Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sein, diese Forts im Norden und Süden der Rhede, die allesammt, mit Aus¬
nahme eines einzigen von der See aus erreicht werden konnten, zusammenzu¬
schießen, um darnach in die Bucht einzudringen und der landwärtigen Be¬
festigungslinie ihre Flügelstützpunkte zu nehmen. Unter allen Umständen wollte
man mindestens, zu Gunsten des von den Landtruppen geführten Angriffs,
eine, seewärtige Diversion unternehmen, und man setzte den ersten Tag nach
Vollendung der Hauptparallele (17. October 1854) dazu an. Es waren die
am Eingang der Bucht oder Rhede gelegenen äußern Forts, auf welche man
den Angriff richtete, indem die versenkten russischen Schiffe ein tieferes Ein¬
dringen unmöglich machten. Diese Befestigungen enthielten alles in allem
etwa 280 Geschütze, zur Hälfte hinter Mauerscharten, in überwölbten Kase¬
matten, zur andern Hälfte hinter Erdbrustwehren. Die Macht, welche man
gegen dieselben ins Treffen führte, bestand aus fünfundzwanzig englischen,
französischen und türkischen Linienschiffen, unter denen nur der geringere Theil
mit einer Schraube versehen war. Man hat insofern in dem Vorgange nicht
eine reine Action mit Schraubern zu erkennen; indeß ließen die vorhandenen
doch die giltigsten Schlüsse darauf ziehen, daß das Ergebniß kein wesentlich
anderes gewesen sein würde, wenn alle Linienschiffe unter Dampf und Segeln
gesteuert hätten. Es wäre interessant zu wissen, wie viele Kanonen ii Is, Pair-
hanS sich am Bord der verbündeten Geschwader befanden. Wenn man die
Zahl der gegen die russischen Forts an diesem Tage zur Verwendung gebrach¬
ten auf höchstens sechzig anschlägt, wird man, denke ich, nicht zu tief greifen.
In dieser Hinsicht, wenn auch nicht in Ansehung der Gesammtgeschützzahl,
war die Vertheidigung dem Angriff sicherlich überlegen, denn es können in
den Außenforts mindestens 80--100 Bombenkanonen gerechnet werden. Die
Alliirten trachteten nach einer raschen Entscheidung und nach einer möglichst
wirksamen Zerstörung mittelst ihrer Massenartillerie, die auf den Linienschiffen,
wie bereits bemerkt, durch das 32-pfündige Kaliber vertreten ist. Dieser Um¬
stand bedingte ein näheres Herangehen an die Batterien, als dies, selbst bei
Bomarsund, stattgefunden hatte. Anstatt auf 2000 Metres, gingen die Fran¬
zosen bis an^ 1400 Meeres (1860 Schritte) an das Quarantäne- und
Aleranderfort heran, und vier unter Admiral Lyons Führung gestellte Linien¬
schiffe naheten sich dem Fort Konstantin bis auf 1100 Metres (1300 Schritt),
ja der Agamemnon selbst bis auf 800 Metres (1000 Schritt). Was bei diesem
Treffen zunächst als ein charakteristischer Zug hervorsticht, das ist die große
Schnelligkeit und Sicherheit, mit der sich das Einrücken der Schiffe in die ihnen
im voraus bezeichneten Positionen vollzieht. Eine Flotte, die von den Hilfs¬
mitteln des Dampfes durchaus entblößt gewesen wäre, würde eine bedeutende
Einbuße erlitten haben, bevor sie noch so furchtbaren Batterien, wie die be¬
zeichneten, gegenüber, ihre Stellung eingenommen. In dem vorliegenden Falle


sein, diese Forts im Norden und Süden der Rhede, die allesammt, mit Aus¬
nahme eines einzigen von der See aus erreicht werden konnten, zusammenzu¬
schießen, um darnach in die Bucht einzudringen und der landwärtigen Be¬
festigungslinie ihre Flügelstützpunkte zu nehmen. Unter allen Umständen wollte
man mindestens, zu Gunsten des von den Landtruppen geführten Angriffs,
eine, seewärtige Diversion unternehmen, und man setzte den ersten Tag nach
Vollendung der Hauptparallele (17. October 1854) dazu an. Es waren die
am Eingang der Bucht oder Rhede gelegenen äußern Forts, auf welche man
den Angriff richtete, indem die versenkten russischen Schiffe ein tieferes Ein¬
dringen unmöglich machten. Diese Befestigungen enthielten alles in allem
etwa 280 Geschütze, zur Hälfte hinter Mauerscharten, in überwölbten Kase¬
matten, zur andern Hälfte hinter Erdbrustwehren. Die Macht, welche man
gegen dieselben ins Treffen führte, bestand aus fünfundzwanzig englischen,
französischen und türkischen Linienschiffen, unter denen nur der geringere Theil
mit einer Schraube versehen war. Man hat insofern in dem Vorgange nicht
eine reine Action mit Schraubern zu erkennen; indeß ließen die vorhandenen
doch die giltigsten Schlüsse darauf ziehen, daß das Ergebniß kein wesentlich
anderes gewesen sein würde, wenn alle Linienschiffe unter Dampf und Segeln
gesteuert hätten. Es wäre interessant zu wissen, wie viele Kanonen ii Is, Pair-
hanS sich am Bord der verbündeten Geschwader befanden. Wenn man die
Zahl der gegen die russischen Forts an diesem Tage zur Verwendung gebrach¬
ten auf höchstens sechzig anschlägt, wird man, denke ich, nicht zu tief greifen.
In dieser Hinsicht, wenn auch nicht in Ansehung der Gesammtgeschützzahl,
war die Vertheidigung dem Angriff sicherlich überlegen, denn es können in
den Außenforts mindestens 80—100 Bombenkanonen gerechnet werden. Die
Alliirten trachteten nach einer raschen Entscheidung und nach einer möglichst
wirksamen Zerstörung mittelst ihrer Massenartillerie, die auf den Linienschiffen,
wie bereits bemerkt, durch das 32-pfündige Kaliber vertreten ist. Dieser Um¬
stand bedingte ein näheres Herangehen an die Batterien, als dies, selbst bei
Bomarsund, stattgefunden hatte. Anstatt auf 2000 Metres, gingen die Fran¬
zosen bis an^ 1400 Meeres (1860 Schritte) an das Quarantäne- und
Aleranderfort heran, und vier unter Admiral Lyons Führung gestellte Linien¬
schiffe naheten sich dem Fort Konstantin bis auf 1100 Metres (1300 Schritt),
ja der Agamemnon selbst bis auf 800 Metres (1000 Schritt). Was bei diesem
Treffen zunächst als ein charakteristischer Zug hervorsticht, das ist die große
Schnelligkeit und Sicherheit, mit der sich das Einrücken der Schiffe in die ihnen
im voraus bezeichneten Positionen vollzieht. Eine Flotte, die von den Hilfs¬
mitteln des Dampfes durchaus entblößt gewesen wäre, würde eine bedeutende
Einbuße erlitten haben, bevor sie noch so furchtbaren Batterien, wie die be¬
zeichneten, gegenüber, ihre Stellung eingenommen. In dem vorliegenden Falle


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104383"/>
            <p xml:id="ID_479" prev="#ID_478" next="#ID_480"> sein, diese Forts im Norden und Süden der Rhede, die allesammt, mit Aus¬<lb/>
nahme eines einzigen von der See aus erreicht werden konnten, zusammenzu¬<lb/>
schießen, um darnach in die Bucht einzudringen und der landwärtigen Be¬<lb/>
festigungslinie ihre Flügelstützpunkte zu nehmen. Unter allen Umständen wollte<lb/>
man mindestens, zu Gunsten des von den Landtruppen geführten Angriffs,<lb/>
eine, seewärtige Diversion unternehmen, und man setzte den ersten Tag nach<lb/>
Vollendung der Hauptparallele (17. October 1854) dazu an. Es waren die<lb/>
am Eingang der Bucht oder Rhede gelegenen äußern Forts, auf welche man<lb/>
den Angriff richtete, indem die versenkten russischen Schiffe ein tieferes Ein¬<lb/>
dringen unmöglich machten. Diese Befestigungen enthielten alles in allem<lb/>
etwa 280 Geschütze, zur Hälfte hinter Mauerscharten, in überwölbten Kase¬<lb/>
matten, zur andern Hälfte hinter Erdbrustwehren. Die Macht, welche man<lb/>
gegen dieselben ins Treffen führte, bestand aus fünfundzwanzig englischen,<lb/>
französischen und türkischen Linienschiffen, unter denen nur der geringere Theil<lb/>
mit einer Schraube versehen war. Man hat insofern in dem Vorgange nicht<lb/>
eine reine Action mit Schraubern zu erkennen; indeß ließen die vorhandenen<lb/>
doch die giltigsten Schlüsse darauf ziehen, daß das Ergebniß kein wesentlich<lb/>
anderes gewesen sein würde, wenn alle Linienschiffe unter Dampf und Segeln<lb/>
gesteuert hätten. Es wäre interessant zu wissen, wie viele Kanonen ii Is, Pair-<lb/>
hanS sich am Bord der verbündeten Geschwader befanden. Wenn man die<lb/>
Zahl der gegen die russischen Forts an diesem Tage zur Verwendung gebrach¬<lb/>
ten auf höchstens sechzig anschlägt, wird man, denke ich, nicht zu tief greifen.<lb/>
In dieser Hinsicht, wenn auch nicht in Ansehung der Gesammtgeschützzahl,<lb/>
war die Vertheidigung dem Angriff sicherlich überlegen, denn es können in<lb/>
den Außenforts mindestens 80&#x2014;100 Bombenkanonen gerechnet werden. Die<lb/>
Alliirten trachteten nach einer raschen Entscheidung und nach einer möglichst<lb/>
wirksamen Zerstörung mittelst ihrer Massenartillerie, die auf den Linienschiffen,<lb/>
wie bereits bemerkt, durch das 32-pfündige Kaliber vertreten ist. Dieser Um¬<lb/>
stand bedingte ein näheres Herangehen an die Batterien, als dies, selbst bei<lb/>
Bomarsund, stattgefunden hatte. Anstatt auf 2000 Metres, gingen die Fran¬<lb/>
zosen bis an^ 1400 Meeres (1860 Schritte) an das Quarantäne- und<lb/>
Aleranderfort heran, und vier unter Admiral Lyons Führung gestellte Linien¬<lb/>
schiffe naheten sich dem Fort Konstantin bis auf 1100 Metres (1300 Schritt),<lb/>
ja der Agamemnon selbst bis auf 800 Metres (1000 Schritt). Was bei diesem<lb/>
Treffen zunächst als ein charakteristischer Zug hervorsticht, das ist die große<lb/>
Schnelligkeit und Sicherheit, mit der sich das Einrücken der Schiffe in die ihnen<lb/>
im voraus bezeichneten Positionen vollzieht. Eine Flotte, die von den Hilfs¬<lb/>
mitteln des Dampfes durchaus entblößt gewesen wäre, würde eine bedeutende<lb/>
Einbuße erlitten haben, bevor sie noch so furchtbaren Batterien, wie die be¬<lb/>
zeichneten, gegenüber, ihre Stellung eingenommen. In dem vorliegenden Falle</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0182] sein, diese Forts im Norden und Süden der Rhede, die allesammt, mit Aus¬ nahme eines einzigen von der See aus erreicht werden konnten, zusammenzu¬ schießen, um darnach in die Bucht einzudringen und der landwärtigen Be¬ festigungslinie ihre Flügelstützpunkte zu nehmen. Unter allen Umständen wollte man mindestens, zu Gunsten des von den Landtruppen geführten Angriffs, eine, seewärtige Diversion unternehmen, und man setzte den ersten Tag nach Vollendung der Hauptparallele (17. October 1854) dazu an. Es waren die am Eingang der Bucht oder Rhede gelegenen äußern Forts, auf welche man den Angriff richtete, indem die versenkten russischen Schiffe ein tieferes Ein¬ dringen unmöglich machten. Diese Befestigungen enthielten alles in allem etwa 280 Geschütze, zur Hälfte hinter Mauerscharten, in überwölbten Kase¬ matten, zur andern Hälfte hinter Erdbrustwehren. Die Macht, welche man gegen dieselben ins Treffen führte, bestand aus fünfundzwanzig englischen, französischen und türkischen Linienschiffen, unter denen nur der geringere Theil mit einer Schraube versehen war. Man hat insofern in dem Vorgange nicht eine reine Action mit Schraubern zu erkennen; indeß ließen die vorhandenen doch die giltigsten Schlüsse darauf ziehen, daß das Ergebniß kein wesentlich anderes gewesen sein würde, wenn alle Linienschiffe unter Dampf und Segeln gesteuert hätten. Es wäre interessant zu wissen, wie viele Kanonen ii Is, Pair- hanS sich am Bord der verbündeten Geschwader befanden. Wenn man die Zahl der gegen die russischen Forts an diesem Tage zur Verwendung gebrach¬ ten auf höchstens sechzig anschlägt, wird man, denke ich, nicht zu tief greifen. In dieser Hinsicht, wenn auch nicht in Ansehung der Gesammtgeschützzahl, war die Vertheidigung dem Angriff sicherlich überlegen, denn es können in den Außenforts mindestens 80—100 Bombenkanonen gerechnet werden. Die Alliirten trachteten nach einer raschen Entscheidung und nach einer möglichst wirksamen Zerstörung mittelst ihrer Massenartillerie, die auf den Linienschiffen, wie bereits bemerkt, durch das 32-pfündige Kaliber vertreten ist. Dieser Um¬ stand bedingte ein näheres Herangehen an die Batterien, als dies, selbst bei Bomarsund, stattgefunden hatte. Anstatt auf 2000 Metres, gingen die Fran¬ zosen bis an^ 1400 Meeres (1860 Schritte) an das Quarantäne- und Aleranderfort heran, und vier unter Admiral Lyons Führung gestellte Linien¬ schiffe naheten sich dem Fort Konstantin bis auf 1100 Metres (1300 Schritt), ja der Agamemnon selbst bis auf 800 Metres (1000 Schritt). Was bei diesem Treffen zunächst als ein charakteristischer Zug hervorsticht, das ist die große Schnelligkeit und Sicherheit, mit der sich das Einrücken der Schiffe in die ihnen im voraus bezeichneten Positionen vollzieht. Eine Flotte, die von den Hilfs¬ mitteln des Dampfes durchaus entblößt gewesen wäre, würde eine bedeutende Einbuße erlitten haben, bevor sie noch so furchtbaren Batterien, wie die be¬ zeichneten, gegenüber, ihre Stellung eingenommen. In dem vorliegenden Falle

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/182
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/182>, abgerufen am 26.08.2024.