen, wenn sie nur gleich ihnen vom Geist deS Spiri¬ tualismus durchdrungen sind. Cousin versteht auf eine wunderbare Weise die bildliche Sprache, die Pracht volltönender Perioden mit jener Anmuth und Beweglichkeit zu verbinden, die man sonst nur im Gespräch antrifft. Er wird in seinem Pathos niemals eintönig, in seinen familiären Ausdrücken niemals trivial. Die Bilder dienen stets einem bestimmten Zweck und die metaphysi¬ schen Formeln endigen mit einer Ansprache an das Gefühl. — Ich weiß, sagt er in der Rede, mit der er seinen Cursus von -I8i!i eröffnete, it us in'appar- tient pÄ8 <Ze parler' avec empire; asi8 cepeuäant mein ame in'eekappe mulgre moi, et je ne puis consentir a xaräer les diensecmees eine in'impo8k ma kiüdlesse an point et'oubliör eine je t>uis Isran^ais. (^'est ä ceux et'entre vous c>u!le I'äxe se rapproeke cku mien que j'v8ö in'sclresser en.ce Moment, a vous c^ni svrmeiW la Aeneratlon eint 8'avance, a on>u8, I'unique 8outien, la äerniere e8peranee as notre eker et maldeuieux pa^81 !Vie88leur8, vous aimex aidemment la patrie; 8i on>U8 poule/ la 8auver, embrs88ö/ no8 dello8 üoetri ne8. ^88e^ Jörg-temp8 non8 avon8 pour8uivi la liber- te ä travel'8 Je8 voie3 6s la 8eivituc1e. I^on8 vou1ion8 cers Iibre8 avec la moeale <>e8 esclave8. Non, la 8laeue cle 1a liberte n'a point l'interet pour ba8ö, et es n'e8t p»8 ä la pu!I»8oplrie cle la 8on8atior>, et ä 8L8 petite8 ma- xims8 ein'it appartient 6e taire Je8 Aram<Z8 peuple8. 8outenon8 la liberte t'raneai8e, encore mal a«8uree et enaneelante an milieu als8 tomdeaux et 6e8 6edel8 c^ni non8 environnent, par une morale qui l'at?ermi88e a jamaiR —- DaS ist die Sprache eines Parlamentsredners, der auf die Leidenschaften seiner Zuhörer einzuwirken strebt, aber nicht eines Philosophen, der ihre strenge Aufmerksamkeit und Prüfung herausfordert, der sie zur Mitarbeit heranzieht und sie gegen seine eignen Irrthümer wachsam erhält; und in der That, wo eS sich um einen schwierigen Begriff Handelt, geht Cousin /äst durchaus ober¬ flächlich darüber hinweg und verfällt in Declamationen. Wo die strengste Gewissenhaftigkeit der Forschung nothwendig wäre, regt er den Enthusiasmus an. Es war zum ersten Mal, daß sich der akademische Lehrstuhl in eine Rednerbühne verwandelte. Die Jugend wurde von den hochherzigen Ideen, die der begeisterte Redner aussprach, hingerissen, und indem ihr Gefühl sich seiner Beredtsamkeit ergab, nahm sie die metaphysische Deduction gern in den Kauf, die durch die hochklingenden Kunstausdrücke einen wissenschaftlichen An¬ strich gewann. Nach dem Zeugniß aller Zuhörer war Cousins rednerisches

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/346>, abgerufen am 22.07.2024.