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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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wird, waS zur Befriedigung eines Bedürfnisses, d. i. zum Gebrauch eines
andern dient. Nur' dann, wenn ein Dritter das Erzeugnis) des Arbeiters für
seinen Bedarf in Anspruch nimmt, hat der Arbeiter das Recht auf eine Gegen¬
leistung, aus Lohn und nur bei diesem Austausch von Leistung und Gegen¬
leistung, auf welchen sich der ganze menschliche Verkehr zurückführen läßt, kann
von einem Werthe der Arbeit die Rede sein. Die Dinge, die jemand fertigt,
müssen tauschbar sein, es muß sie ein anderer haben wollen, das ist daS erste
Erforderniß. Wer also mit allem seinen Thun gar nichts, oder nur Gegen¬
stände hervorbringt, nach denen niemand verlangt, die keines Menschen Be¬
dürfniß befriedigen, dessen Arbeit ist werthlos, der hat keinen Anspruch darauf,
dafür bezahlt zu werden, mag er sich noch so sehr geplagt, noch so viel an
Zeit und Kosten aufgewendet haben. Das zweite Erforderniß aber ist, daß
er beim Austausch solche Bedingungen stellt, welche sür den andern annehmbar
sind. Denn daß dieser Austausch nur im freien Einvernehmen der Betheiligten
vor sich gehen kann, versteht'sich von selbst. "Gib oder thue mir dies, ich
gebe oder thue dir das dafür", sagt der eine, und es ist Sache deS andern,
sich darüber zu bedenken und zustimmend oder ablehnend zu erklären. Denn
darüber, was jeu'and bedarf, und waS er an die Befriedigung seines Bedürf¬
nisses setzen will, ist, als über etwas seinem eigensten Begehrungs- und Em-
psindungskreise Angehöriges, kein dritter außer ihm zu entscheiden im Stande
und befugt. Sobald daher dem Einvernehmen über die Annahme einer Lei¬
stung die Einigung über die Gegenleistung, über den Preis hinzutritt, ist alles
abgemacht und wir erhalten in der Forderung von der einen, und in deren
Bewilligung von der andern Seite, in Angebot und Nachfrage, die beiden
Factoren, welche über den Werth einer Sache oder Arbeit entscheiden. Wie
es hiernach dem Producenten frei stehen muß, zu verkaufen an wen und zu
welchem Preise er will, so muß auch der Konsument die volle Freiheit haben,
zu kaufen von wem und zu welchem Preise ihm ansteht. Das entgegenstehende
Interesse beider Theile, vermöge dessen der eine so theuer als möglich verkauft,
der andere so billig als möglich einkauft, findet eben nur in dieser Freiheit deS
Verkehrs aller mit allen, in der Concurrenz, seine einzig gerechte Ausgleichung,
insofern die Concurrenz bei jedem Geschäft ja nicht blos auf einer, sondern
auf beiden Seiten statt findet. Während sein Interesse den Producenten an¬
treibt, den möglichst hohen Preis zu fordern, nöthigt ihn die Concurrenz seiner
Mitproducenten, sich vor Ausschreitungen zu hüten, damit nicht ein anderer
ihn unterfordere, und er mit seiner Waare sitzen bleibe. Und während anderer¬
seits das Interesse den Consumenten bestimmt, den möglichst niedrigen Preis
zu bieten, hindert ihn wiederum die Concurrenz der übrigen Consumenten, zu
weit zu gehen, weil sonst ein anderer Liebhaber ihm die Sache vorweg kauft.

Also nicht dasjenige, was der oder jener einzelne Producent an Mühe


wird, waS zur Befriedigung eines Bedürfnisses, d. i. zum Gebrauch eines
andern dient. Nur' dann, wenn ein Dritter das Erzeugnis) des Arbeiters für
seinen Bedarf in Anspruch nimmt, hat der Arbeiter das Recht auf eine Gegen¬
leistung, aus Lohn und nur bei diesem Austausch von Leistung und Gegen¬
leistung, auf welchen sich der ganze menschliche Verkehr zurückführen läßt, kann
von einem Werthe der Arbeit die Rede sein. Die Dinge, die jemand fertigt,
müssen tauschbar sein, es muß sie ein anderer haben wollen, das ist daS erste
Erforderniß. Wer also mit allem seinen Thun gar nichts, oder nur Gegen¬
stände hervorbringt, nach denen niemand verlangt, die keines Menschen Be¬
dürfniß befriedigen, dessen Arbeit ist werthlos, der hat keinen Anspruch darauf,
dafür bezahlt zu werden, mag er sich noch so sehr geplagt, noch so viel an
Zeit und Kosten aufgewendet haben. Das zweite Erforderniß aber ist, daß
er beim Austausch solche Bedingungen stellt, welche sür den andern annehmbar
sind. Denn daß dieser Austausch nur im freien Einvernehmen der Betheiligten
vor sich gehen kann, versteht'sich von selbst. „Gib oder thue mir dies, ich
gebe oder thue dir das dafür", sagt der eine, und es ist Sache deS andern,
sich darüber zu bedenken und zustimmend oder ablehnend zu erklären. Denn
darüber, was jeu'and bedarf, und waS er an die Befriedigung seines Bedürf¬
nisses setzen will, ist, als über etwas seinem eigensten Begehrungs- und Em-
psindungskreise Angehöriges, kein dritter außer ihm zu entscheiden im Stande
und befugt. Sobald daher dem Einvernehmen über die Annahme einer Lei¬
stung die Einigung über die Gegenleistung, über den Preis hinzutritt, ist alles
abgemacht und wir erhalten in der Forderung von der einen, und in deren
Bewilligung von der andern Seite, in Angebot und Nachfrage, die beiden
Factoren, welche über den Werth einer Sache oder Arbeit entscheiden. Wie
es hiernach dem Producenten frei stehen muß, zu verkaufen an wen und zu
welchem Preise er will, so muß auch der Konsument die volle Freiheit haben,
zu kaufen von wem und zu welchem Preise ihm ansteht. Das entgegenstehende
Interesse beider Theile, vermöge dessen der eine so theuer als möglich verkauft,
der andere so billig als möglich einkauft, findet eben nur in dieser Freiheit deS
Verkehrs aller mit allen, in der Concurrenz, seine einzig gerechte Ausgleichung,
insofern die Concurrenz bei jedem Geschäft ja nicht blos auf einer, sondern
auf beiden Seiten statt findet. Während sein Interesse den Producenten an¬
treibt, den möglichst hohen Preis zu fordern, nöthigt ihn die Concurrenz seiner
Mitproducenten, sich vor Ausschreitungen zu hüten, damit nicht ein anderer
ihn unterfordere, und er mit seiner Waare sitzen bleibe. Und während anderer¬
seits das Interesse den Consumenten bestimmt, den möglichst niedrigen Preis
zu bieten, hindert ihn wiederum die Concurrenz der übrigen Consumenten, zu
weit zu gehen, weil sonst ein anderer Liebhaber ihm die Sache vorweg kauft.

Also nicht dasjenige, was der oder jener einzelne Producent an Mühe


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[0270] wird, waS zur Befriedigung eines Bedürfnisses, d. i. zum Gebrauch eines andern dient. Nur' dann, wenn ein Dritter das Erzeugnis) des Arbeiters für seinen Bedarf in Anspruch nimmt, hat der Arbeiter das Recht auf eine Gegen¬ leistung, aus Lohn und nur bei diesem Austausch von Leistung und Gegen¬ leistung, auf welchen sich der ganze menschliche Verkehr zurückführen läßt, kann von einem Werthe der Arbeit die Rede sein. Die Dinge, die jemand fertigt, müssen tauschbar sein, es muß sie ein anderer haben wollen, das ist daS erste Erforderniß. Wer also mit allem seinen Thun gar nichts, oder nur Gegen¬ stände hervorbringt, nach denen niemand verlangt, die keines Menschen Be¬ dürfniß befriedigen, dessen Arbeit ist werthlos, der hat keinen Anspruch darauf, dafür bezahlt zu werden, mag er sich noch so sehr geplagt, noch so viel an Zeit und Kosten aufgewendet haben. Das zweite Erforderniß aber ist, daß er beim Austausch solche Bedingungen stellt, welche sür den andern annehmbar sind. Denn daß dieser Austausch nur im freien Einvernehmen der Betheiligten vor sich gehen kann, versteht'sich von selbst. „Gib oder thue mir dies, ich gebe oder thue dir das dafür", sagt der eine, und es ist Sache deS andern, sich darüber zu bedenken und zustimmend oder ablehnend zu erklären. Denn darüber, was jeu'and bedarf, und waS er an die Befriedigung seines Bedürf¬ nisses setzen will, ist, als über etwas seinem eigensten Begehrungs- und Em- psindungskreise Angehöriges, kein dritter außer ihm zu entscheiden im Stande und befugt. Sobald daher dem Einvernehmen über die Annahme einer Lei¬ stung die Einigung über die Gegenleistung, über den Preis hinzutritt, ist alles abgemacht und wir erhalten in der Forderung von der einen, und in deren Bewilligung von der andern Seite, in Angebot und Nachfrage, die beiden Factoren, welche über den Werth einer Sache oder Arbeit entscheiden. Wie es hiernach dem Producenten frei stehen muß, zu verkaufen an wen und zu welchem Preise er will, so muß auch der Konsument die volle Freiheit haben, zu kaufen von wem und zu welchem Preise ihm ansteht. Das entgegenstehende Interesse beider Theile, vermöge dessen der eine so theuer als möglich verkauft, der andere so billig als möglich einkauft, findet eben nur in dieser Freiheit deS Verkehrs aller mit allen, in der Concurrenz, seine einzig gerechte Ausgleichung, insofern die Concurrenz bei jedem Geschäft ja nicht blos auf einer, sondern auf beiden Seiten statt findet. Während sein Interesse den Producenten an¬ treibt, den möglichst hohen Preis zu fordern, nöthigt ihn die Concurrenz seiner Mitproducenten, sich vor Ausschreitungen zu hüten, damit nicht ein anderer ihn unterfordere, und er mit seiner Waare sitzen bleibe. Und während anderer¬ seits das Interesse den Consumenten bestimmt, den möglichst niedrigen Preis zu bieten, hindert ihn wiederum die Concurrenz der übrigen Consumenten, zu weit zu gehen, weil sonst ein anderer Liebhaber ihm die Sache vorweg kauft. Also nicht dasjenige, was der oder jener einzelne Producent an Mühe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/270>, abgerufen am 22.07.2024.