Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

So kam es, daß es auch den gewissenhafteren Münzhcrren unmöglich wurde,
das schwere Geld im allen Münzfusi fortzuschlagen. Wer seine Münze ge¬
nau nach dem Neichssuß ausbrachte, der that dies uur zum Vortheil der Auf¬
käufer und anderer Münzer mit leichterem Gewisse". Auch die Reichsthaler
und Gulsen wurden immer leichter, und immer mehre von ihnen schlug
man aus der kölnischen feinen Mark. Daß seit dem 16. Jahrhundert, im
Ganzen betrachtet, die größere Intelligenz und Tüchtigkeit in dem nördlichen
Deutschland, dem ober- und niedersächsischen Kreise lag, ist auch aus dem
Münzwesen dieser Zeit zu ersehen. Dort war man noch am meisten bemüht,
so viel als möglich das Münzwesen in Ordnung zu halten. Nach einer
großen Münzverwirrung, im Jahr 162ü, welche unter dem Namen Kipper¬
und Wipperzeit lange in der Erinnerung des Volkes blieb, wurde 1623 zuerst
der alte Neichsmünzsuß wieder hergestellt, doch mußte die süddeutsche umlaufende
Münze schon damals devalvirt und der Werth des Thalers auf 90 Kreuzer festgesetzt
werden. Im Jahr 1667 vereinigten sich zu Zinna die Stände des ober-.und
niedersächsischen Kreises, aus der feinen kölnischen Mark 10 VuThlr. und gleich darauf
1t)2/z Thlr. auszubringen; im Jahr 1690 beschlossen Kursachsen, Kurbranden¬
burg und Braunschweig-Lüneburg durch den Münzreceß zu Leipzig, aus der
Mark Silber 12 Thaler zu präge" und die ^/z Thnlerstücke dieses Münzfußes
waren jetzt gleich der Hälfte des alten schweren Reichöthalcrs, welcher von
jetzt ab Speciesthaler genannt wurde. Durch diesen Münzfuß, welcher all¬
gemein die höchste Billigung fand, wurde allmälig in Norddeutschland auf
längere Zeit erträgliche Ordnung eingeführt, ja der leipziger Münzfuß wurde
>in Jahre 1738 zum deutschen Neichsfuß erhoben. Indeß vermochte dieser
Fuß sich in Süddentschland, wo die Münzverderbniß schon überall leichtere
Ausprägung bewirkt hatte, nicht mehr durchzusetzen. Die Kriegszeit seit dem
Jahre I7i0 brachte wie gewöhnlich neue Geldverwirrungen und schlechtere
Münze. Von da ab schieden sich die drei großen Münzgruppen Deutschlands:
Oestreich vereinigte sich 17!i3 mit Baiern zu einer Convention, welcher
Sachsen und mehre andere Staaten beitraten. Dadurch wurde der sogenannte
EonventionSfuß festgesetzt, wonach aus der seinen Mark kölnisch 20 Gulden,
10 Speciesthaler gleich 2 Gulden geschlagen werden sollten. Der Versuch
ober, diesen Fuß in Baiern und anderen süddeutschen Territorien einzuführen,
mißlang. Schon seit dem Jahre 1766 entschieden sich die süddeutschen Kreise
(mit Salzburg) für den 2t Guldenfuß, welcher seit den Zollvereinsverträgen
als Se'/s Guldenfuß festgesetzt wurde. Preußen dagegen stellte sich 17S0
"uf den sogenannten graumannschen- oder 1i Thalerfuß. Und die ma߬
gebende Münzeinheit dieses Fußes, der Thaler Friedrich deS Großen ist es,
welcher allmälig von den Thalerstaaten Norddeutschlands angenommen, dann
Mit dem rheinischen Guldenfuß in Verbindung"gebracht wurde. Von jetzt ab


Grenzbvte" III. 1867. 27

So kam es, daß es auch den gewissenhafteren Münzhcrren unmöglich wurde,
das schwere Geld im allen Münzfusi fortzuschlagen. Wer seine Münze ge¬
nau nach dem Neichssuß ausbrachte, der that dies uur zum Vortheil der Auf¬
käufer und anderer Münzer mit leichterem Gewisse». Auch die Reichsthaler
und Gulsen wurden immer leichter, und immer mehre von ihnen schlug
man aus der kölnischen feinen Mark. Daß seit dem 16. Jahrhundert, im
Ganzen betrachtet, die größere Intelligenz und Tüchtigkeit in dem nördlichen
Deutschland, dem ober- und niedersächsischen Kreise lag, ist auch aus dem
Münzwesen dieser Zeit zu ersehen. Dort war man noch am meisten bemüht,
so viel als möglich das Münzwesen in Ordnung zu halten. Nach einer
großen Münzverwirrung, im Jahr 162ü, welche unter dem Namen Kipper¬
und Wipperzeit lange in der Erinnerung des Volkes blieb, wurde 1623 zuerst
der alte Neichsmünzsuß wieder hergestellt, doch mußte die süddeutsche umlaufende
Münze schon damals devalvirt und der Werth des Thalers auf 90 Kreuzer festgesetzt
werden. Im Jahr 1667 vereinigten sich zu Zinna die Stände des ober-.und
niedersächsischen Kreises, aus der feinen kölnischen Mark 10 VuThlr. und gleich darauf
1t)2/z Thlr. auszubringen; im Jahr 1690 beschlossen Kursachsen, Kurbranden¬
burg und Braunschweig-Lüneburg durch den Münzreceß zu Leipzig, aus der
Mark Silber 12 Thaler zu präge» und die ^/z Thnlerstücke dieses Münzfußes
waren jetzt gleich der Hälfte des alten schweren Reichöthalcrs, welcher von
jetzt ab Speciesthaler genannt wurde. Durch diesen Münzfuß, welcher all¬
gemein die höchste Billigung fand, wurde allmälig in Norddeutschland auf
längere Zeit erträgliche Ordnung eingeführt, ja der leipziger Münzfuß wurde
>in Jahre 1738 zum deutschen Neichsfuß erhoben. Indeß vermochte dieser
Fuß sich in Süddentschland, wo die Münzverderbniß schon überall leichtere
Ausprägung bewirkt hatte, nicht mehr durchzusetzen. Die Kriegszeit seit dem
Jahre I7i0 brachte wie gewöhnlich neue Geldverwirrungen und schlechtere
Münze. Von da ab schieden sich die drei großen Münzgruppen Deutschlands:
Oestreich vereinigte sich 17!i3 mit Baiern zu einer Convention, welcher
Sachsen und mehre andere Staaten beitraten. Dadurch wurde der sogenannte
EonventionSfuß festgesetzt, wonach aus der seinen Mark kölnisch 20 Gulden,
10 Speciesthaler gleich 2 Gulden geschlagen werden sollten. Der Versuch
ober, diesen Fuß in Baiern und anderen süddeutschen Territorien einzuführen,
mißlang. Schon seit dem Jahre 1766 entschieden sich die süddeutschen Kreise
(mit Salzburg) für den 2t Guldenfuß, welcher seit den Zollvereinsverträgen
als Se'/s Guldenfuß festgesetzt wurde. Preußen dagegen stellte sich 17S0
"uf den sogenannten graumannschen- oder 1i Thalerfuß. Und die ma߬
gebende Münzeinheit dieses Fußes, der Thaler Friedrich deS Großen ist es,
welcher allmälig von den Thalerstaaten Norddeutschlands angenommen, dann
Mit dem rheinischen Guldenfuß in Verbindung»gebracht wurde. Von jetzt ab


Grenzbvte» III. 1867. 27
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104418"/>
          <p xml:id="ID_589" next="#ID_590"> So kam es, daß es auch den gewissenhafteren Münzhcrren unmöglich wurde,<lb/>
das schwere Geld im allen Münzfusi fortzuschlagen. Wer seine Münze ge¬<lb/>
nau nach dem Neichssuß ausbrachte, der that dies uur zum Vortheil der Auf¬<lb/>
käufer und anderer Münzer mit leichterem Gewisse». Auch die Reichsthaler<lb/>
und Gulsen wurden immer leichter, und immer mehre von ihnen schlug<lb/>
man aus der kölnischen feinen Mark. Daß seit dem 16. Jahrhundert, im<lb/>
Ganzen betrachtet, die größere Intelligenz und Tüchtigkeit in dem nördlichen<lb/>
Deutschland, dem ober- und niedersächsischen Kreise lag, ist auch aus dem<lb/>
Münzwesen dieser Zeit zu ersehen. Dort war man noch am meisten bemüht,<lb/>
so viel als möglich das Münzwesen in Ordnung zu halten. Nach einer<lb/>
großen Münzverwirrung, im Jahr 162ü, welche unter dem Namen Kipper¬<lb/>
und Wipperzeit lange in der Erinnerung des Volkes blieb, wurde 1623 zuerst<lb/>
der alte Neichsmünzsuß wieder hergestellt, doch mußte die süddeutsche umlaufende<lb/>
Münze schon damals devalvirt und der Werth des Thalers auf 90 Kreuzer festgesetzt<lb/>
werden. Im Jahr 1667 vereinigten sich zu Zinna die Stände des ober-.und<lb/>
niedersächsischen Kreises, aus der feinen kölnischen Mark 10 VuThlr. und gleich darauf<lb/>
1t)2/z Thlr. auszubringen; im Jahr 1690 beschlossen Kursachsen, Kurbranden¬<lb/>
burg und Braunschweig-Lüneburg durch den Münzreceß zu Leipzig, aus der<lb/>
Mark Silber 12 Thaler zu präge» und die ^/z Thnlerstücke dieses Münzfußes<lb/>
waren jetzt gleich der Hälfte des alten schweren Reichöthalcrs, welcher von<lb/>
jetzt ab Speciesthaler genannt wurde. Durch diesen Münzfuß, welcher all¬<lb/>
gemein die höchste Billigung fand, wurde allmälig in Norddeutschland auf<lb/>
längere Zeit erträgliche Ordnung eingeführt, ja der leipziger Münzfuß wurde<lb/>
&gt;in Jahre 1738 zum deutschen Neichsfuß erhoben. Indeß vermochte dieser<lb/>
Fuß sich in Süddentschland, wo die Münzverderbniß schon überall leichtere<lb/>
Ausprägung bewirkt hatte, nicht mehr durchzusetzen. Die Kriegszeit seit dem<lb/>
Jahre I7i0 brachte wie gewöhnlich neue Geldverwirrungen und schlechtere<lb/>
Münze. Von da ab schieden sich die drei großen Münzgruppen Deutschlands:<lb/>
Oestreich vereinigte sich 17!i3 mit Baiern zu einer Convention, welcher<lb/>
Sachsen und mehre andere Staaten beitraten. Dadurch wurde der sogenannte<lb/>
EonventionSfuß festgesetzt, wonach aus der seinen Mark kölnisch 20 Gulden,<lb/>
10 Speciesthaler gleich 2 Gulden geschlagen werden sollten. Der Versuch<lb/>
ober, diesen Fuß in Baiern und anderen süddeutschen Territorien einzuführen,<lb/>
mißlang. Schon seit dem Jahre 1766 entschieden sich die süddeutschen Kreise<lb/>
(mit Salzburg) für den 2t Guldenfuß, welcher seit den Zollvereinsverträgen<lb/>
als Se'/s Guldenfuß festgesetzt wurde. Preußen dagegen stellte sich 17S0<lb/>
"uf den sogenannten graumannschen- oder 1i Thalerfuß. Und die ma߬<lb/>
gebende Münzeinheit dieses Fußes, der Thaler Friedrich deS Großen ist es,<lb/>
welcher allmälig von den Thalerstaaten Norddeutschlands angenommen, dann<lb/>
Mit dem rheinischen Guldenfuß in Verbindung»gebracht wurde. Von jetzt ab</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbvte» III. 1867. 27</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0217] So kam es, daß es auch den gewissenhafteren Münzhcrren unmöglich wurde, das schwere Geld im allen Münzfusi fortzuschlagen. Wer seine Münze ge¬ nau nach dem Neichssuß ausbrachte, der that dies uur zum Vortheil der Auf¬ käufer und anderer Münzer mit leichterem Gewisse». Auch die Reichsthaler und Gulsen wurden immer leichter, und immer mehre von ihnen schlug man aus der kölnischen feinen Mark. Daß seit dem 16. Jahrhundert, im Ganzen betrachtet, die größere Intelligenz und Tüchtigkeit in dem nördlichen Deutschland, dem ober- und niedersächsischen Kreise lag, ist auch aus dem Münzwesen dieser Zeit zu ersehen. Dort war man noch am meisten bemüht, so viel als möglich das Münzwesen in Ordnung zu halten. Nach einer großen Münzverwirrung, im Jahr 162ü, welche unter dem Namen Kipper¬ und Wipperzeit lange in der Erinnerung des Volkes blieb, wurde 1623 zuerst der alte Neichsmünzsuß wieder hergestellt, doch mußte die süddeutsche umlaufende Münze schon damals devalvirt und der Werth des Thalers auf 90 Kreuzer festgesetzt werden. Im Jahr 1667 vereinigten sich zu Zinna die Stände des ober-.und niedersächsischen Kreises, aus der feinen kölnischen Mark 10 VuThlr. und gleich darauf 1t)2/z Thlr. auszubringen; im Jahr 1690 beschlossen Kursachsen, Kurbranden¬ burg und Braunschweig-Lüneburg durch den Münzreceß zu Leipzig, aus der Mark Silber 12 Thaler zu präge» und die ^/z Thnlerstücke dieses Münzfußes waren jetzt gleich der Hälfte des alten schweren Reichöthalcrs, welcher von jetzt ab Speciesthaler genannt wurde. Durch diesen Münzfuß, welcher all¬ gemein die höchste Billigung fand, wurde allmälig in Norddeutschland auf längere Zeit erträgliche Ordnung eingeführt, ja der leipziger Münzfuß wurde >in Jahre 1738 zum deutschen Neichsfuß erhoben. Indeß vermochte dieser Fuß sich in Süddentschland, wo die Münzverderbniß schon überall leichtere Ausprägung bewirkt hatte, nicht mehr durchzusetzen. Die Kriegszeit seit dem Jahre I7i0 brachte wie gewöhnlich neue Geldverwirrungen und schlechtere Münze. Von da ab schieden sich die drei großen Münzgruppen Deutschlands: Oestreich vereinigte sich 17!i3 mit Baiern zu einer Convention, welcher Sachsen und mehre andere Staaten beitraten. Dadurch wurde der sogenannte EonventionSfuß festgesetzt, wonach aus der seinen Mark kölnisch 20 Gulden, 10 Speciesthaler gleich 2 Gulden geschlagen werden sollten. Der Versuch ober, diesen Fuß in Baiern und anderen süddeutschen Territorien einzuführen, mißlang. Schon seit dem Jahre 1766 entschieden sich die süddeutschen Kreise (mit Salzburg) für den 2t Guldenfuß, welcher seit den Zollvereinsverträgen als Se'/s Guldenfuß festgesetzt wurde. Preußen dagegen stellte sich 17S0 "uf den sogenannten graumannschen- oder 1i Thalerfuß. Und die ma߬ gebende Münzeinheit dieses Fußes, der Thaler Friedrich deS Großen ist es, welcher allmälig von den Thalerstaaten Norddeutschlands angenommen, dann Mit dem rheinischen Guldenfuß in Verbindung»gebracht wurde. Von jetzt ab Grenzbvte» III. 1867. 27

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/217
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/217>, abgerufen am 12.12.2024.