Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

eigen Schritte entschlossen hatte, und daß daS Gerücht davon zu der Zeit deS
Kometen schon allgemein verbreitet war.

Die besten, wenn auch noch immer unvollkommenen europäischen Beob¬
achtungen lieferte der wiener Hofastronom Paul Fabricius; auf diese gestützt
berechnete Halley die Bahn dieses Kometen; daS Resultat war aber, infolge
der wenig sichern Daten, nicht so genügend, wie die andern Bahnbestimmungen
HalleyS. AIs Dunthorne 50 Jahre später die Bahn des Kometen von
1264 berechnete, fand er eine merkwürdige Uebereinstimmung mit der des Ko¬
meten von 1356. Die Wahrscheinlichkeit der Identität beider Erscheinungen
ward 20 Jahre später durch Pingr-z erhöht, und man bestimmte demnach
die Rückkehr des Kometen auf das Jahr -1848. Obwol nun nach den genauen
Rechnungen mehrer Astronomen die bedeutenden Störungen seines Laufes durch
die Erde vor und nach seiner letzten Erdnähe im Frühjahre 1356 sich gegen¬
seitig beinahe haben aufheben müssen, und hiernach der Komet also pünktlich
eintreffen sollte, ward er dennoch, und trotz aller eifrigen Nachsuchungen, nicht
erblickt. Man erklärte sein Nichterscheinen dadurch, daß der Komet bei seiner
Rückkehr zur Sonne in den ersten Monaten deS Jahres 1848 nur immer bei
und hinter der Sonne sich aufgehalten haben könne. Auch im Jahre 1849
suchte man vergebens nach dem Kometen. Der londoner Astronom Hind
beschäftigte sich viel und angelegentlich mit diesem Kometen, gab indessen die
Hoffnung immer noch nicht auf, daß seine Rückkehr durch uns noch unbekannte
Störungen verspätet, doch wol noch erwartet werden könne: er hatte schon
vor 1848 nach der Beobachtung von Fabricius und nach einer rohen Zeich¬
nung des Laufes des Kometen, die wir in Lcmracll I^ec>8tKeni8 ?rc>äixiorum
et Ostkntornm OKrolnecm finden, die Bahnelemente deS Kometen von 1336
berechnet und unter anderem gefunden, daß er am 22. April (a. Stil) seine
kleinste Entfernung von der Sonne, nämlich 10^2 M'it- Meilen erreicht hatte.

Diese hindschen Elemente und die früheren von Halley berechneten waren
die Grundlagen einer höchst wichtigen und gediegenen Arbeit des Astronomen
Bonne in Middelburg, in welcher er mit großer Sorgfalt und zeitraubender
Ausführlichkeit die Wirkungen sämmtlicher Planetenstörungen berechnete, welche
nur irgendwie den Zeitpunkt der Wiederkehr modificiren konnten, natürlich
unter Boraussetzung der Identität der beiden Kometen von 1264 und 1336.
Die halleyschcn Elemente ergaben, daß der Komet am 22. August 1860
durch sein Perihel gehen wird, daß also, während die Umlaufszeit desselben
vor dem Jahre 1264 308 Jahre betragen habe und infolge der Planeten¬
störung um 16 Jahre verkürzt worden sei, sie nach dem Jahre 1336 304Vs
Jahre umfasse, und endlich, daß der Komet alsdann eine Bahn von etwa
311 Jahren Umlaufszeit beschreibe. Die hindschen Elemente dagegen, denen
Bonne den Vorzug gibt, ergaben für die im Jahre 1264 beschriebene Ellipse


eigen Schritte entschlossen hatte, und daß daS Gerücht davon zu der Zeit deS
Kometen schon allgemein verbreitet war.

Die besten, wenn auch noch immer unvollkommenen europäischen Beob¬
achtungen lieferte der wiener Hofastronom Paul Fabricius; auf diese gestützt
berechnete Halley die Bahn dieses Kometen; daS Resultat war aber, infolge
der wenig sichern Daten, nicht so genügend, wie die andern Bahnbestimmungen
HalleyS. AIs Dunthorne 50 Jahre später die Bahn des Kometen von
1264 berechnete, fand er eine merkwürdige Uebereinstimmung mit der des Ko¬
meten von 1356. Die Wahrscheinlichkeit der Identität beider Erscheinungen
ward 20 Jahre später durch Pingr-z erhöht, und man bestimmte demnach
die Rückkehr des Kometen auf das Jahr -1848. Obwol nun nach den genauen
Rechnungen mehrer Astronomen die bedeutenden Störungen seines Laufes durch
die Erde vor und nach seiner letzten Erdnähe im Frühjahre 1356 sich gegen¬
seitig beinahe haben aufheben müssen, und hiernach der Komet also pünktlich
eintreffen sollte, ward er dennoch, und trotz aller eifrigen Nachsuchungen, nicht
erblickt. Man erklärte sein Nichterscheinen dadurch, daß der Komet bei seiner
Rückkehr zur Sonne in den ersten Monaten deS Jahres 1848 nur immer bei
und hinter der Sonne sich aufgehalten haben könne. Auch im Jahre 1849
suchte man vergebens nach dem Kometen. Der londoner Astronom Hind
beschäftigte sich viel und angelegentlich mit diesem Kometen, gab indessen die
Hoffnung immer noch nicht auf, daß seine Rückkehr durch uns noch unbekannte
Störungen verspätet, doch wol noch erwartet werden könne: er hatte schon
vor 1848 nach der Beobachtung von Fabricius und nach einer rohen Zeich¬
nung des Laufes des Kometen, die wir in Lcmracll I^ec>8tKeni8 ?rc>äixiorum
et Ostkntornm OKrolnecm finden, die Bahnelemente deS Kometen von 1336
berechnet und unter anderem gefunden, daß er am 22. April (a. Stil) seine
kleinste Entfernung von der Sonne, nämlich 10^2 M'it- Meilen erreicht hatte.

Diese hindschen Elemente und die früheren von Halley berechneten waren
die Grundlagen einer höchst wichtigen und gediegenen Arbeit des Astronomen
Bonne in Middelburg, in welcher er mit großer Sorgfalt und zeitraubender
Ausführlichkeit die Wirkungen sämmtlicher Planetenstörungen berechnete, welche
nur irgendwie den Zeitpunkt der Wiederkehr modificiren konnten, natürlich
unter Boraussetzung der Identität der beiden Kometen von 1264 und 1336.
Die halleyschcn Elemente ergaben, daß der Komet am 22. August 1860
durch sein Perihel gehen wird, daß also, während die Umlaufszeit desselben
vor dem Jahre 1264 308 Jahre betragen habe und infolge der Planeten¬
störung um 16 Jahre verkürzt worden sei, sie nach dem Jahre 1336 304Vs
Jahre umfasse, und endlich, daß der Komet alsdann eine Bahn von etwa
311 Jahren Umlaufszeit beschreibe. Die hindschen Elemente dagegen, denen
Bonne den Vorzug gibt, ergaben für die im Jahre 1264 beschriebene Ellipse


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0279" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104480"/>
          <p xml:id="ID_742" prev="#ID_741"> eigen Schritte entschlossen hatte, und daß daS Gerücht davon zu der Zeit deS<lb/>
Kometen schon allgemein verbreitet war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_743"> Die besten, wenn auch noch immer unvollkommenen europäischen Beob¬<lb/>
achtungen lieferte der wiener Hofastronom Paul Fabricius; auf diese gestützt<lb/>
berechnete Halley die Bahn dieses Kometen; daS Resultat war aber, infolge<lb/>
der wenig sichern Daten, nicht so genügend, wie die andern Bahnbestimmungen<lb/>
HalleyS. AIs Dunthorne 50 Jahre später die Bahn des Kometen von<lb/>
1264 berechnete, fand er eine merkwürdige Uebereinstimmung mit der des Ko¬<lb/>
meten von 1356. Die Wahrscheinlichkeit der Identität beider Erscheinungen<lb/>
ward 20 Jahre später durch Pingr-z erhöht, und man bestimmte demnach<lb/>
die Rückkehr des Kometen auf das Jahr -1848. Obwol nun nach den genauen<lb/>
Rechnungen mehrer Astronomen die bedeutenden Störungen seines Laufes durch<lb/>
die Erde vor und nach seiner letzten Erdnähe im Frühjahre 1356 sich gegen¬<lb/>
seitig beinahe haben aufheben müssen, und hiernach der Komet also pünktlich<lb/>
eintreffen sollte, ward er dennoch, und trotz aller eifrigen Nachsuchungen, nicht<lb/>
erblickt. Man erklärte sein Nichterscheinen dadurch, daß der Komet bei seiner<lb/>
Rückkehr zur Sonne in den ersten Monaten deS Jahres 1848 nur immer bei<lb/>
und hinter der Sonne sich aufgehalten haben könne. Auch im Jahre 1849<lb/>
suchte man vergebens nach dem Kometen. Der londoner Astronom Hind<lb/>
beschäftigte sich viel und angelegentlich mit diesem Kometen, gab indessen die<lb/>
Hoffnung immer noch nicht auf, daß seine Rückkehr durch uns noch unbekannte<lb/>
Störungen verspätet, doch wol noch erwartet werden könne: er hatte schon<lb/>
vor 1848 nach der Beobachtung von Fabricius und nach einer rohen Zeich¬<lb/>
nung des Laufes des Kometen, die wir in Lcmracll I^ec&gt;8tKeni8 ?rc&gt;äixiorum<lb/>
et Ostkntornm OKrolnecm finden, die Bahnelemente deS Kometen von 1336<lb/>
berechnet und unter anderem gefunden, daß er am 22. April (a. Stil) seine<lb/>
kleinste Entfernung von der Sonne, nämlich 10^2 M'it- Meilen erreicht hatte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_744" next="#ID_745"> Diese hindschen Elemente und die früheren von Halley berechneten waren<lb/>
die Grundlagen einer höchst wichtigen und gediegenen Arbeit des Astronomen<lb/>
Bonne in Middelburg, in welcher er mit großer Sorgfalt und zeitraubender<lb/>
Ausführlichkeit die Wirkungen sämmtlicher Planetenstörungen berechnete, welche<lb/>
nur irgendwie den Zeitpunkt der Wiederkehr modificiren konnten, natürlich<lb/>
unter Boraussetzung der Identität der beiden Kometen von 1264 und 1336.<lb/>
Die halleyschcn Elemente ergaben, daß der Komet am 22. August 1860<lb/>
durch sein Perihel gehen wird, daß also, während die Umlaufszeit desselben<lb/>
vor dem Jahre 1264 308 Jahre betragen habe und infolge der Planeten¬<lb/>
störung um 16 Jahre verkürzt worden sei, sie nach dem Jahre 1336 304Vs<lb/>
Jahre umfasse, und endlich, daß der Komet alsdann eine Bahn von etwa<lb/>
311 Jahren Umlaufszeit beschreibe. Die hindschen Elemente dagegen, denen<lb/>
Bonne den Vorzug gibt, ergaben für die im Jahre 1264 beschriebene Ellipse</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0279] eigen Schritte entschlossen hatte, und daß daS Gerücht davon zu der Zeit deS Kometen schon allgemein verbreitet war. Die besten, wenn auch noch immer unvollkommenen europäischen Beob¬ achtungen lieferte der wiener Hofastronom Paul Fabricius; auf diese gestützt berechnete Halley die Bahn dieses Kometen; daS Resultat war aber, infolge der wenig sichern Daten, nicht so genügend, wie die andern Bahnbestimmungen HalleyS. AIs Dunthorne 50 Jahre später die Bahn des Kometen von 1264 berechnete, fand er eine merkwürdige Uebereinstimmung mit der des Ko¬ meten von 1356. Die Wahrscheinlichkeit der Identität beider Erscheinungen ward 20 Jahre später durch Pingr-z erhöht, und man bestimmte demnach die Rückkehr des Kometen auf das Jahr -1848. Obwol nun nach den genauen Rechnungen mehrer Astronomen die bedeutenden Störungen seines Laufes durch die Erde vor und nach seiner letzten Erdnähe im Frühjahre 1356 sich gegen¬ seitig beinahe haben aufheben müssen, und hiernach der Komet also pünktlich eintreffen sollte, ward er dennoch, und trotz aller eifrigen Nachsuchungen, nicht erblickt. Man erklärte sein Nichterscheinen dadurch, daß der Komet bei seiner Rückkehr zur Sonne in den ersten Monaten deS Jahres 1848 nur immer bei und hinter der Sonne sich aufgehalten haben könne. Auch im Jahre 1849 suchte man vergebens nach dem Kometen. Der londoner Astronom Hind beschäftigte sich viel und angelegentlich mit diesem Kometen, gab indessen die Hoffnung immer noch nicht auf, daß seine Rückkehr durch uns noch unbekannte Störungen verspätet, doch wol noch erwartet werden könne: er hatte schon vor 1848 nach der Beobachtung von Fabricius und nach einer rohen Zeich¬ nung des Laufes des Kometen, die wir in Lcmracll I^ec>8tKeni8 ?rc>äixiorum et Ostkntornm OKrolnecm finden, die Bahnelemente deS Kometen von 1336 berechnet und unter anderem gefunden, daß er am 22. April (a. Stil) seine kleinste Entfernung von der Sonne, nämlich 10^2 M'it- Meilen erreicht hatte. Diese hindschen Elemente und die früheren von Halley berechneten waren die Grundlagen einer höchst wichtigen und gediegenen Arbeit des Astronomen Bonne in Middelburg, in welcher er mit großer Sorgfalt und zeitraubender Ausführlichkeit die Wirkungen sämmtlicher Planetenstörungen berechnete, welche nur irgendwie den Zeitpunkt der Wiederkehr modificiren konnten, natürlich unter Boraussetzung der Identität der beiden Kometen von 1264 und 1336. Die halleyschcn Elemente ergaben, daß der Komet am 22. August 1860 durch sein Perihel gehen wird, daß also, während die Umlaufszeit desselben vor dem Jahre 1264 308 Jahre betragen habe und infolge der Planeten¬ störung um 16 Jahre verkürzt worden sei, sie nach dem Jahre 1336 304Vs Jahre umfasse, und endlich, daß der Komet alsdann eine Bahn von etwa 311 Jahren Umlaufszeit beschreibe. Die hindschen Elemente dagegen, denen Bonne den Vorzug gibt, ergaben für die im Jahre 1264 beschriebene Ellipse

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/279
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/279>, abgerufen am 25.08.2024.