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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Dänemark sein muß. In dem Minister des Innern, Krieger, erblicken wir
einen jungen Professor der Rechtsgelehrsamkeit, der als enthusiastischer Eider-
däne seine Carriere gemacht hat und jetzt die bedeutendste Erscheinung im Cabinet
bildet. Demokrat vom reinsten Wasser, verfolgte er mit bitterstem Haß den
Bureaukraten Scheel,.der hinwiederum den Novizen in Staatsaffairen gründ¬
lichst verachtete, ihm aber doch die Redaction der Noten an die deutschen
Großmächte überlassen mußte. Wolfhagen, der Minister für Schleswig, war
vor acht Jahren Volontair in der Kanzlei, dann Amtmann in Flensburg;
jetzt Excellenz gleich seinen Collegen, bewährt er sich, nach Weise von Orla
Lehmann, als Sohn, eines Deutschen, wie der fanatischste Däne. Der Mi¬
nister für Holstein-Lauenburg und zugleich Minister des Innern für den Ge-
sammtstaat, Unsgaard, ist die gutmüthigste Natur von der Welt, war lange
Mitglied der Nentekammer, darauf Amtmann in Odense, spricht keine Silbe
Deutsch und kennt, von den Gesetzen und Einrichtungen der Herzogthümer
nicht das Mindeste. Der Kriegsminister war vor kurzem noch Lieutenant, mag
sein Fach verstehen, der Marineminister, Michelsen, dagegen dürfte nie daran ge¬
dacht haben, am Ministertische zu sitzen, noch weniger die auswärtigen Affairen
zu leiten; er war Marinedepotverwalter! --

Wohin nun das dänische Schiff mit diesen Steuerleuten fährt, und ob
nicht "der Freund des Königs" Scheel wieder das Commando erhält, wird die
nächste Zukunft lehren. Den Herzogtümern aber muß der Muth wachsen
bei solchen Staatsmännern, und auf ihr gutes Recht vertrauend können sie
getrost offenen Nisirs dem Kampf entgegengehen.




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Aus dem Gebiete des heutige" Geldwesens.
1. Credit-Mobilier.

Was ist ein-Credit-Mobilier? Nachgrade sollte man eS doch
eigentlich wissen; denn man besitzt deren bereits die Hülle und Fülle, v"r
allem in Deutschland, wenn sie auch alle zusammen nicht von der Bedeutung
sind, wie das große französische Musterbild, für dessen diesjährigen Rechen¬
schaftsbericht die gefällige Aufmerksamkeit der Leser noch in Anspruch genommen
werden soll. Dagegen besitzt England kein solches Institut und ebensowenig
Nordamerika, was möglicherweise nächstens von deutschen Korrespondenten w
London als Zeichen für das Zurückbleiben der anglo-sächsischen Race verkündet
werden wird. ^

Die Frage, die wir obenan gestellt haben, kann doppelt beantwortet


Dänemark sein muß. In dem Minister des Innern, Krieger, erblicken wir
einen jungen Professor der Rechtsgelehrsamkeit, der als enthusiastischer Eider-
däne seine Carriere gemacht hat und jetzt die bedeutendste Erscheinung im Cabinet
bildet. Demokrat vom reinsten Wasser, verfolgte er mit bitterstem Haß den
Bureaukraten Scheel,.der hinwiederum den Novizen in Staatsaffairen gründ¬
lichst verachtete, ihm aber doch die Redaction der Noten an die deutschen
Großmächte überlassen mußte. Wolfhagen, der Minister für Schleswig, war
vor acht Jahren Volontair in der Kanzlei, dann Amtmann in Flensburg;
jetzt Excellenz gleich seinen Collegen, bewährt er sich, nach Weise von Orla
Lehmann, als Sohn, eines Deutschen, wie der fanatischste Däne. Der Mi¬
nister für Holstein-Lauenburg und zugleich Minister des Innern für den Ge-
sammtstaat, Unsgaard, ist die gutmüthigste Natur von der Welt, war lange
Mitglied der Nentekammer, darauf Amtmann in Odense, spricht keine Silbe
Deutsch und kennt, von den Gesetzen und Einrichtungen der Herzogthümer
nicht das Mindeste. Der Kriegsminister war vor kurzem noch Lieutenant, mag
sein Fach verstehen, der Marineminister, Michelsen, dagegen dürfte nie daran ge¬
dacht haben, am Ministertische zu sitzen, noch weniger die auswärtigen Affairen
zu leiten; er war Marinedepotverwalter! —

Wohin nun das dänische Schiff mit diesen Steuerleuten fährt, und ob
nicht „der Freund des Königs" Scheel wieder das Commando erhält, wird die
nächste Zukunft lehren. Den Herzogtümern aber muß der Muth wachsen
bei solchen Staatsmännern, und auf ihr gutes Recht vertrauend können sie
getrost offenen Nisirs dem Kampf entgegengehen.




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Aus dem Gebiete des heutige» Geldwesens.
1. Credit-Mobilier.

Was ist ein-Credit-Mobilier? Nachgrade sollte man eS doch
eigentlich wissen; denn man besitzt deren bereits die Hülle und Fülle, v»r
allem in Deutschland, wenn sie auch alle zusammen nicht von der Bedeutung
sind, wie das große französische Musterbild, für dessen diesjährigen Rechen¬
schaftsbericht die gefällige Aufmerksamkeit der Leser noch in Anspruch genommen
werden soll. Dagegen besitzt England kein solches Institut und ebensowenig
Nordamerika, was möglicherweise nächstens von deutschen Korrespondenten w
London als Zeichen für das Zurückbleiben der anglo-sächsischen Race verkündet
werden wird. ^

Die Frage, die wir obenan gestellt haben, kann doppelt beantwortet


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[0412] Dänemark sein muß. In dem Minister des Innern, Krieger, erblicken wir einen jungen Professor der Rechtsgelehrsamkeit, der als enthusiastischer Eider- däne seine Carriere gemacht hat und jetzt die bedeutendste Erscheinung im Cabinet bildet. Demokrat vom reinsten Wasser, verfolgte er mit bitterstem Haß den Bureaukraten Scheel,.der hinwiederum den Novizen in Staatsaffairen gründ¬ lichst verachtete, ihm aber doch die Redaction der Noten an die deutschen Großmächte überlassen mußte. Wolfhagen, der Minister für Schleswig, war vor acht Jahren Volontair in der Kanzlei, dann Amtmann in Flensburg; jetzt Excellenz gleich seinen Collegen, bewährt er sich, nach Weise von Orla Lehmann, als Sohn, eines Deutschen, wie der fanatischste Däne. Der Mi¬ nister für Holstein-Lauenburg und zugleich Minister des Innern für den Ge- sammtstaat, Unsgaard, ist die gutmüthigste Natur von der Welt, war lange Mitglied der Nentekammer, darauf Amtmann in Odense, spricht keine Silbe Deutsch und kennt, von den Gesetzen und Einrichtungen der Herzogthümer nicht das Mindeste. Der Kriegsminister war vor kurzem noch Lieutenant, mag sein Fach verstehen, der Marineminister, Michelsen, dagegen dürfte nie daran ge¬ dacht haben, am Ministertische zu sitzen, noch weniger die auswärtigen Affairen zu leiten; er war Marinedepotverwalter! — Wohin nun das dänische Schiff mit diesen Steuerleuten fährt, und ob nicht „der Freund des Königs" Scheel wieder das Commando erhält, wird die nächste Zukunft lehren. Den Herzogtümern aber muß der Muth wachsen bei solchen Staatsmännern, und auf ihr gutes Recht vertrauend können sie getrost offenen Nisirs dem Kampf entgegengehen. '--» Aus dem Gebiete des heutige» Geldwesens. 1. Credit-Mobilier. Was ist ein-Credit-Mobilier? Nachgrade sollte man eS doch eigentlich wissen; denn man besitzt deren bereits die Hülle und Fülle, v»r allem in Deutschland, wenn sie auch alle zusammen nicht von der Bedeutung sind, wie das große französische Musterbild, für dessen diesjährigen Rechen¬ schaftsbericht die gefällige Aufmerksamkeit der Leser noch in Anspruch genommen werden soll. Dagegen besitzt England kein solches Institut und ebensowenig Nordamerika, was möglicherweise nächstens von deutschen Korrespondenten w London als Zeichen für das Zurückbleiben der anglo-sächsischen Race verkündet werden wird. ^ Die Frage, die wir obenan gestellt haben, kann doppelt beantwortet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/412>, abgerufen am 28.07.2024.