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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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befestigungen von einer ersprießlichen Wirkung sein würden, womit auch in
früheren Kriegen gemachte übereinstimmten. Es kamen hierzu noch andere
Umstände, die in der Natur des VerticalfeuerS ihren Grund haben und die
Verbündeten auf schleunige Herstellung von Morserbooten hinwiesen. Wie man
weiß nimmt die Gewalt, mit welcher ein geschossenes (im Unterschied vom
geworfenen) Projectil sein Ziel trifft, mit der Weite der Entfernung ab. Feuer
aus der Nähe ist daher, in Rücksicht auf den directen Schuß, wirksamer als
Feuer aus der Ferne. Dagegen schlägt die Bombe, die durch ihre Fallkraft
wirkt, mit ziemlich derselben Gewalt auf ihr Ziel, sie mag nun aus größerer
oder geringerer Distance geworfen sein. Nur die Sicherheit des Treffens
wird natürlich bei größeren Wurfweiten geringer. So kommt es denn, daß
eine Aufstellung in einer Entfernung von 3300 Metres (über 4600 Schritte)
vom Ziele für directes Feuer, in Hinsicht auf die Percussionskraft der Ge¬
schosse, keine besonders günstige ist, für Mörserfeuer dagegen als wirksamste
Wurfweite gelten kann, vorausgesetzt daß das betreffende Kaliber schwer ge¬
nug ist.

Gegen Ende des Ostseezugeö im zweiten Kriegsjahre (183S) hatte man
in London und Paris beschlossen, noch einen Schlag gegen Sweaborg und
zwar mit Hilfe von Schraubenmörserbooten zu unternehmen. Alles in allem
verfügten die Verbündeten über 21 Fahrzeuge dieser Art, welche zusammen
26 Mörser trugen, mit deren Wirkung sich noch drei auf der Abrahamsinsel
postirte vereinigten. Den Booten war im voraus eine AufstellungSlinie be¬
zeichnet worden, die von dem Platze -is00 Schritte entfernt lag. Das Bom¬
bardement dauerte erst drei Stunden, als Feuer in der Festung ausbrach. Am
anderen Tage wurde die Bewerfuug fortgesetzt, und zwar betheiligten sich auch
die französischen und englischen Kanonenboote daran, indem sie ihre 50- und
68-pfündiger Kanonen unter großen Erhöhungswinkeln, also annähernd in
Art des Mörsers, wirken ließen. Im Ganzen hat die Beschießung 43 Stunden
lang gewährt, und man nimmt an, daß in dieser Zeit dem Feind 2000 Mann
außer Gefecht gesetzt wurden. Wenn man bedenkt, daß dieses Resultat so wie
die Zerstörung vieler Magazine im Wesentlichen das Werk von 29 Mörsern
gewesen ist, während Die Geschütze der 2S Linienschiffe (an Zahl etwa 2000),
die am 17. October wider die Außenforts von Sebastvpol agirten, nur etwa
1 000 Mann verwundeten oder tödteten, und dabei berücksichtigt, daß im ersteren
Falle die Aufstellung der Angreifenden drei bis viermal weiter vom Feinde
abgelegen war wie im letzteren, so wird dadurch bis zur Eviöenz klar, daß
gegen Küstenbefestigungen unsere modernen Linienschiffe, auch wenn sie mit dem
besten Schraubenapparat versehen sind, eine sehr unbehilfliche Waffe darstellen
und dagegen die Mörserboote ausgezeichnete Dienste leisten. Gleichwol steht
es fest, daß nicht alle Zwecke wider Küstenfortö sich mit ihnen erreichen lasse".


befestigungen von einer ersprießlichen Wirkung sein würden, womit auch in
früheren Kriegen gemachte übereinstimmten. Es kamen hierzu noch andere
Umstände, die in der Natur des VerticalfeuerS ihren Grund haben und die
Verbündeten auf schleunige Herstellung von Morserbooten hinwiesen. Wie man
weiß nimmt die Gewalt, mit welcher ein geschossenes (im Unterschied vom
geworfenen) Projectil sein Ziel trifft, mit der Weite der Entfernung ab. Feuer
aus der Nähe ist daher, in Rücksicht auf den directen Schuß, wirksamer als
Feuer aus der Ferne. Dagegen schlägt die Bombe, die durch ihre Fallkraft
wirkt, mit ziemlich derselben Gewalt auf ihr Ziel, sie mag nun aus größerer
oder geringerer Distance geworfen sein. Nur die Sicherheit des Treffens
wird natürlich bei größeren Wurfweiten geringer. So kommt es denn, daß
eine Aufstellung in einer Entfernung von 3300 Metres (über 4600 Schritte)
vom Ziele für directes Feuer, in Hinsicht auf die Percussionskraft der Ge¬
schosse, keine besonders günstige ist, für Mörserfeuer dagegen als wirksamste
Wurfweite gelten kann, vorausgesetzt daß das betreffende Kaliber schwer ge¬
nug ist.

Gegen Ende des Ostseezugeö im zweiten Kriegsjahre (183S) hatte man
in London und Paris beschlossen, noch einen Schlag gegen Sweaborg und
zwar mit Hilfe von Schraubenmörserbooten zu unternehmen. Alles in allem
verfügten die Verbündeten über 21 Fahrzeuge dieser Art, welche zusammen
26 Mörser trugen, mit deren Wirkung sich noch drei auf der Abrahamsinsel
postirte vereinigten. Den Booten war im voraus eine AufstellungSlinie be¬
zeichnet worden, die von dem Platze -is00 Schritte entfernt lag. Das Bom¬
bardement dauerte erst drei Stunden, als Feuer in der Festung ausbrach. Am
anderen Tage wurde die Bewerfuug fortgesetzt, und zwar betheiligten sich auch
die französischen und englischen Kanonenboote daran, indem sie ihre 50- und
68-pfündiger Kanonen unter großen Erhöhungswinkeln, also annähernd in
Art des Mörsers, wirken ließen. Im Ganzen hat die Beschießung 43 Stunden
lang gewährt, und man nimmt an, daß in dieser Zeit dem Feind 2000 Mann
außer Gefecht gesetzt wurden. Wenn man bedenkt, daß dieses Resultat so wie
die Zerstörung vieler Magazine im Wesentlichen das Werk von 29 Mörsern
gewesen ist, während Die Geschütze der 2S Linienschiffe (an Zahl etwa 2000),
die am 17. October wider die Außenforts von Sebastvpol agirten, nur etwa
1 000 Mann verwundeten oder tödteten, und dabei berücksichtigt, daß im ersteren
Falle die Aufstellung der Angreifenden drei bis viermal weiter vom Feinde
abgelegen war wie im letzteren, so wird dadurch bis zur Eviöenz klar, daß
gegen Küstenbefestigungen unsere modernen Linienschiffe, auch wenn sie mit dem
besten Schraubenapparat versehen sind, eine sehr unbehilfliche Waffe darstellen
und dagegen die Mörserboote ausgezeichnete Dienste leisten. Gleichwol steht
es fest, daß nicht alle Zwecke wider Küstenfortö sich mit ihnen erreichen lasse».


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/186>, abgerufen am 25.08.2024.