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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Literatur gewährt habe.") In den Annalen von 1821 theilt er mit, daß ihn
Calderons "Aurora von Copacabara" und "die Tochter der Luft" glücklich ge¬
macht habe.!") ^-D^g ^se": Schauspiel erschien in diesem Jahre in Mals-
burgS Uebersetzung.)

Aus demselben Jahre rührt auch der Aufsatz "Calderons Tochter der
Lust" her.'") In einem Briefe vom 24. Juni 1822 vergleicht Goethe eine
Person im Roman "Gabriele" von Johanna Schopenhauer mit einem
Gracioso Calderons.^) Am 12. Mai 1825 äußerte Goethe gegen Eckermann,
daß Calderons Größe im Technischen und Theatralischen bestehe und am
23. December desselben Jahres, daß manches productive Talent an Calderon
zu Grunde gegangen sei?^) In einem Briefe an Zelter vom 6. Febr. 1827
spricht er noch seine Bewunderung für die Tochter der Lust aus.^) In einem
Gespräche mit Eckermann vom 28. März jenes Jahr meint er, daß sich über
Calderon, wie über Shakspeare, nicht Gutes genug sagen lasse.^) In einem
Briefe an Zelter vom 28. April 1829 schreibt Goethe, daß er "die Locken
Absalons" gelesen und bemerkt, daß, wie sich Poesie und Natur nie inniger,
als bei Shakspeare, so höchste Cultur und Poesie nie inniger, als bei Calderon
verbunden hätten.'^) Endlich erinnerte er sich noch am Is. Februar 1831 im
Gespräche mit Eckermann bei Gelegenheit der Darstellung Heinrichs III. von
Dumas, der Noth, welche eS ihm gemacht, den standhaften Prinzen auf die
Bühne zu bringen.^)

Es wäre ganz gegen Goethes Weise, wenn diese lebhafte Beschäftigung
mit Calderon ihn nicht zu einer Production angeregt hätte, um sich denselben
"vom Halse zu schaffen". Wie tief er auf ihn gewirkt, bezeugt nicht nur im
Allgemeinen das mehr als dreißigjährige, unaufhörliche Zurückkommen auf den¬
selben, sondern noch insbesondere manche der angeführten Stellen, in denen
er sich gradezu darüber erklärt. Und diesen vielfachen Beweisen seiner Theil¬
nahme gegenüber braucht man es nicht für einen der verschiedenen Irrthümer über
sich selbst, welche namentlich in den Gesprächen mit Eckermann vorkommen,
zu halten, wenn er an der ersten, unter 21) angeführten Stelle gegen diesen
fallen läßt, Calderon habe gar keinen Einfluß auf ihn gehabt; vielmehr darf
man diese Worte so verstehen, daß Calderons' Art kein bleibendes Moment











") Werke, B. 27, S. 381.
-°) Werke, B. 27, S. 389.
") Werke, B. 3ö, S. 434. ff.
2°) Briefe, herausg. v, Döring, S. 3i8.
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Von Mcrmann. Th. 1,
S. 2-18. 232. , ,
22) Briefe, herausg. v. Döring, S. 3g".
2") Cckermanns Gespräche. Th. 3, S. 136.
2"
) Briefe, herausg. v. Döring, S. 43i>.
2°) Eckermanns Gespräche, Th. 2, S. 27-1.

Literatur gewährt habe.") In den Annalen von 1821 theilt er mit, daß ihn
Calderons „Aurora von Copacabara" und „die Tochter der Luft" glücklich ge¬
macht habe.!«) ^-D^g ^se«: Schauspiel erschien in diesem Jahre in Mals-
burgS Uebersetzung.)

Aus demselben Jahre rührt auch der Aufsatz „Calderons Tochter der
Lust" her.'") In einem Briefe vom 24. Juni 1822 vergleicht Goethe eine
Person im Roman „Gabriele" von Johanna Schopenhauer mit einem
Gracioso Calderons.^) Am 12. Mai 1825 äußerte Goethe gegen Eckermann,
daß Calderons Größe im Technischen und Theatralischen bestehe und am
23. December desselben Jahres, daß manches productive Talent an Calderon
zu Grunde gegangen sei?^) In einem Briefe an Zelter vom 6. Febr. 1827
spricht er noch seine Bewunderung für die Tochter der Lust aus.^) In einem
Gespräche mit Eckermann vom 28. März jenes Jahr meint er, daß sich über
Calderon, wie über Shakspeare, nicht Gutes genug sagen lasse.^) In einem
Briefe an Zelter vom 28. April 1829 schreibt Goethe, daß er „die Locken
Absalons" gelesen und bemerkt, daß, wie sich Poesie und Natur nie inniger,
als bei Shakspeare, so höchste Cultur und Poesie nie inniger, als bei Calderon
verbunden hätten.'^) Endlich erinnerte er sich noch am Is. Februar 1831 im
Gespräche mit Eckermann bei Gelegenheit der Darstellung Heinrichs III. von
Dumas, der Noth, welche eS ihm gemacht, den standhaften Prinzen auf die
Bühne zu bringen.^)

Es wäre ganz gegen Goethes Weise, wenn diese lebhafte Beschäftigung
mit Calderon ihn nicht zu einer Production angeregt hätte, um sich denselben
„vom Halse zu schaffen". Wie tief er auf ihn gewirkt, bezeugt nicht nur im
Allgemeinen das mehr als dreißigjährige, unaufhörliche Zurückkommen auf den¬
selben, sondern noch insbesondere manche der angeführten Stellen, in denen
er sich gradezu darüber erklärt. Und diesen vielfachen Beweisen seiner Theil¬
nahme gegenüber braucht man es nicht für einen der verschiedenen Irrthümer über
sich selbst, welche namentlich in den Gesprächen mit Eckermann vorkommen,
zu halten, wenn er an der ersten, unter 21) angeführten Stelle gegen diesen
fallen läßt, Calderon habe gar keinen Einfluß auf ihn gehabt; vielmehr darf
man diese Worte so verstehen, daß Calderons' Art kein bleibendes Moment











") Werke, B. 27, S. 381.
-°) Werke, B. 27, S. 389.
") Werke, B. 3ö, S. 434. ff.
2°) Briefe, herausg. v, Döring, S. 3i8.
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Von Mcrmann. Th. 1,
S. 2-18. 232. , ,
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[0492] Literatur gewährt habe.") In den Annalen von 1821 theilt er mit, daß ihn Calderons „Aurora von Copacabara" und „die Tochter der Luft" glücklich ge¬ macht habe.!«) ^-D^g ^se«: Schauspiel erschien in diesem Jahre in Mals- burgS Uebersetzung.) Aus demselben Jahre rührt auch der Aufsatz „Calderons Tochter der Lust" her.'") In einem Briefe vom 24. Juni 1822 vergleicht Goethe eine Person im Roman „Gabriele" von Johanna Schopenhauer mit einem Gracioso Calderons.^) Am 12. Mai 1825 äußerte Goethe gegen Eckermann, daß Calderons Größe im Technischen und Theatralischen bestehe und am 23. December desselben Jahres, daß manches productive Talent an Calderon zu Grunde gegangen sei?^) In einem Briefe an Zelter vom 6. Febr. 1827 spricht er noch seine Bewunderung für die Tochter der Lust aus.^) In einem Gespräche mit Eckermann vom 28. März jenes Jahr meint er, daß sich über Calderon, wie über Shakspeare, nicht Gutes genug sagen lasse.^) In einem Briefe an Zelter vom 28. April 1829 schreibt Goethe, daß er „die Locken Absalons" gelesen und bemerkt, daß, wie sich Poesie und Natur nie inniger, als bei Shakspeare, so höchste Cultur und Poesie nie inniger, als bei Calderon verbunden hätten.'^) Endlich erinnerte er sich noch am Is. Februar 1831 im Gespräche mit Eckermann bei Gelegenheit der Darstellung Heinrichs III. von Dumas, der Noth, welche eS ihm gemacht, den standhaften Prinzen auf die Bühne zu bringen.^) Es wäre ganz gegen Goethes Weise, wenn diese lebhafte Beschäftigung mit Calderon ihn nicht zu einer Production angeregt hätte, um sich denselben „vom Halse zu schaffen". Wie tief er auf ihn gewirkt, bezeugt nicht nur im Allgemeinen das mehr als dreißigjährige, unaufhörliche Zurückkommen auf den¬ selben, sondern noch insbesondere manche der angeführten Stellen, in denen er sich gradezu darüber erklärt. Und diesen vielfachen Beweisen seiner Theil¬ nahme gegenüber braucht man es nicht für einen der verschiedenen Irrthümer über sich selbst, welche namentlich in den Gesprächen mit Eckermann vorkommen, zu halten, wenn er an der ersten, unter 21) angeführten Stelle gegen diesen fallen läßt, Calderon habe gar keinen Einfluß auf ihn gehabt; vielmehr darf man diese Worte so verstehen, daß Calderons' Art kein bleibendes Moment ") Werke, B. 27, S. 381. -°) Werke, B. 27, S. 389. ") Werke, B. 3ö, S. 434. ff. 2°) Briefe, herausg. v, Döring, S. 3i8. Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Von Mcrmann. Th. 1, S. 2-18. 232. , , 22) Briefe, herausg. v. Döring, S. 3g». 2") Cckermanns Gespräche. Th. 3, S. 136. 2» ) Briefe, herausg. v. Döring, S. 43i>. 2°) Eckermanns Gespräche, Th. 2, S. 27-1.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/492>, abgerufen am 01.09.2024.