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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Autor entschuldigt: obgleich er nicht bei ihnen daheim, noch in ihrer Juris-
diction anzutreffen, so sei er doch gar ein junger Gesell, der nur ein Zeichen
seiner Gelehrsamkeit habe cdiren wollen; den Drucker Johann Balhorn aber
haben sie aus der Stadt verwiesen, er hat beim Schein der Sonne die Stadt
räumen müssen. Womit sie dann deö Königs Zorn gestillt und nach etlichen
Monaten Balhorn wieder in die Stadt gelassen haben.

Mein Bruder aber, M. Johann, als er von Lübeck und Rostock zurück
nach Hause reisen wollte, hat auf dem Fuhrwägen zum Gefährten gehabt
Herrn Heinrich Sonnenberg und eine Frau, außerdem ist neben dem Wagen
geritten Hans Lagebusch und ein junger feiner Gesell Hermann Lepper, der
hatte gegen bvguslawische Schillinge und ander Geld etliche hundert Gulden
Münze aus Gadebusch, die dort geprägt waren, geholt, die lagen auf dem
Fuhnvagen. Solches wurde etlichen Schnapphähnen (wie man die diebischen
Bösewichter nennt) verrathen. Denn eS war die Straßenräuberei im Lande
Mecklenburg deshalb gar gemein, weil dieselbe nicht ernstlich gestraft wurde,
und es ließen sich welche vom Adel aus vornehmem Geschlecht dabei finden,
so daß man mit dem Poeten wol sagen mag:


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Jedoch wird der schätzbare Adel, worunter viel ehrliche Leute, die aller Wege werth
zu achten sind, damit nicht gemeint. Jetzt ist Gott Lob! im Fürstenthum Menk^
lenburg ernstliche Aufsicht, damals aber durften die Buschreiter sagen, wenn
wir 300 si. abgeben, bringen wir uns dadurch ans aller Gefahr, und behalten
immer noch 200 übrig. Wie die Reisenden nun an die ribbenitzer Haide kamen,
stiegen die, so aus dem Wagen saßen, mit ihren Wehren vom Wagen, die beiden
Reiter hätten an dem unsichern Ort auch beim Wagen bleiben sollen, aber sie
ritten etwas voraus. Gegen diese sammelten sich die Schnapphähne. Einer
insonderheit machte sich an den Lagebusch, sie redeten gesellig. Als sie so
nebeneinander ritten, daß er Lagebuschens Zündrohr erreichen kann, (es war
damals nicht gebräuchlich, doppelte Röhre am Sattel zu führen) reißt er ihm
die Büchse, welche gespannt und der Hahn aufgezogen war, aus der Halfter,
übereilet damit den Hermann Lepper, der zurück nach dem Wagen ritt, und
erschießt den, daß er vom Klepper herunterburzelt. Haus Lagebusch nimmt
das Hasenpanier, reitet davon aus Ribbenitz zu. Herr Heinrich Sonnenberg
läuft ins Holz, versteckt sich in den Büschen. Mein Bruder hatte einen
Schwcinspieß, er stellte sich an das eine Hinterrad, damit die Bösewichter ihn
von hinten nicht beschädigen könnten, von vorn wehrte er sich, wies einen nach
dem andern ab, nicht ohne ihren Schaden, denn er stieß einem den Spieß
neben dem Beine in den Leib, daß er zu Busche ritt, von dem Pferde kam,


Autor entschuldigt: obgleich er nicht bei ihnen daheim, noch in ihrer Juris-
diction anzutreffen, so sei er doch gar ein junger Gesell, der nur ein Zeichen
seiner Gelehrsamkeit habe cdiren wollen; den Drucker Johann Balhorn aber
haben sie aus der Stadt verwiesen, er hat beim Schein der Sonne die Stadt
räumen müssen. Womit sie dann deö Königs Zorn gestillt und nach etlichen
Monaten Balhorn wieder in die Stadt gelassen haben.

Mein Bruder aber, M. Johann, als er von Lübeck und Rostock zurück
nach Hause reisen wollte, hat auf dem Fuhrwägen zum Gefährten gehabt
Herrn Heinrich Sonnenberg und eine Frau, außerdem ist neben dem Wagen
geritten Hans Lagebusch und ein junger feiner Gesell Hermann Lepper, der
hatte gegen bvguslawische Schillinge und ander Geld etliche hundert Gulden
Münze aus Gadebusch, die dort geprägt waren, geholt, die lagen auf dem
Fuhnvagen. Solches wurde etlichen Schnapphähnen (wie man die diebischen
Bösewichter nennt) verrathen. Denn eS war die Straßenräuberei im Lande
Mecklenburg deshalb gar gemein, weil dieselbe nicht ernstlich gestraft wurde,
und es ließen sich welche vom Adel aus vornehmem Geschlecht dabei finden,
so daß man mit dem Poeten wol sagen mag:


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zu achten sind, damit nicht gemeint. Jetzt ist Gott Lob! im Fürstenthum Menk^
lenburg ernstliche Aufsicht, damals aber durften die Buschreiter sagen, wenn
wir 300 si. abgeben, bringen wir uns dadurch ans aller Gefahr, und behalten
immer noch 200 übrig. Wie die Reisenden nun an die ribbenitzer Haide kamen,
stiegen die, so aus dem Wagen saßen, mit ihren Wehren vom Wagen, die beiden
Reiter hätten an dem unsichern Ort auch beim Wagen bleiben sollen, aber sie
ritten etwas voraus. Gegen diese sammelten sich die Schnapphähne. Einer
insonderheit machte sich an den Lagebusch, sie redeten gesellig. Als sie so
nebeneinander ritten, daß er Lagebuschens Zündrohr erreichen kann, (es war
damals nicht gebräuchlich, doppelte Röhre am Sattel zu führen) reißt er ihm
die Büchse, welche gespannt und der Hahn aufgezogen war, aus der Halfter,
übereilet damit den Hermann Lepper, der zurück nach dem Wagen ritt, und
erschießt den, daß er vom Klepper herunterburzelt. Haus Lagebusch nimmt
das Hasenpanier, reitet davon aus Ribbenitz zu. Herr Heinrich Sonnenberg
läuft ins Holz, versteckt sich in den Büschen. Mein Bruder hatte einen
Schwcinspieß, er stellte sich an das eine Hinterrad, damit die Bösewichter ihn
von hinten nicht beschädigen könnten, von vorn wehrte er sich, wies einen nach
dem andern ab, nicht ohne ihren Schaden, denn er stieß einem den Spieß
neben dem Beine in den Leib, daß er zu Busche ritt, von dem Pferde kam,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/28>, abgerufen am 01.10.2024.