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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Landstraße. Wähle ein Gut von denen, so nicht oft die Herren wechseln, wo
den Verkäufer sein Verkauf reuet; und die Gebäude darauf seien in gutem
Stande. Achte die Anweisung eines andern nicht leichtfertig gering. Von
einem Herren, der gut wirthschaftet und gut baut, kauft sechs am besten. Kommst
du auf den Hof, so sieh zu, ob des Geschirres, der Keltern und Fässer viel ist.
Ist dessen wenig, so wisse, daß auch der Ertrag nicht groß ist. Achte aber
wohl, daß die Wirthschaft keine große Einrichtung fordert; je besser der Boden,
desto weniger kostet die Bebauung. Merke, daß bei einem Felde wie bei einem
Mann, wenn die Ausgabe groß ist, vom Ertrag nicht viel übrig bleibt."

Hieraus folgen die allgemeinen Regeln über die Bewirthschaftung, wobei
vorausgesetzt ist, daß der Herr oft abwesend sein muß, um seine Bürgerpflichten
in der Stadt und sonst zu erfüllen, und ein von ihm eingesetzter Meier die
Wirthschaft leitet. "Wenn der Herr aus den Hos kommt, und seine Andacht bei
dem Hausgott verrichtet hat, muß er, wenn es sein kann, am selbigen Tage
aufs Feld gehn; wenn nicht am selbigen, doch am andern. Hat er wahr¬
genommen, wie das Feld gebaut ist und was für Arbeiten gethan und um-
gethan sind, so muß er Tags daraus den Meier rufen und nach allen Arbeiten
fragen, sowol den gethanen als die noch zu thun bleiben, ob für die ver¬
flossene Zeit genug vollbracht ist und er das Uebrige noch vollbringen kann;
und was am Wein und am Korn gethan ist und so an allem andern. Hat
er alles erkundet und stimmt die Arbeit nicht mit der Zeit, so muß er daS
über die Arbeiter und Arbeitstage geführte Buch nachsehn. Dann sagt der
Meier, er habe emsig geschafft, die Knechte aber seien ungesund gewesen, daS
Wetter schlecht, die Knechts seien davon gelaufen, haben an öffentlichen
Arbeiten mithelfen müssen. Hat er viele solche und andere Gründe vorgebracht,
dann weise ihn auf die Rechnung der Arbeiter und die Arbeiten. Ist die Zeit
regnig gewesen, so siel) zu, wie viel Tage eS waren, und welche Arbeiten im
Regen gethan werden konnten: als Fässer waschen und verpichen, den Hof
säubern, Korn umschütten, Dünger herausschaffen, Mistlöcher machen, Saat
auslesen, alte Taue ausbessern und neue drehen, auch können die Knechte
dann ihre Kappen und Lappen flicken. An Feiertagen (!) konnten alle Gräben
gesäubert, die Landstraße gebaut, Büsche gerötet, der Garten umgegraben,
die Wiese gereinigt, Ruthen gebunden, Dornen gejätet, Korn gestampft und
alles schmuck gemacht werden. Wenn die Knechte krank waren, hätte nicht
so viel Kost gegeben werden sollen- Ist dies alles mit gutem Bedacht erkundet,
so laß es deine Sorge sein, daß die ungcthanen Arbeiten vollbracht werden.
Dann rechne die Bücher nach, die Kaffee-, Oel-, Korn- und Weinrechnungen,
was zum Futter angeschafft, was verkauft, was eingegangen, was in Vorrath,
was verkäuflich, was auf Bürgschaft gegeben ist. Die Vorräthe soll ver
Herr sich zeigen lassen. Wenn etwas auf das Jahr mangelt, soll eS an-


Landstraße. Wähle ein Gut von denen, so nicht oft die Herren wechseln, wo
den Verkäufer sein Verkauf reuet; und die Gebäude darauf seien in gutem
Stande. Achte die Anweisung eines andern nicht leichtfertig gering. Von
einem Herren, der gut wirthschaftet und gut baut, kauft sechs am besten. Kommst
du auf den Hof, so sieh zu, ob des Geschirres, der Keltern und Fässer viel ist.
Ist dessen wenig, so wisse, daß auch der Ertrag nicht groß ist. Achte aber
wohl, daß die Wirthschaft keine große Einrichtung fordert; je besser der Boden,
desto weniger kostet die Bebauung. Merke, daß bei einem Felde wie bei einem
Mann, wenn die Ausgabe groß ist, vom Ertrag nicht viel übrig bleibt."

Hieraus folgen die allgemeinen Regeln über die Bewirthschaftung, wobei
vorausgesetzt ist, daß der Herr oft abwesend sein muß, um seine Bürgerpflichten
in der Stadt und sonst zu erfüllen, und ein von ihm eingesetzter Meier die
Wirthschaft leitet. „Wenn der Herr aus den Hos kommt, und seine Andacht bei
dem Hausgott verrichtet hat, muß er, wenn es sein kann, am selbigen Tage
aufs Feld gehn; wenn nicht am selbigen, doch am andern. Hat er wahr¬
genommen, wie das Feld gebaut ist und was für Arbeiten gethan und um-
gethan sind, so muß er Tags daraus den Meier rufen und nach allen Arbeiten
fragen, sowol den gethanen als die noch zu thun bleiben, ob für die ver¬
flossene Zeit genug vollbracht ist und er das Uebrige noch vollbringen kann;
und was am Wein und am Korn gethan ist und so an allem andern. Hat
er alles erkundet und stimmt die Arbeit nicht mit der Zeit, so muß er daS
über die Arbeiter und Arbeitstage geführte Buch nachsehn. Dann sagt der
Meier, er habe emsig geschafft, die Knechte aber seien ungesund gewesen, daS
Wetter schlecht, die Knechts seien davon gelaufen, haben an öffentlichen
Arbeiten mithelfen müssen. Hat er viele solche und andere Gründe vorgebracht,
dann weise ihn auf die Rechnung der Arbeiter und die Arbeiten. Ist die Zeit
regnig gewesen, so siel) zu, wie viel Tage eS waren, und welche Arbeiten im
Regen gethan werden konnten: als Fässer waschen und verpichen, den Hof
säubern, Korn umschütten, Dünger herausschaffen, Mistlöcher machen, Saat
auslesen, alte Taue ausbessern und neue drehen, auch können die Knechte
dann ihre Kappen und Lappen flicken. An Feiertagen (!) konnten alle Gräben
gesäubert, die Landstraße gebaut, Büsche gerötet, der Garten umgegraben,
die Wiese gereinigt, Ruthen gebunden, Dornen gejätet, Korn gestampft und
alles schmuck gemacht werden. Wenn die Knechte krank waren, hätte nicht
so viel Kost gegeben werden sollen- Ist dies alles mit gutem Bedacht erkundet,
so laß es deine Sorge sein, daß die ungcthanen Arbeiten vollbracht werden.
Dann rechne die Bücher nach, die Kaffee-, Oel-, Korn- und Weinrechnungen,
was zum Futter angeschafft, was verkauft, was eingegangen, was in Vorrath,
was verkäuflich, was auf Bürgschaft gegeben ist. Die Vorräthe soll ver
Herr sich zeigen lassen. Wenn etwas auf das Jahr mangelt, soll eS an-


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[0143] Landstraße. Wähle ein Gut von denen, so nicht oft die Herren wechseln, wo den Verkäufer sein Verkauf reuet; und die Gebäude darauf seien in gutem Stande. Achte die Anweisung eines andern nicht leichtfertig gering. Von einem Herren, der gut wirthschaftet und gut baut, kauft sechs am besten. Kommst du auf den Hof, so sieh zu, ob des Geschirres, der Keltern und Fässer viel ist. Ist dessen wenig, so wisse, daß auch der Ertrag nicht groß ist. Achte aber wohl, daß die Wirthschaft keine große Einrichtung fordert; je besser der Boden, desto weniger kostet die Bebauung. Merke, daß bei einem Felde wie bei einem Mann, wenn die Ausgabe groß ist, vom Ertrag nicht viel übrig bleibt." Hieraus folgen die allgemeinen Regeln über die Bewirthschaftung, wobei vorausgesetzt ist, daß der Herr oft abwesend sein muß, um seine Bürgerpflichten in der Stadt und sonst zu erfüllen, und ein von ihm eingesetzter Meier die Wirthschaft leitet. „Wenn der Herr aus den Hos kommt, und seine Andacht bei dem Hausgott verrichtet hat, muß er, wenn es sein kann, am selbigen Tage aufs Feld gehn; wenn nicht am selbigen, doch am andern. Hat er wahr¬ genommen, wie das Feld gebaut ist und was für Arbeiten gethan und um- gethan sind, so muß er Tags daraus den Meier rufen und nach allen Arbeiten fragen, sowol den gethanen als die noch zu thun bleiben, ob für die ver¬ flossene Zeit genug vollbracht ist und er das Uebrige noch vollbringen kann; und was am Wein und am Korn gethan ist und so an allem andern. Hat er alles erkundet und stimmt die Arbeit nicht mit der Zeit, so muß er daS über die Arbeiter und Arbeitstage geführte Buch nachsehn. Dann sagt der Meier, er habe emsig geschafft, die Knechte aber seien ungesund gewesen, daS Wetter schlecht, die Knechts seien davon gelaufen, haben an öffentlichen Arbeiten mithelfen müssen. Hat er viele solche und andere Gründe vorgebracht, dann weise ihn auf die Rechnung der Arbeiter und die Arbeiten. Ist die Zeit regnig gewesen, so siel) zu, wie viel Tage eS waren, und welche Arbeiten im Regen gethan werden konnten: als Fässer waschen und verpichen, den Hof säubern, Korn umschütten, Dünger herausschaffen, Mistlöcher machen, Saat auslesen, alte Taue ausbessern und neue drehen, auch können die Knechte dann ihre Kappen und Lappen flicken. An Feiertagen (!) konnten alle Gräben gesäubert, die Landstraße gebaut, Büsche gerötet, der Garten umgegraben, die Wiese gereinigt, Ruthen gebunden, Dornen gejätet, Korn gestampft und alles schmuck gemacht werden. Wenn die Knechte krank waren, hätte nicht so viel Kost gegeben werden sollen- Ist dies alles mit gutem Bedacht erkundet, so laß es deine Sorge sein, daß die ungcthanen Arbeiten vollbracht werden. Dann rechne die Bücher nach, die Kaffee-, Oel-, Korn- und Weinrechnungen, was zum Futter angeschafft, was verkauft, was eingegangen, was in Vorrath, was verkäuflich, was auf Bürgschaft gegeben ist. Die Vorräthe soll ver Herr sich zeigen lassen. Wenn etwas auf das Jahr mangelt, soll eS an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/143>, abgerufen am 22.07.2024.