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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Preußen und Oestreich.

Kriegerische und friedliche Träumereien über Vergangenes, Gegen¬
wärtiges und Zukünftiges. Von Pz. Leipzig, B. G. Teubner. 1857.

Halb erzählend, halb erörternd behandelt der Verfasser in diesen Träu¬
mereien- eine mannigfaltige Reihe von Fragen, die sich zwar sämmtlich auf die
Entwickelung Deutschlands beziehen, die aber sonst in keinem strengen Zusam¬
menhang zueinander stehen. Am ausführlichsten geht er auf die Militärver-
f"ssung ein. Wir überlassen jedoch die Beurtheilung seiner Wünsche und An¬
forderungen nach dieser Seite hin einem Mann von Fach und halten uns
an die eigentliche Politik, die ihm auch in der That am meisten am Herzen
liegt, denn seine militärischen Vorschläge würden nur dann Anwendung finden
können, wenn man gewisse politische Voraussetzungen zugibt.

Um uns auf dem Gebiet der ruhigen Discussion zu halten, lassen wir zu¬
nächst die Gefühle bei Seite, die ihn zum Theil in seinen Wünschen bestim¬
men. Er hat, wie er uns berichtet,. vor der Theilung Sachsens in der säch¬
sischen Armee gedient uno hat die Behandlung seines Vaterlandes durch den
wiener Congreß mit großer Bitterkeit empfunden. Diese Bitterkeit kann er
auch heute noch nicht verleugnen; wo er auf Preußen und Nußland zu spre¬
chen kommt, merkt man ihm an, daß er sich Gewalt anthun muß, um ruhig
zu bleiben. Man darf den Einfluß deS Gefühls auf die wirkliche Politik nicht
SU gering anschlagen, und wir, die wir die Stimmungen des Verfassers nicht
theilen, haben gegen den Ausdruck derselben nichts einzuwenden, so lange sie
ihn nicht zu unrichtigen Urtheilen verleiten. Aus einige Punkte, wo das Ge¬
fühl mit ihm durchgeht, werden wir später aufmerksam machen. Hier begnügen
wir uns damit, seine Stimmung zu constatiren, denn der Discussion gibt sie
keinen Raum. Dagegen gibt es einen neutralen Boden, aus dem wir uns
verständigen können, seine letzten Ideale stimmen mit den unsrigen überein, die
Abweichung bezieht sich nur auf die Art und Weise, wie dieselben verwirklicht
werden können. Herr Pz. will nämlich, daß Deutschland sich im Innern in
Keistigcr wie in materieller Beziehung selbstständig und kräftig entwickle und
Aaas außen hin eine geachtete Stellung einnehme.


Grenzboten. II. <8ö7. 6
Preußen und Oestreich.

Kriegerische und friedliche Träumereien über Vergangenes, Gegen¬
wärtiges und Zukünftiges. Von Pz. Leipzig, B. G. Teubner. 1857.

Halb erzählend, halb erörternd behandelt der Verfasser in diesen Träu¬
mereien- eine mannigfaltige Reihe von Fragen, die sich zwar sämmtlich auf die
Entwickelung Deutschlands beziehen, die aber sonst in keinem strengen Zusam¬
menhang zueinander stehen. Am ausführlichsten geht er auf die Militärver-
f"ssung ein. Wir überlassen jedoch die Beurtheilung seiner Wünsche und An¬
forderungen nach dieser Seite hin einem Mann von Fach und halten uns
an die eigentliche Politik, die ihm auch in der That am meisten am Herzen
liegt, denn seine militärischen Vorschläge würden nur dann Anwendung finden
können, wenn man gewisse politische Voraussetzungen zugibt.

Um uns auf dem Gebiet der ruhigen Discussion zu halten, lassen wir zu¬
nächst die Gefühle bei Seite, die ihn zum Theil in seinen Wünschen bestim¬
men. Er hat, wie er uns berichtet,. vor der Theilung Sachsens in der säch¬
sischen Armee gedient uno hat die Behandlung seines Vaterlandes durch den
wiener Congreß mit großer Bitterkeit empfunden. Diese Bitterkeit kann er
auch heute noch nicht verleugnen; wo er auf Preußen und Nußland zu spre¬
chen kommt, merkt man ihm an, daß er sich Gewalt anthun muß, um ruhig
zu bleiben. Man darf den Einfluß deS Gefühls auf die wirkliche Politik nicht
SU gering anschlagen, und wir, die wir die Stimmungen des Verfassers nicht
theilen, haben gegen den Ausdruck derselben nichts einzuwenden, so lange sie
ihn nicht zu unrichtigen Urtheilen verleiten. Aus einige Punkte, wo das Ge¬
fühl mit ihm durchgeht, werden wir später aufmerksam machen. Hier begnügen
wir uns damit, seine Stimmung zu constatiren, denn der Discussion gibt sie
keinen Raum. Dagegen gibt es einen neutralen Boden, aus dem wir uns
verständigen können, seine letzten Ideale stimmen mit den unsrigen überein, die
Abweichung bezieht sich nur auf die Art und Weise, wie dieselben verwirklicht
werden können. Herr Pz. will nämlich, daß Deutschland sich im Innern in
Keistigcr wie in materieller Beziehung selbstständig und kräftig entwickle und
Aaas außen hin eine geachtete Stellung einnehme.


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[0049] Preußen und Oestreich. Kriegerische und friedliche Träumereien über Vergangenes, Gegen¬ wärtiges und Zukünftiges. Von Pz. Leipzig, B. G. Teubner. 1857. Halb erzählend, halb erörternd behandelt der Verfasser in diesen Träu¬ mereien- eine mannigfaltige Reihe von Fragen, die sich zwar sämmtlich auf die Entwickelung Deutschlands beziehen, die aber sonst in keinem strengen Zusam¬ menhang zueinander stehen. Am ausführlichsten geht er auf die Militärver- f"ssung ein. Wir überlassen jedoch die Beurtheilung seiner Wünsche und An¬ forderungen nach dieser Seite hin einem Mann von Fach und halten uns an die eigentliche Politik, die ihm auch in der That am meisten am Herzen liegt, denn seine militärischen Vorschläge würden nur dann Anwendung finden können, wenn man gewisse politische Voraussetzungen zugibt. Um uns auf dem Gebiet der ruhigen Discussion zu halten, lassen wir zu¬ nächst die Gefühle bei Seite, die ihn zum Theil in seinen Wünschen bestim¬ men. Er hat, wie er uns berichtet,. vor der Theilung Sachsens in der säch¬ sischen Armee gedient uno hat die Behandlung seines Vaterlandes durch den wiener Congreß mit großer Bitterkeit empfunden. Diese Bitterkeit kann er auch heute noch nicht verleugnen; wo er auf Preußen und Nußland zu spre¬ chen kommt, merkt man ihm an, daß er sich Gewalt anthun muß, um ruhig zu bleiben. Man darf den Einfluß deS Gefühls auf die wirkliche Politik nicht SU gering anschlagen, und wir, die wir die Stimmungen des Verfassers nicht theilen, haben gegen den Ausdruck derselben nichts einzuwenden, so lange sie ihn nicht zu unrichtigen Urtheilen verleiten. Aus einige Punkte, wo das Ge¬ fühl mit ihm durchgeht, werden wir später aufmerksam machen. Hier begnügen wir uns damit, seine Stimmung zu constatiren, denn der Discussion gibt sie keinen Raum. Dagegen gibt es einen neutralen Boden, aus dem wir uns verständigen können, seine letzten Ideale stimmen mit den unsrigen überein, die Abweichung bezieht sich nur auf die Art und Weise, wie dieselben verwirklicht werden können. Herr Pz. will nämlich, daß Deutschland sich im Innern in Keistigcr wie in materieller Beziehung selbstständig und kräftig entwickle und Aaas außen hin eine geachtete Stellung einnehme. Grenzboten. II. <8ö7. 6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/49>, abgerufen am 28.07.2024.