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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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wunderung hören, daß der alte Cato es für seine Person vorzog, wenigstens
in spätern Jahren, andere Geschäfte zu machen, die, wie er selbst sagte, nicht
von Jupiter (nämlich durch schlechtes Wetter) verdorben werden konnten, und
sogar auch Geld auf Zinsen zu leihen. Seine Jugend war noch in die Zeit
der blühenden Agricultur gefallen, aber während seines langen Lebens trat
ein vollständiger Umschwung in den Verhältnissen ein, der Ackerbau verfiel,
Geldverkehr und Handel hoben sich bedeutend. Seine anerzogenen conservativen
Sympathien für den Landbau waren ohne Zweifel groß, aber seine Liebe zum
Gelde noch größer: und während er sonst nirgend der modernen Richtung die
geringste Concession machen wollte, betheiligte er sich eifrig an kaufmännischen
Geschäften und Spekulationen.

Italien hatte damals schon aufgehört, ein vorzugsweise getreidebauendeö
Land zu sein, das billige überseeische Korn, das namentlich aus Sicilien und
Sardinien massenweise eingeführt ward, drückte das einheimische und ent-
werthete eS in hohem Grade; Wein- und Oelbau und Weidewirthschast traten
mehr und mehr an die Stelle der Weizenfelder, und größere Güter an Stelle
der Bauernhöfe. Cato rieth den Ankauf von Gütern zu hundert Morgen
(Preußisch). Die Oelpflanzung, die er beschreibt, hat 2i0 Morgen (Preußisch)
und erfordert zur Bewirthschaftung dreizehn Knechte, drei Ochsen, drei Esel
mit Packsätteln zum Düngertragen, noch einen Esel, hundert Schafe und ein
nicht kleines Inventar; die Weinpflanzung hat hundext Morgen und erfordert
außer dem Inventar sechzehn Knechte, zwei Ochsen und drei Esel. Nach der
Höhe des Bodenzinses gibt er folgende Rangordnung der verschiedenen Arten
der Nutzung, vorausgesetzt, daß man hundert Morgen bessern Bodens besitzt.
Das Vortheilhafteste ist die Weincultur, wenn der Wein ergiebig ist, die zweite
Stelle nimmt ein bewässerter Garten ein, die dritte eine Weidenpflanzung,
die vierte eine Oelpflanzung, die fünfte Wiesen, die sechste Getreidebau, die
siebente ein Forst zum Schlagen, die achte ein Baumgarten, die neunte eine
Waldung mit eßbaren Früchten (Eicheln und Kastanien).

Für den Gutkauf gibt Cato folgende Vorschriften. "Hegst du die Absicht
ein Grundstück zu erwerben, so laß dich nicht von Kaufbegier bethören, spare
keine Mühe es zu besehen, und laß es nicht genug sein, einmal hindurch¬
zugehen. So oft du gehn wirst, wird es dir jedes Wal mehr gefallen, wenn
es gut ist. Beachte auch recht, ob bei den Nachbarn alles wohl im Stande ist,
auf gutem Boden muß die Wirthschaft wohl im Stande sein; und daß eS gute
Luft habe, nicht ungesund sei, daß eS in der Güte des Bodens, in seiner
natürlichen Kraft seinen Werth habe. Kann es sein, so wähle eS am Fuße
eines Berges, gegen Mittag schauend, wo die Luft heilkräftig ist; wo kein
Mangel an Arbeitern ist , gute Tränke, eine wackere Stadt in der Nähe, oder
das Meer oder ein Strom, auf dem Schiffe gehen, oder eine gute volkreiche


wunderung hören, daß der alte Cato es für seine Person vorzog, wenigstens
in spätern Jahren, andere Geschäfte zu machen, die, wie er selbst sagte, nicht
von Jupiter (nämlich durch schlechtes Wetter) verdorben werden konnten, und
sogar auch Geld auf Zinsen zu leihen. Seine Jugend war noch in die Zeit
der blühenden Agricultur gefallen, aber während seines langen Lebens trat
ein vollständiger Umschwung in den Verhältnissen ein, der Ackerbau verfiel,
Geldverkehr und Handel hoben sich bedeutend. Seine anerzogenen conservativen
Sympathien für den Landbau waren ohne Zweifel groß, aber seine Liebe zum
Gelde noch größer: und während er sonst nirgend der modernen Richtung die
geringste Concession machen wollte, betheiligte er sich eifrig an kaufmännischen
Geschäften und Spekulationen.

Italien hatte damals schon aufgehört, ein vorzugsweise getreidebauendeö
Land zu sein, das billige überseeische Korn, das namentlich aus Sicilien und
Sardinien massenweise eingeführt ward, drückte das einheimische und ent-
werthete eS in hohem Grade; Wein- und Oelbau und Weidewirthschast traten
mehr und mehr an die Stelle der Weizenfelder, und größere Güter an Stelle
der Bauernhöfe. Cato rieth den Ankauf von Gütern zu hundert Morgen
(Preußisch). Die Oelpflanzung, die er beschreibt, hat 2i0 Morgen (Preußisch)
und erfordert zur Bewirthschaftung dreizehn Knechte, drei Ochsen, drei Esel
mit Packsätteln zum Düngertragen, noch einen Esel, hundert Schafe und ein
nicht kleines Inventar; die Weinpflanzung hat hundext Morgen und erfordert
außer dem Inventar sechzehn Knechte, zwei Ochsen und drei Esel. Nach der
Höhe des Bodenzinses gibt er folgende Rangordnung der verschiedenen Arten
der Nutzung, vorausgesetzt, daß man hundert Morgen bessern Bodens besitzt.
Das Vortheilhafteste ist die Weincultur, wenn der Wein ergiebig ist, die zweite
Stelle nimmt ein bewässerter Garten ein, die dritte eine Weidenpflanzung,
die vierte eine Oelpflanzung, die fünfte Wiesen, die sechste Getreidebau, die
siebente ein Forst zum Schlagen, die achte ein Baumgarten, die neunte eine
Waldung mit eßbaren Früchten (Eicheln und Kastanien).

Für den Gutkauf gibt Cato folgende Vorschriften. „Hegst du die Absicht
ein Grundstück zu erwerben, so laß dich nicht von Kaufbegier bethören, spare
keine Mühe es zu besehen, und laß es nicht genug sein, einmal hindurch¬
zugehen. So oft du gehn wirst, wird es dir jedes Wal mehr gefallen, wenn
es gut ist. Beachte auch recht, ob bei den Nachbarn alles wohl im Stande ist,
auf gutem Boden muß die Wirthschaft wohl im Stande sein; und daß eS gute
Luft habe, nicht ungesund sei, daß eS in der Güte des Bodens, in seiner
natürlichen Kraft seinen Werth habe. Kann es sein, so wähle eS am Fuße
eines Berges, gegen Mittag schauend, wo die Luft heilkräftig ist; wo kein
Mangel an Arbeitern ist , gute Tränke, eine wackere Stadt in der Nähe, oder
das Meer oder ein Strom, auf dem Schiffe gehen, oder eine gute volkreiche


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[0142] wunderung hören, daß der alte Cato es für seine Person vorzog, wenigstens in spätern Jahren, andere Geschäfte zu machen, die, wie er selbst sagte, nicht von Jupiter (nämlich durch schlechtes Wetter) verdorben werden konnten, und sogar auch Geld auf Zinsen zu leihen. Seine Jugend war noch in die Zeit der blühenden Agricultur gefallen, aber während seines langen Lebens trat ein vollständiger Umschwung in den Verhältnissen ein, der Ackerbau verfiel, Geldverkehr und Handel hoben sich bedeutend. Seine anerzogenen conservativen Sympathien für den Landbau waren ohne Zweifel groß, aber seine Liebe zum Gelde noch größer: und während er sonst nirgend der modernen Richtung die geringste Concession machen wollte, betheiligte er sich eifrig an kaufmännischen Geschäften und Spekulationen. Italien hatte damals schon aufgehört, ein vorzugsweise getreidebauendeö Land zu sein, das billige überseeische Korn, das namentlich aus Sicilien und Sardinien massenweise eingeführt ward, drückte das einheimische und ent- werthete eS in hohem Grade; Wein- und Oelbau und Weidewirthschast traten mehr und mehr an die Stelle der Weizenfelder, und größere Güter an Stelle der Bauernhöfe. Cato rieth den Ankauf von Gütern zu hundert Morgen (Preußisch). Die Oelpflanzung, die er beschreibt, hat 2i0 Morgen (Preußisch) und erfordert zur Bewirthschaftung dreizehn Knechte, drei Ochsen, drei Esel mit Packsätteln zum Düngertragen, noch einen Esel, hundert Schafe und ein nicht kleines Inventar; die Weinpflanzung hat hundext Morgen und erfordert außer dem Inventar sechzehn Knechte, zwei Ochsen und drei Esel. Nach der Höhe des Bodenzinses gibt er folgende Rangordnung der verschiedenen Arten der Nutzung, vorausgesetzt, daß man hundert Morgen bessern Bodens besitzt. Das Vortheilhafteste ist die Weincultur, wenn der Wein ergiebig ist, die zweite Stelle nimmt ein bewässerter Garten ein, die dritte eine Weidenpflanzung, die vierte eine Oelpflanzung, die fünfte Wiesen, die sechste Getreidebau, die siebente ein Forst zum Schlagen, die achte ein Baumgarten, die neunte eine Waldung mit eßbaren Früchten (Eicheln und Kastanien). Für den Gutkauf gibt Cato folgende Vorschriften. „Hegst du die Absicht ein Grundstück zu erwerben, so laß dich nicht von Kaufbegier bethören, spare keine Mühe es zu besehen, und laß es nicht genug sein, einmal hindurch¬ zugehen. So oft du gehn wirst, wird es dir jedes Wal mehr gefallen, wenn es gut ist. Beachte auch recht, ob bei den Nachbarn alles wohl im Stande ist, auf gutem Boden muß die Wirthschaft wohl im Stande sein; und daß eS gute Luft habe, nicht ungesund sei, daß eS in der Güte des Bodens, in seiner natürlichen Kraft seinen Werth habe. Kann es sein, so wähle eS am Fuße eines Berges, gegen Mittag schauend, wo die Luft heilkräftig ist; wo kein Mangel an Arbeitern ist , gute Tränke, eine wackere Stadt in der Nähe, oder das Meer oder ein Strom, auf dem Schiffe gehen, oder eine gute volkreiche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/142>, abgerufen am 01.10.2024.