Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.Professoren gekrönt, deren Lehre er bekämpfte, Cabanis, Daunou, Tracy, Der Sensualismus, wie gemäßigt er sich auch ausdrücken möge, verletzt Professoren gekrönt, deren Lehre er bekämpfte, Cabanis, Daunou, Tracy, Der Sensualismus, wie gemäßigt er sich auch ausdrücken möge, verletzt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104459"/> <p xml:id="ID_695" prev="#ID_694"> Professoren gekrönt, deren Lehre er bekämpfte, Cabanis, Daunou, Tracy,<lb/> Guinguene, Riveillere-Lepaur. Eine zweite Denkschrift: 8ur 1-r pereeption<lb/> immeiZiate, erhielt 1807 einen Preis in Berlin; eine dritte: 8ur 1e8 rspports<lb/> <Zu pk>8ique et an moral <Ze 1'donne, -1811 in Kopenhagen. Alle diese<lb/> Schriften sind erst nach seinem Tode gedruckt. Er selbst konnte sich nie ge¬<lb/> nügen, und das Werk, in welchem er die Summe seiner Ueberzeugungen<lb/> niederlegen wollte: Lssal sur los konÄemen8 <Ze la psMioloxlö se sur ses<lb/> rgppoi'is avec l'etuäe cle 1a nature, wurde über den fortwährenden Um¬<lb/> arbeitungen nicht fertig. In vielen Beziehungen erinnert er an Balzacs<lb/> KeenercKe 6s l'^bsolu.</p><lb/> <p xml:id="ID_696" next="#ID_697"> Der Sensualismus, wie gemäßigt er sich auch ausdrücken möge, verletzt<lb/> doch stets das menschliche Gefühl, indem er ihm das Bewußtsein der Freiheit<lb/> nimmt, und bei einem weitern Studium kommt man wol zu der Ueberzeugung,<lb/> daß er auf einer ungenauen Beobachtung der Thatsachen beruht. Dies war<lb/> das Motiv, welches Biran bestimmte, in seiner c>eLompo8iUon 6s la pen8ce<lb/> (180ü), den Sensualismus zunächst wenigstens zu ergänzen. Die persönliche<lb/> Thätigkeit ist nach dieser Schrift nicht mehr blos eine umgestaltete sinnliche<lb/> Empfindung, sondern ein eignes bestimmendes Princip, welches Erscheinungen<lb/> einer andern Natur hervorbringt, auf die sinnlichen Empfindungen zurückwirkt,<lb/> sie durcheinander corrigirt und sich so mit ursprünglicher Kraft der Einwirkung<lb/> der äußern Mächte entgegensetzt. Der Charakter der sinnlichen Empfindung<lb/> ist die Passivität und die Flüchtigkeit. Wenn man aus ihr allein den Men¬<lb/> schen construirt, wird er zu einer flüchtigen Erscheinung der Natur herab¬<lb/> gesetzt. Wenn also Cartesius mit dem Grundsatz: Ich denke, also bin ich, der<lb/> Wissenschaft eine neue Wendung gegeben hatte, so glaubte Biran mit dem<lb/> Grundsatz: Ich will, also bin ich, einen ebenso wichtigen Fortschritt gemacht<lb/> zu haben. In seiner dritten Schrift glaubte er auch die Thatsachen gefunden<lb/> zu haben, auf die sich dieses Arion stützt, nämlich das unmittelbare Bewußt¬<lb/> sein von der Herrschaft des Willens über den menschlichen Körper. Hier sei<lb/> der Entschluß des Willens, die Bewegung deS Körpers, die Wirkung und das<lb/> Bewußtsein darüber vollkommen identisch. Diese Beziehung ist nicht erst aus<lb/> einer Abstraction hergeleitet, sondern ein unmittelbarer Inhalt deS Bewußt¬<lb/> seins. In allen andern Fällen vermuthen wir nur die Kraft; wir sehen<lb/> zwei Thatsachen, den Zusammenhang legen wir erst hinein. In diesem ein¬<lb/> zigen Falle entdecken wir mit unmittelbarer Gewißheit ce He ne sais quoi qui<lb/> »'uppliquö iwx eoip8, pour les mouvoir, les xousser, les Mirer, element on<lb/> ingre<Zier,t particulier, vraiwenl, inexMeadls on ineMble, lors-Hu' on veut<lb/> eluueker <Z«Z8 exemj)Je8 et <Zc!3 an^eus et'explications noi-8 an lÄit meine<lb/> (lo l^ conscience. Wenn wir von Kräften in der Außenwelt reden, so<lb/> leiten wir diesen Begriff nur aus der Kraft her, die wir in uns selbst</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
Professoren gekrönt, deren Lehre er bekämpfte, Cabanis, Daunou, Tracy,
Guinguene, Riveillere-Lepaur. Eine zweite Denkschrift: 8ur 1-r pereeption
immeiZiate, erhielt 1807 einen Preis in Berlin; eine dritte: 8ur 1e8 rspports
<Zu pk>8ique et an moral <Ze 1'donne, -1811 in Kopenhagen. Alle diese
Schriften sind erst nach seinem Tode gedruckt. Er selbst konnte sich nie ge¬
nügen, und das Werk, in welchem er die Summe seiner Ueberzeugungen
niederlegen wollte: Lssal sur los konÄemen8 <Ze la psMioloxlö se sur ses
rgppoi'is avec l'etuäe cle 1a nature, wurde über den fortwährenden Um¬
arbeitungen nicht fertig. In vielen Beziehungen erinnert er an Balzacs
KeenercKe 6s l'^bsolu.
Der Sensualismus, wie gemäßigt er sich auch ausdrücken möge, verletzt
doch stets das menschliche Gefühl, indem er ihm das Bewußtsein der Freiheit
nimmt, und bei einem weitern Studium kommt man wol zu der Ueberzeugung,
daß er auf einer ungenauen Beobachtung der Thatsachen beruht. Dies war
das Motiv, welches Biran bestimmte, in seiner c>eLompo8iUon 6s la pen8ce
(180ü), den Sensualismus zunächst wenigstens zu ergänzen. Die persönliche
Thätigkeit ist nach dieser Schrift nicht mehr blos eine umgestaltete sinnliche
Empfindung, sondern ein eignes bestimmendes Princip, welches Erscheinungen
einer andern Natur hervorbringt, auf die sinnlichen Empfindungen zurückwirkt,
sie durcheinander corrigirt und sich so mit ursprünglicher Kraft der Einwirkung
der äußern Mächte entgegensetzt. Der Charakter der sinnlichen Empfindung
ist die Passivität und die Flüchtigkeit. Wenn man aus ihr allein den Men¬
schen construirt, wird er zu einer flüchtigen Erscheinung der Natur herab¬
gesetzt. Wenn also Cartesius mit dem Grundsatz: Ich denke, also bin ich, der
Wissenschaft eine neue Wendung gegeben hatte, so glaubte Biran mit dem
Grundsatz: Ich will, also bin ich, einen ebenso wichtigen Fortschritt gemacht
zu haben. In seiner dritten Schrift glaubte er auch die Thatsachen gefunden
zu haben, auf die sich dieses Arion stützt, nämlich das unmittelbare Bewußt¬
sein von der Herrschaft des Willens über den menschlichen Körper. Hier sei
der Entschluß des Willens, die Bewegung deS Körpers, die Wirkung und das
Bewußtsein darüber vollkommen identisch. Diese Beziehung ist nicht erst aus
einer Abstraction hergeleitet, sondern ein unmittelbarer Inhalt deS Bewußt¬
seins. In allen andern Fällen vermuthen wir nur die Kraft; wir sehen
zwei Thatsachen, den Zusammenhang legen wir erst hinein. In diesem ein¬
zigen Falle entdecken wir mit unmittelbarer Gewißheit ce He ne sais quoi qui
»'uppliquö iwx eoip8, pour les mouvoir, les xousser, les Mirer, element on
ingre<Zier,t particulier, vraiwenl, inexMeadls on ineMble, lors-Hu' on veut
eluueker <Z«Z8 exemj)Je8 et <Zc!3 an^eus et'explications noi-8 an lÄit meine
(lo l^ conscience. Wenn wir von Kräften in der Außenwelt reden, so
leiten wir diesen Begriff nur aus der Kraft her, die wir in uns selbst
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