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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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werden, einmal von denen, welche an der Gründung und den Vortheilen der
Credit-Mobiliers Theil genommen, sodann von denen, welche deren allgemein
wirthschaftliche Einflüsse zunächst im Auge haben. Beide Antworten, so ver¬
schieden sie auch wahrscheinlich lauten werden, haben doch das gemeinsam,
daß ihnen diejenige Bestimmtheit abgeht, die zur vollständigen Aufklärung
erforderlich wäre. Beginnen wir mit den Gönnern der Credit- Mobiliers.
Dieselben, sagen sie, sollen eine neue Phase in der wirthschaftlichen Entwick¬
lung der Völker eröffnen, indem sie Capitalien ansammeln, um dem Unter¬
nehmungsgeist", wo er aus Mangel derselben sich nicht entfalten kann, helfend
beizuspringen. Wir gründen also Banken, geben Actien aus, eröffnen und
gewähren Credite, kaufen industrielle Etablissements und beseitigen dadurch
gründlich die bisherigen Mängel. Hier sind nun einige Vorfragen erlaubt.
Zugegeben, daß der Unternehmungsgeist in einzelnen Fällen der Capitalien
entbehrte, hat sich derselbe im Ganzen und Großen nicht entfalten können-?
Waren ausgedehnte industrielle und andere Etablissements vor Erfindung der
Credit-Mobiliers eine solche Seltenheit, um nun der hydraulische" Presse der
durch sie angesammelten Capitalien zu bedürfen? Wie behelfen sich denn Eng¬
länder und Nordamerikaner, hinter deren wirthschaftlicher Entwicklung der
europäische Continent gewaltig zurücksteht, ohne sie? Es ist dies zwar eine
sehr einfache, aber eine Betrachtung, die den Werth des für die Credits-Mobiliers
vorangestellten Satzes sofort fraglich macht. In der That, in unserer nach
Geldgewinn so gierigen Zeit wäre es eine Art Wunder, falls irgend ein Eta¬
blissement, das Zinsen und Geldvortheile verheißt, sich nicht einen Fond dazu
verschaffen könnte. Und die andern, die ohne Aussicht auf Zinsen und Ge¬
winn? Es wäre Verschwendung, diesen Fonds zu gewähren, höchstens daß
es jedem freisteht, mit seinem eigenen Gelde seinen eigenen Irrthum zu be¬
zahlen. Dieser Vorfrage entspricht denn auch die Nachfrage nach den bisher
erlangten Resultaten. Was haben die Credit-Mobiliers für die Industrie ge¬
leistet? Haben sie neue Unternehmungen befördert, haben sie der industriellen
Entwicklung des Comments einen neuen Aufschwung verliehen? Sie haben
Anleihen gewährt, wie sie ein gesundes Etablissement auch sonst erhalten hätte,
sie haben alte Unternehmungen, die nicht mehr recht fort wollten, an¬
gekauft, außerdem aber nur ein über alle Begriffe verwegenes Actienspiel
befördert. Wir wollen einen Schritt weiter gehen, und behaupten, was
eigentlich noch gar niemand in Abrede hat stellen können, daß die ungezählten
durch die Credit-Mobiliers in Anspruch genommenen Capitalien, wären sie in
Privatbauten geblieben, unendlich viel segensreicher für die industrielle Ent¬
wicklung gewirkt hätten. Auch der Nutzen der Vereinigung von Kräften hat
seine Grenzen. Wie ein Feldherr sich nur selbst Verlegenheiten bereitet, falls
er erst ein Heer von hunderttausend Mann zusammenhaben will, wo er im


werden, einmal von denen, welche an der Gründung und den Vortheilen der
Credit-Mobiliers Theil genommen, sodann von denen, welche deren allgemein
wirthschaftliche Einflüsse zunächst im Auge haben. Beide Antworten, so ver¬
schieden sie auch wahrscheinlich lauten werden, haben doch das gemeinsam,
daß ihnen diejenige Bestimmtheit abgeht, die zur vollständigen Aufklärung
erforderlich wäre. Beginnen wir mit den Gönnern der Credit- Mobiliers.
Dieselben, sagen sie, sollen eine neue Phase in der wirthschaftlichen Entwick¬
lung der Völker eröffnen, indem sie Capitalien ansammeln, um dem Unter¬
nehmungsgeist«, wo er aus Mangel derselben sich nicht entfalten kann, helfend
beizuspringen. Wir gründen also Banken, geben Actien aus, eröffnen und
gewähren Credite, kaufen industrielle Etablissements und beseitigen dadurch
gründlich die bisherigen Mängel. Hier sind nun einige Vorfragen erlaubt.
Zugegeben, daß der Unternehmungsgeist in einzelnen Fällen der Capitalien
entbehrte, hat sich derselbe im Ganzen und Großen nicht entfalten können-?
Waren ausgedehnte industrielle und andere Etablissements vor Erfindung der
Credit-Mobiliers eine solche Seltenheit, um nun der hydraulische» Presse der
durch sie angesammelten Capitalien zu bedürfen? Wie behelfen sich denn Eng¬
länder und Nordamerikaner, hinter deren wirthschaftlicher Entwicklung der
europäische Continent gewaltig zurücksteht, ohne sie? Es ist dies zwar eine
sehr einfache, aber eine Betrachtung, die den Werth des für die Credits-Mobiliers
vorangestellten Satzes sofort fraglich macht. In der That, in unserer nach
Geldgewinn so gierigen Zeit wäre es eine Art Wunder, falls irgend ein Eta¬
blissement, das Zinsen und Geldvortheile verheißt, sich nicht einen Fond dazu
verschaffen könnte. Und die andern, die ohne Aussicht auf Zinsen und Ge¬
winn? Es wäre Verschwendung, diesen Fonds zu gewähren, höchstens daß
es jedem freisteht, mit seinem eigenen Gelde seinen eigenen Irrthum zu be¬
zahlen. Dieser Vorfrage entspricht denn auch die Nachfrage nach den bisher
erlangten Resultaten. Was haben die Credit-Mobiliers für die Industrie ge¬
leistet? Haben sie neue Unternehmungen befördert, haben sie der industriellen
Entwicklung des Comments einen neuen Aufschwung verliehen? Sie haben
Anleihen gewährt, wie sie ein gesundes Etablissement auch sonst erhalten hätte,
sie haben alte Unternehmungen, die nicht mehr recht fort wollten, an¬
gekauft, außerdem aber nur ein über alle Begriffe verwegenes Actienspiel
befördert. Wir wollen einen Schritt weiter gehen, und behaupten, was
eigentlich noch gar niemand in Abrede hat stellen können, daß die ungezählten
durch die Credit-Mobiliers in Anspruch genommenen Capitalien, wären sie in
Privatbauten geblieben, unendlich viel segensreicher für die industrielle Ent¬
wicklung gewirkt hätten. Auch der Nutzen der Vereinigung von Kräften hat
seine Grenzen. Wie ein Feldherr sich nur selbst Verlegenheiten bereitet, falls
er erst ein Heer von hunderttausend Mann zusammenhaben will, wo er im


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/413>, abgerufen am 28.07.2024.