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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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den im Flachwasser gesunkenen wahrzunehmen, wie denn auch die bekannt ge¬
wordenen Berichte in dem hier vertretenen Sinne Zeugniß für die Unwider¬
stehlichkeit des pairhanöschm Geschützes ablegen. Per Vorfall machte aber
nichtsdestoweniger grade in dieser Hinsicht nur wenig Eindruck und der, welchen
er zurückgelassen, wurde später völlig dadurch verlöscht, daß die Actionen der
verbündeten Flotten (wider Bomarsund, die sebastopoler Forts und Kinburn,)
die bei Sinope gemachten Erfahrungen nicht erneuerten.

In Amerika war man in Hinsicht auf das Erfassen neuer Principien
von jeher freier gestellt und ging schneller und rücksichtsloser mit dem Werke
der Reformen vorwärts. Während Frankreich und England ein großes fertiges
Marinematerial haben, welches, je nachdem Neuerungen auftreten, von seinem
Werthe verliert, wodurch, im Fall ganze Schiffsclassen verworfen werden müssen,
dem Staate ein enormer Schaden erwächst, besaß die Union seither nur eine
verhältnißmäßig kleine Marine, und es wird ihr nicht schwer fallen, dieselbe,
wenn die Umstände es gebieten, von Grund aus umzuwandeln und sie, den
Fortschritten im Seeartilleriewesen entsprechend, auf eine durchaus neue Basis
zu stellen. Der Entschluß, sich in Zukunft auf Fregatten zu beschränken und
demgemäß ein neues Bausystem für die größeren Kriegsschiffe anzunehmen,
war deshalb für das Cabinet von Washington ein verhältnißmäßig leichter
und der keine Opfer erheischte.

Ich muß hier den Einwand erwarten, daß, wenn man die Principien
des Generals Pairhans annehmen wollte, man die Größenreduction noch
weiter führen und die Corvette zum amerikanischen Normalkr.iegsschiff machen
mußte. Ein Fahrzeug des letzteren Namens pflegt nämlich um ein Bedeutendes
kürzer wie das erstere zu sein, seine Batterie ist durchlaufend, umfaßt aber
höchstens dreißig Geschütze, die meistens unbedeckt stehen (eine gedeckte Cor¬
vette ist eine Ausnahme), mithin der Einsicht von oben her ausgesetzt sind.
Die Bemastung und Takelung ist derjenigen derLregatte durchaus gleich.
Diese hat dagegen immer eine durchlaufende, bedeckte Batterie und außerdem
Geschütz auf Deck, welches bei Fregatten ersten Ranges ebenfalls in einer
durchlaufenden Batterie formirt steht. Insofern nun eine Fregatte oberster
Classe etwa doppelt so viel Geschütze wie eine Corvette tragen kann, außerdem
ihr Bau mindestens den doppelten Betrag an Materialien und die zwei- bis
dreifachen Kosten erheischt, auch ihre Besatzung an Zahl derjenigen der Cor->
velle um das Doppelte überlegen ist, wäre eS principiell richtiger gewesen,
wenn man amerikanischerseitö dem kleineren Fahrzeug den Vorzug gegeben
hätte; denn mit einer Fregatte verliert man im Gefecht den zwei- bis drei¬
fachen Werth einer Corvette, und zwar durch einen unglücklich treffenden
Schuß ein und desselben Kalibers. Allein es kamen dabei noch andere, be¬
dingende Umstände in Betracht. Wenn man nicht gradezu bis zum Kanonen-


den im Flachwasser gesunkenen wahrzunehmen, wie denn auch die bekannt ge¬
wordenen Berichte in dem hier vertretenen Sinne Zeugniß für die Unwider¬
stehlichkeit des pairhanöschm Geschützes ablegen. Per Vorfall machte aber
nichtsdestoweniger grade in dieser Hinsicht nur wenig Eindruck und der, welchen
er zurückgelassen, wurde später völlig dadurch verlöscht, daß die Actionen der
verbündeten Flotten (wider Bomarsund, die sebastopoler Forts und Kinburn,)
die bei Sinope gemachten Erfahrungen nicht erneuerten.

In Amerika war man in Hinsicht auf das Erfassen neuer Principien
von jeher freier gestellt und ging schneller und rücksichtsloser mit dem Werke
der Reformen vorwärts. Während Frankreich und England ein großes fertiges
Marinematerial haben, welches, je nachdem Neuerungen auftreten, von seinem
Werthe verliert, wodurch, im Fall ganze Schiffsclassen verworfen werden müssen,
dem Staate ein enormer Schaden erwächst, besaß die Union seither nur eine
verhältnißmäßig kleine Marine, und es wird ihr nicht schwer fallen, dieselbe,
wenn die Umstände es gebieten, von Grund aus umzuwandeln und sie, den
Fortschritten im Seeartilleriewesen entsprechend, auf eine durchaus neue Basis
zu stellen. Der Entschluß, sich in Zukunft auf Fregatten zu beschränken und
demgemäß ein neues Bausystem für die größeren Kriegsschiffe anzunehmen,
war deshalb für das Cabinet von Washington ein verhältnißmäßig leichter
und der keine Opfer erheischte.

Ich muß hier den Einwand erwarten, daß, wenn man die Principien
des Generals Pairhans annehmen wollte, man die Größenreduction noch
weiter führen und die Corvette zum amerikanischen Normalkr.iegsschiff machen
mußte. Ein Fahrzeug des letzteren Namens pflegt nämlich um ein Bedeutendes
kürzer wie das erstere zu sein, seine Batterie ist durchlaufend, umfaßt aber
höchstens dreißig Geschütze, die meistens unbedeckt stehen (eine gedeckte Cor¬
vette ist eine Ausnahme), mithin der Einsicht von oben her ausgesetzt sind.
Die Bemastung und Takelung ist derjenigen derLregatte durchaus gleich.
Diese hat dagegen immer eine durchlaufende, bedeckte Batterie und außerdem
Geschütz auf Deck, welches bei Fregatten ersten Ranges ebenfalls in einer
durchlaufenden Batterie formirt steht. Insofern nun eine Fregatte oberster
Classe etwa doppelt so viel Geschütze wie eine Corvette tragen kann, außerdem
ihr Bau mindestens den doppelten Betrag an Materialien und die zwei- bis
dreifachen Kosten erheischt, auch ihre Besatzung an Zahl derjenigen der Cor->
velle um das Doppelte überlegen ist, wäre eS principiell richtiger gewesen,
wenn man amerikanischerseitö dem kleineren Fahrzeug den Vorzug gegeben
hätte; denn mit einer Fregatte verliert man im Gefecht den zwei- bis drei¬
fachen Werth einer Corvette, und zwar durch einen unglücklich treffenden
Schuß ein und desselben Kalibers. Allein es kamen dabei noch andere, be¬
dingende Umstände in Betracht. Wenn man nicht gradezu bis zum Kanonen-


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[0229] den im Flachwasser gesunkenen wahrzunehmen, wie denn auch die bekannt ge¬ wordenen Berichte in dem hier vertretenen Sinne Zeugniß für die Unwider¬ stehlichkeit des pairhanöschm Geschützes ablegen. Per Vorfall machte aber nichtsdestoweniger grade in dieser Hinsicht nur wenig Eindruck und der, welchen er zurückgelassen, wurde später völlig dadurch verlöscht, daß die Actionen der verbündeten Flotten (wider Bomarsund, die sebastopoler Forts und Kinburn,) die bei Sinope gemachten Erfahrungen nicht erneuerten. In Amerika war man in Hinsicht auf das Erfassen neuer Principien von jeher freier gestellt und ging schneller und rücksichtsloser mit dem Werke der Reformen vorwärts. Während Frankreich und England ein großes fertiges Marinematerial haben, welches, je nachdem Neuerungen auftreten, von seinem Werthe verliert, wodurch, im Fall ganze Schiffsclassen verworfen werden müssen, dem Staate ein enormer Schaden erwächst, besaß die Union seither nur eine verhältnißmäßig kleine Marine, und es wird ihr nicht schwer fallen, dieselbe, wenn die Umstände es gebieten, von Grund aus umzuwandeln und sie, den Fortschritten im Seeartilleriewesen entsprechend, auf eine durchaus neue Basis zu stellen. Der Entschluß, sich in Zukunft auf Fregatten zu beschränken und demgemäß ein neues Bausystem für die größeren Kriegsschiffe anzunehmen, war deshalb für das Cabinet von Washington ein verhältnißmäßig leichter und der keine Opfer erheischte. Ich muß hier den Einwand erwarten, daß, wenn man die Principien des Generals Pairhans annehmen wollte, man die Größenreduction noch weiter führen und die Corvette zum amerikanischen Normalkr.iegsschiff machen mußte. Ein Fahrzeug des letzteren Namens pflegt nämlich um ein Bedeutendes kürzer wie das erstere zu sein, seine Batterie ist durchlaufend, umfaßt aber höchstens dreißig Geschütze, die meistens unbedeckt stehen (eine gedeckte Cor¬ vette ist eine Ausnahme), mithin der Einsicht von oben her ausgesetzt sind. Die Bemastung und Takelung ist derjenigen derLregatte durchaus gleich. Diese hat dagegen immer eine durchlaufende, bedeckte Batterie und außerdem Geschütz auf Deck, welches bei Fregatten ersten Ranges ebenfalls in einer durchlaufenden Batterie formirt steht. Insofern nun eine Fregatte oberster Classe etwa doppelt so viel Geschütze wie eine Corvette tragen kann, außerdem ihr Bau mindestens den doppelten Betrag an Materialien und die zwei- bis dreifachen Kosten erheischt, auch ihre Besatzung an Zahl derjenigen der Cor-> velle um das Doppelte überlegen ist, wäre eS principiell richtiger gewesen, wenn man amerikanischerseitö dem kleineren Fahrzeug den Vorzug gegeben hätte; denn mit einer Fregatte verliert man im Gefecht den zwei- bis drei¬ fachen Werth einer Corvette, und zwar durch einen unglücklich treffenden Schuß ein und desselben Kalibers. Allein es kamen dabei noch andere, be¬ dingende Umstände in Betracht. Wenn man nicht gradezu bis zum Kanonen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/229>, abgerufen am 22.07.2024.