Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.ausgeliehen hatten und von den Zinsen, (damals in Mitteldeutschland S, sel¬ *) In den Flugschriften jener Jahre werden auch andere Deutungen versucht, der Ursprung des Ausdrucks war schon den Zeitgenossen nicht klar. In den Neichötagüabschicdcu kommen die Worte vor dem 30jährtgcn Kriege nicht vor, sie erschiene" noch ziemlich neu. Grenzboten. III. 1837.!Z7
ausgeliehen hatten und von den Zinsen, (damals in Mitteldeutschland S, sel¬ *) In den Flugschriften jener Jahre werden auch andere Deutungen versucht, der Ursprung des Ausdrucks war schon den Zeitgenossen nicht klar. In den Neichötagüabschicdcu kommen die Worte vor dem 30jährtgcn Kriege nicht vor, sie erschiene» noch ziemlich neu. Grenzboten. III. 1837.!Z7
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ausgeliehen hatten und von den Zinsen, (damals in Mitteldeutschland S, sel¬
ten 6 Pc.) lebten. Sie waren vor kurzem als wohlhabende Leute viel benei¬
det worden, jetzt reichten ihre Einnahmen vielleicht kaum hin, ihr Leben zu er¬
halten. Sie hatten 1000 gute Reichsthaler ausgeliehen und jetzt zählte ihnen
der Schuldner eilig 4 000 Thaler in neuem Gelde auf den Tisch. Sie forderten
ihr gutes altes Geld zurück, zankten und klagten vor Gericht; aber was sie
zurückerhalten hatten, trug des Landesherrn Bild und das alte Werthzeichen,
es war gesetzlich geprägtes Geld, und der Schuldner konnte sich mit Recht
darauf berufen, daß auch er solch Geld in Capital, Zinsen und für Arbeit
empfangen hatte. So entstanden zahllose Processe und die Juristen kamen in
arge Verlegenheit. Endlich geriethen die Städte, die Gutsherrn selbst in Be¬
stürzung. Sie hatten gern das neue Geld ausgegeben, und viele von ihnen
hatten es maßlos gemünzt. Jetzt aber bekamen sie bei allen Steuern und
Abgaben auch nur schlechtes Geld wieder ein, sür 100 Pfund Silber jetzt 100
Pfund versilbertes Kupfer, während auch für sie alles theuer geworden war,
und ein Theil ihrer Ausgaben durchaus in gutem Silber gemacht werden
mußte. Da gab eS Landesherrn, welche so weit gingen, daß sie ihr eignes
leichtes Geld, das sie eben erst gemünzt hatten, für Steuer und Abgaben ver¬
boten. Das erregte lautes Geschrei. Endlich traten die Landesherrn auf den
Kreistagen zusammen, und versuchten aus Rücksicht auf ihre Kassen das neue
Geld gegen das alte in einen festen Cours zu setzen. — Jetzt erst merkte das
Volk die ganze Gefahr seiner Lage. Ein allgemeiner Sturm gegen das neue
Geld brach los. Es sank auch im Tagesverkehr bis aus ein Zehntheil seines
nomineller Werthes. Die neuen Heckenmünzen wurden alö Nester des Teu¬
fels verschrien, die Münzer und ihre Agenten, die Geldwechsler und wer sonst
aus dem Geldhandel Geschäfte gemacht, wurden Gegenstände deS allgemeinen
Abscheus. Damals wurde in Deutschland für sie, die Volksbczeichnung Kipper
und Wipper allgemein. Die Wörter kamen von den Niedersachsen: kippen
sowol auf der Geldwaage betrügerisch wiegen, als auch Geld beschneiden,
und wippen, das schwere Geld von der Wagschale werfen.*) Man
sang Spottlieder auf sie. In dem Rufe der Wachtel glaubte man ihren Na¬
men zu hören und der Pöbel schrie „kippediwipp" hinter ihnen her, wie hepp
hinter den Juden. An vielen Orten rottete sich Gesinde! zusammen und
stürmte ihre Wohnungen. Noch lange Jahre nachher, nach allen Schrecken des
langen Krieges, galt es für eine besondere Schande, wenn einer in der Kipper¬
zeit zu Geld gekommen war.
*) In den Flugschriften jener Jahre werden auch andere Deutungen versucht, der Ursprung
des Ausdrucks war schon den Zeitgenossen nicht klar. In den Neichötagüabschicdcu kommen
die Worte vor dem 30jährtgcn Kriege nicht vor, sie erschiene» noch ziemlich neu.
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