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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Verwendung von Capitalien, als deren Befruchtung durch eigene Thätigkeit.
In einer Zeit, wo der Disconto (der kaufmännische Zinsfuß) eine vorher nicht
gekannte Höhe permanent erreicht hat, wo also der kleine Gewerbsmann noch
ganz andere Procente bezahlen muß, ist es .zudem baarer Unsinn zu sagen,
man habe diesen Leuten einen besondern Gefallen gethan, ihre Gelder in
Actienzeichnungen entgegenzunehmen, um ihnen dafür gelegentliche Divi¬
denden, wenn es solche gibt, zu ertheilen. Ja man kann umgekehrt diesen
unerträglichen Zinsfuß theilweise als Folge dieser so vielfach in dem reellen
Geschäftsbetrieb entbehrten Capitalien ansehen.

Und nun die andere Seite: die Verwendung der aus diese Weise zu¬
sammengebrachten Capitalien. Wir haben schon oben das Allgemeine in
dieser Beziehung angeführt; hier müssen wir etwas genauer darauf ein¬
gehen, und wollen zu diesem Behuf einen Paragraphen aus einem deutschen
Institut dieser Art, noch lange nicht dem bedenklichsten darunter, abschreiben.
Im dz. 13. der allgemeinen deutschen Creditanstalt zu Leipzig heißt es: "Die
Bank ist befugt, industrielle und andere Unternehmungen für eigne Rechnung
zu begründen und zu betreiben, sich bei bestehenden oder neuentstehenden zu
betheiligen, bei deren Verwaltung mitzuwirken oder sie ganz zu übernehmen,
die Bildung von Gesellschaften zu vermitteln und den Debit der von letztern
auszugebenden Actien und Obligationen unter Beobachtung der gesetzlichen
Vorschriften zu übernehmen." Diese und ähnliche Vorschriften der Credits-Wo-
bilier sagen im Grunde weiter nichts, als daß sie Geschäfte machen wollen,
wie und wo es immer geht, zugleich mit der Intelligenz des einzelnen Kaufmanns
und der Macht eines Geldinstituts. Da fragt es sich denn zunächst, ist eine
solche Vereinigung möglich? Wir wollen diese Frage mit einem Auszug aus
einem vor längerer Zeit über diesen Gegenstand von uns veröffentlichten Auf¬
satze beantworten:

"Man kann von vornherein annehmen, daß gut geleitete und gut ren-
tirende Unternehmungen, namentlich solche, die in Privatbauten sind, der
Stütze solcher Gesellschaften nicht bedürfen; sie haben gar kein Interesse, die
Leitung und die Einnahmen mit andern zu theilen. Wenigstens kann ma"
das als die Regel annehmen. Was bleibt, ist also das mehr oder minder Zweifel'
hafte, daS, was im regelmäßigen Verlauf der Dinge nicht entstehen oder bestehe"
könnte. Die Credit-Mobilicrgesellschaften werden die Actien von solchen Unter¬
nehmungen je nach dem Preise des zu laufenden Risikos an sich kaufen N"
sie damit in den Bereich ihrer Spekulationen ziehen, dem Börsenspiel al>o ein
neues Feld eröffnen. Es liegt "4is der Haro, welche Vortheile durch en^
geschickte Leitung deS Actienhandels mit all diesen verschiedenen Papieren M
erzielen lassen. Erst in zweiter Linie steht die^ Leitung deS Betriebs der sonstt-
gen "industriellen und andern Unternehmungen". Vom rein geschäftliche"


Verwendung von Capitalien, als deren Befruchtung durch eigene Thätigkeit.
In einer Zeit, wo der Disconto (der kaufmännische Zinsfuß) eine vorher nicht
gekannte Höhe permanent erreicht hat, wo also der kleine Gewerbsmann noch
ganz andere Procente bezahlen muß, ist es .zudem baarer Unsinn zu sagen,
man habe diesen Leuten einen besondern Gefallen gethan, ihre Gelder in
Actienzeichnungen entgegenzunehmen, um ihnen dafür gelegentliche Divi¬
denden, wenn es solche gibt, zu ertheilen. Ja man kann umgekehrt diesen
unerträglichen Zinsfuß theilweise als Folge dieser so vielfach in dem reellen
Geschäftsbetrieb entbehrten Capitalien ansehen.

Und nun die andere Seite: die Verwendung der aus diese Weise zu¬
sammengebrachten Capitalien. Wir haben schon oben das Allgemeine in
dieser Beziehung angeführt; hier müssen wir etwas genauer darauf ein¬
gehen, und wollen zu diesem Behuf einen Paragraphen aus einem deutschen
Institut dieser Art, noch lange nicht dem bedenklichsten darunter, abschreiben.
Im dz. 13. der allgemeinen deutschen Creditanstalt zu Leipzig heißt es: „Die
Bank ist befugt, industrielle und andere Unternehmungen für eigne Rechnung
zu begründen und zu betreiben, sich bei bestehenden oder neuentstehenden zu
betheiligen, bei deren Verwaltung mitzuwirken oder sie ganz zu übernehmen,
die Bildung von Gesellschaften zu vermitteln und den Debit der von letztern
auszugebenden Actien und Obligationen unter Beobachtung der gesetzlichen
Vorschriften zu übernehmen." Diese und ähnliche Vorschriften der Credits-Wo-
bilier sagen im Grunde weiter nichts, als daß sie Geschäfte machen wollen,
wie und wo es immer geht, zugleich mit der Intelligenz des einzelnen Kaufmanns
und der Macht eines Geldinstituts. Da fragt es sich denn zunächst, ist eine
solche Vereinigung möglich? Wir wollen diese Frage mit einem Auszug aus
einem vor längerer Zeit über diesen Gegenstand von uns veröffentlichten Auf¬
satze beantworten:

„Man kann von vornherein annehmen, daß gut geleitete und gut ren-
tirende Unternehmungen, namentlich solche, die in Privatbauten sind, der
Stütze solcher Gesellschaften nicht bedürfen; sie haben gar kein Interesse, die
Leitung und die Einnahmen mit andern zu theilen. Wenigstens kann ma»
das als die Regel annehmen. Was bleibt, ist also das mehr oder minder Zweifel'
hafte, daS, was im regelmäßigen Verlauf der Dinge nicht entstehen oder bestehe"
könnte. Die Credit-Mobilicrgesellschaften werden die Actien von solchen Unter¬
nehmungen je nach dem Preise des zu laufenden Risikos an sich kaufen N"
sie damit in den Bereich ihrer Spekulationen ziehen, dem Börsenspiel al>o ein
neues Feld eröffnen. Es liegt «4is der Haro, welche Vortheile durch en^
geschickte Leitung deS Actienhandels mit all diesen verschiedenen Papieren M
erzielen lassen. Erst in zweiter Linie steht die^ Leitung deS Betriebs der sonstt-
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[0416] Verwendung von Capitalien, als deren Befruchtung durch eigene Thätigkeit. In einer Zeit, wo der Disconto (der kaufmännische Zinsfuß) eine vorher nicht gekannte Höhe permanent erreicht hat, wo also der kleine Gewerbsmann noch ganz andere Procente bezahlen muß, ist es .zudem baarer Unsinn zu sagen, man habe diesen Leuten einen besondern Gefallen gethan, ihre Gelder in Actienzeichnungen entgegenzunehmen, um ihnen dafür gelegentliche Divi¬ denden, wenn es solche gibt, zu ertheilen. Ja man kann umgekehrt diesen unerträglichen Zinsfuß theilweise als Folge dieser so vielfach in dem reellen Geschäftsbetrieb entbehrten Capitalien ansehen. Und nun die andere Seite: die Verwendung der aus diese Weise zu¬ sammengebrachten Capitalien. Wir haben schon oben das Allgemeine in dieser Beziehung angeführt; hier müssen wir etwas genauer darauf ein¬ gehen, und wollen zu diesem Behuf einen Paragraphen aus einem deutschen Institut dieser Art, noch lange nicht dem bedenklichsten darunter, abschreiben. Im dz. 13. der allgemeinen deutschen Creditanstalt zu Leipzig heißt es: „Die Bank ist befugt, industrielle und andere Unternehmungen für eigne Rechnung zu begründen und zu betreiben, sich bei bestehenden oder neuentstehenden zu betheiligen, bei deren Verwaltung mitzuwirken oder sie ganz zu übernehmen, die Bildung von Gesellschaften zu vermitteln und den Debit der von letztern auszugebenden Actien und Obligationen unter Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften zu übernehmen." Diese und ähnliche Vorschriften der Credits-Wo- bilier sagen im Grunde weiter nichts, als daß sie Geschäfte machen wollen, wie und wo es immer geht, zugleich mit der Intelligenz des einzelnen Kaufmanns und der Macht eines Geldinstituts. Da fragt es sich denn zunächst, ist eine solche Vereinigung möglich? Wir wollen diese Frage mit einem Auszug aus einem vor längerer Zeit über diesen Gegenstand von uns veröffentlichten Auf¬ satze beantworten: „Man kann von vornherein annehmen, daß gut geleitete und gut ren- tirende Unternehmungen, namentlich solche, die in Privatbauten sind, der Stütze solcher Gesellschaften nicht bedürfen; sie haben gar kein Interesse, die Leitung und die Einnahmen mit andern zu theilen. Wenigstens kann ma» das als die Regel annehmen. Was bleibt, ist also das mehr oder minder Zweifel' hafte, daS, was im regelmäßigen Verlauf der Dinge nicht entstehen oder bestehe" könnte. Die Credit-Mobilicrgesellschaften werden die Actien von solchen Unter¬ nehmungen je nach dem Preise des zu laufenden Risikos an sich kaufen N" sie damit in den Bereich ihrer Spekulationen ziehen, dem Börsenspiel al>o ein neues Feld eröffnen. Es liegt «4is der Haro, welche Vortheile durch en^ geschickte Leitung deS Actienhandels mit all diesen verschiedenen Papieren M erzielen lassen. Erst in zweiter Linie steht die^ Leitung deS Betriebs der sonstt- gen „industriellen und andern Unternehmungen". Vom rein geschäftliche"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/416>, abgerufen am 28.07.2024.