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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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elektro-magnetischer Kraft bewegte Zeiger Stunde und Minute angeben, ihr
gegenüber auf der andern Seite eine Winduhr, die, .nachdem sie lange Zeit
ihren Dienst, die Bewegungen der Windstriche den Börsenbesuchern augensicht-
lich wiederzugeben, verweigert hatte, seit Anfang d. I. durch einen Mechaniker
veranlaßt worden ist, zu ihrer Pflicht zurückzukehren.

Die Hamburger Börsengemeinde ist sehr groß, ganz entsprechend dem um¬
fassenden Charakter des Hamburger Handels. Anderswo hat man
Getreidebörsen, Spiritusbörsen, Baumwollenbörsen oder Steinkohlenbörsen,
oder ist endlich gar daraus verfallen, den Handel mit Staatspapieren und
Actien ausschließlich als "Börse" zu bezeichnen. So klein denkt man aber in
Hamburg von diesem Begriff nicht; die Hamburger Börse ist der Ver¬
einigungspunkt aller Hamburger Geschäftszweige. Die Hamburger
Handelsmelt steht so ziemlich mit der ganzen civilisirten und uncivilisirten
Welt in Verbindung, sie sendet ihre Schiffe nach allen Weltgegenden und be¬
sitzt ihre kaufmännischen Kolonien in Nord - und Südamerika, in Afrika, Ost¬
indien, China und Australien. Hamburg hat ferner nicht blos einen oder
zwei Geschäftszweige, denen es seinen guten Namen verdankt, sondern "macht"
umfassend fast in allem, worin Handel zu machen ist. Holland hat vermöge
seiner Maatschappy die großen Kaffeeauctionen; aber Hamburg ist der erste
Platz für den Kaffeehandel und überaus wichtig für den ganzen sogenannten Colo-
nialhandel. Bremen hat die großen Tabakszusuhren, aber schon seit Jahren
steht Hamburg ihm in der Cigarrenfabrikation und im Cigarrengeschäft voll¬
kommen gleich. Hamburg hat ferner trotz England ein ungemein lebhaftes
Geschäft in Manufacturen, und, zur Beruhigung unserer deutschen Landsleute
sei es gesagt, zu reichlich zwei Drittheilen mit deutschen Manufacturen.
Hamburgs Rhederei steht jetzt keiner in Deutschland nach/) und auch sein
Getreidchandel hat außerordentlichen Umfang nicht blos durch die directen Zu¬
fuhren nach Hamburg, sondern auch durch die Leitung solcher aus fremden
nach fremden Häfen, wobei natürlich der Geldgewinn in Hamburg bleibt.
So.ist denn ferner sein großartiges Wechsel- und Assecuranzgeschäst. Nicht
blos fast aus dem ganzen nordwestlichen Deutschland, sondern zum großen
Theile auch aus 1)en skandinavischen Reichen, als deren commercielle Haupt¬
stadt Hamburg angesehen werden muß, werden hier die Wechsel dvmicilirt d. h.
zur Zahlung angewiesen. Das außerordentlich umfassende Assecuranzgeschäst
ist die Folge der vielhundertjährigen und weit ausgedehnten Handelsverbindungen;
selbst aus Frankreich und England werden hier nicht selten Assecuranzen ge-
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Ca vielfach vorkommendes Misivcrständniß hinsichtlich der Lastenzahl der ^ Hamburger
Schiffe findet vielleicht darin seine Erklärung, daß Hamburg die Last nach 6000 Pfd. rechnet,
während sie in Preußen nur 4000, in Bremen sogar noch darunter enthalt.
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elektro-magnetischer Kraft bewegte Zeiger Stunde und Minute angeben, ihr
gegenüber auf der andern Seite eine Winduhr, die, .nachdem sie lange Zeit
ihren Dienst, die Bewegungen der Windstriche den Börsenbesuchern augensicht-
lich wiederzugeben, verweigert hatte, seit Anfang d. I. durch einen Mechaniker
veranlaßt worden ist, zu ihrer Pflicht zurückzukehren.

Die Hamburger Börsengemeinde ist sehr groß, ganz entsprechend dem um¬
fassenden Charakter des Hamburger Handels. Anderswo hat man
Getreidebörsen, Spiritusbörsen, Baumwollenbörsen oder Steinkohlenbörsen,
oder ist endlich gar daraus verfallen, den Handel mit Staatspapieren und
Actien ausschließlich als „Börse" zu bezeichnen. So klein denkt man aber in
Hamburg von diesem Begriff nicht; die Hamburger Börse ist der Ver¬
einigungspunkt aller Hamburger Geschäftszweige. Die Hamburger
Handelsmelt steht so ziemlich mit der ganzen civilisirten und uncivilisirten
Welt in Verbindung, sie sendet ihre Schiffe nach allen Weltgegenden und be¬
sitzt ihre kaufmännischen Kolonien in Nord - und Südamerika, in Afrika, Ost¬
indien, China und Australien. Hamburg hat ferner nicht blos einen oder
zwei Geschäftszweige, denen es seinen guten Namen verdankt, sondern „macht"
umfassend fast in allem, worin Handel zu machen ist. Holland hat vermöge
seiner Maatschappy die großen Kaffeeauctionen; aber Hamburg ist der erste
Platz für den Kaffeehandel und überaus wichtig für den ganzen sogenannten Colo-
nialhandel. Bremen hat die großen Tabakszusuhren, aber schon seit Jahren
steht Hamburg ihm in der Cigarrenfabrikation und im Cigarrengeschäft voll¬
kommen gleich. Hamburg hat ferner trotz England ein ungemein lebhaftes
Geschäft in Manufacturen, und, zur Beruhigung unserer deutschen Landsleute
sei es gesagt, zu reichlich zwei Drittheilen mit deutschen Manufacturen.
Hamburgs Rhederei steht jetzt keiner in Deutschland nach/) und auch sein
Getreidchandel hat außerordentlichen Umfang nicht blos durch die directen Zu¬
fuhren nach Hamburg, sondern auch durch die Leitung solcher aus fremden
nach fremden Häfen, wobei natürlich der Geldgewinn in Hamburg bleibt.
So.ist denn ferner sein großartiges Wechsel- und Assecuranzgeschäst. Nicht
blos fast aus dem ganzen nordwestlichen Deutschland, sondern zum großen
Theile auch aus 1)en skandinavischen Reichen, als deren commercielle Haupt¬
stadt Hamburg angesehen werden muß, werden hier die Wechsel dvmicilirt d. h.
zur Zahlung angewiesen. Das außerordentlich umfassende Assecuranzgeschäst
ist die Folge der vielhundertjährigen und weit ausgedehnten Handelsverbindungen;
selbst aus Frankreich und England werden hier nicht selten Assecuranzen ge-
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Ca vielfach vorkommendes Misivcrständniß hinsichtlich der Lastenzahl der ^ Hamburger
Schiffe findet vielleicht darin seine Erklärung, daß Hamburg die Last nach 6000 Pfd. rechnet,
während sie in Preußen nur 4000, in Bremen sogar noch darunter enthalt.
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[0091] elektro-magnetischer Kraft bewegte Zeiger Stunde und Minute angeben, ihr gegenüber auf der andern Seite eine Winduhr, die, .nachdem sie lange Zeit ihren Dienst, die Bewegungen der Windstriche den Börsenbesuchern augensicht- lich wiederzugeben, verweigert hatte, seit Anfang d. I. durch einen Mechaniker veranlaßt worden ist, zu ihrer Pflicht zurückzukehren. Die Hamburger Börsengemeinde ist sehr groß, ganz entsprechend dem um¬ fassenden Charakter des Hamburger Handels. Anderswo hat man Getreidebörsen, Spiritusbörsen, Baumwollenbörsen oder Steinkohlenbörsen, oder ist endlich gar daraus verfallen, den Handel mit Staatspapieren und Actien ausschließlich als „Börse" zu bezeichnen. So klein denkt man aber in Hamburg von diesem Begriff nicht; die Hamburger Börse ist der Ver¬ einigungspunkt aller Hamburger Geschäftszweige. Die Hamburger Handelsmelt steht so ziemlich mit der ganzen civilisirten und uncivilisirten Welt in Verbindung, sie sendet ihre Schiffe nach allen Weltgegenden und be¬ sitzt ihre kaufmännischen Kolonien in Nord - und Südamerika, in Afrika, Ost¬ indien, China und Australien. Hamburg hat ferner nicht blos einen oder zwei Geschäftszweige, denen es seinen guten Namen verdankt, sondern „macht" umfassend fast in allem, worin Handel zu machen ist. Holland hat vermöge seiner Maatschappy die großen Kaffeeauctionen; aber Hamburg ist der erste Platz für den Kaffeehandel und überaus wichtig für den ganzen sogenannten Colo- nialhandel. Bremen hat die großen Tabakszusuhren, aber schon seit Jahren steht Hamburg ihm in der Cigarrenfabrikation und im Cigarrengeschäft voll¬ kommen gleich. Hamburg hat ferner trotz England ein ungemein lebhaftes Geschäft in Manufacturen, und, zur Beruhigung unserer deutschen Landsleute sei es gesagt, zu reichlich zwei Drittheilen mit deutschen Manufacturen. Hamburgs Rhederei steht jetzt keiner in Deutschland nach/) und auch sein Getreidchandel hat außerordentlichen Umfang nicht blos durch die directen Zu¬ fuhren nach Hamburg, sondern auch durch die Leitung solcher aus fremden nach fremden Häfen, wobei natürlich der Geldgewinn in Hamburg bleibt. So.ist denn ferner sein großartiges Wechsel- und Assecuranzgeschäst. Nicht blos fast aus dem ganzen nordwestlichen Deutschland, sondern zum großen Theile auch aus 1)en skandinavischen Reichen, als deren commercielle Haupt¬ stadt Hamburg angesehen werden muß, werden hier die Wechsel dvmicilirt d. h. zur Zahlung angewiesen. Das außerordentlich umfassende Assecuranzgeschäst ist die Folge der vielhundertjährigen und weit ausgedehnten Handelsverbindungen; selbst aus Frankreich und England werden hier nicht selten Assecuranzen ge- ''' Ca vielfach vorkommendes Misivcrständniß hinsichtlich der Lastenzahl der ^ Hamburger Schiffe findet vielleicht darin seine Erklärung, daß Hamburg die Last nach 6000 Pfd. rechnet, während sie in Preußen nur 4000, in Bremen sogar noch darunter enthalt. 11*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/91>, abgerufen am 28.07.2024.