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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Jahre als Offizier in dieser Anstalt verblieben, kam er als Ingenieur nach Riga
und im Jahre 1838 als Sappeurlieutenant ins Lager der Grenadiere nach Düna-
burg. Später gelangte er ins Musterbataillon der Savpeure nach Zarskoc-Scio.
General Schilder verwendete den jungen Offizier zur Ausarbeitung von Plänen
zur Vertheidigung wie zum Angriffe von Festungen, und ließ ihn auch praktisch
am Festungsbau Theil nehmen. Großfürst Michael schickte ihn im Jahre 1844
nach Kiew, um Mineurarbeitcn vorzunehmen, und 1848 wurde er als zweiter Kapi¬
tän nach dem Kaukasus geschickt, an der Expedition daselbst Theil zu nehmen. Er
arbeitete mit Erfolg an der Belagerung von Ghcrgebil und sah sich nach Weg¬
nahme dieser Festung zum ersten Kapitän ernannt. Später kämpfte er noch vor
zwei anderen Festungen. Im Jahre 1834 wurde er als Adjutant Schilders nach
Warschau berufen, und trat 1837 zu den Gardcingenieuren über, wo er an ver¬
schiedenen Festungsplänen arbeitete und zugleich die Uebungen der Savpeure in
Peterhos leitete, welchen Nikolaus oft in Person beiwohnte. Im Jahre 1834
Oberstlieutenant wurde er auf Verlangen Schilders, der an der Donau das Genie
befehligte, zur Armee > geschickt und führte die Belagerungsarbeiten vor Silistria
aus. 1834 sandte Gortschakow aus eigner Machtvollkommenheit Tottleben nach
der Krim zum Fürsten Mentschikvw und empfahl ihn aufs wärmste. Tottleben blieb
einige Zeit ohne officielle Anstellung in Sebastvpol und beschäftigte sich einstweilen
mit emsigen Studium des Terrains, was ihm später so gute Dienste leisten sollte.
Er verband sich aufs innigste mit den Admiralen Nachimvw, Kvrnilew und Jsta-
mine, welche den Alliirten einen so heftigen Widerstand entgegensetzten. Mentschikow
übertrug ihm die Bcsestigungsarbeit, und wenn man bedenkt, daß nach aller
Zeugnisse noch gar nichts gegen die unerwartete Belagerung geschehen war, so
kann ^man sich einen Begriff von der Leistung Tottlebens aus den Ergebnissen
machen, die er in verhältmßmaßig kurzer Zeit erzielt hat. Nikolaus ernannte Tott¬
leben allmälig zum Obersten, zu seinem Adjutanten, zum General seines Militär¬
hauses und endlich zu seinem Gcneraladjutanten. Nach der Einnahme des südlichen
Theils von Sebastvpol wurde Tvttlebeu zuerst mit Befestigung von Nikolajew und
später bei den Fcstungsarbeiten in Kronstäbe beschäftigt.




Literatur.
Vermischte Literatur.

-- i." viiovslivr 8"rU ,,-ir r. 8"nao. i>"ris, SsoK-le"
s co. 1837. -- Wie groß der Einfluß ist, den die deutsche Dichtkunst und Phi¬
losophie mittelbar aus die romantische Schule in Frankreich ausgeübt hat, wird
niemand verkennen, der sich auch nur oberflächlich mit der letztern beschäftigt hat.
Indeß sind es nicht die Führer der deutschen Romantik, welche sich die Franzose"
zum Muster genommen haben, sondern die jüngern Dichter, die von den Ideen
Tiecks und Schlegels angeregt, die neugewonnene Form aus concrete Gegenstände
übertrugen und nicht blos für die ausgewählten Cirkel der Wissenden, sondern für


Jahre als Offizier in dieser Anstalt verblieben, kam er als Ingenieur nach Riga
und im Jahre 1838 als Sappeurlieutenant ins Lager der Grenadiere nach Düna-
burg. Später gelangte er ins Musterbataillon der Savpeure nach Zarskoc-Scio.
General Schilder verwendete den jungen Offizier zur Ausarbeitung von Plänen
zur Vertheidigung wie zum Angriffe von Festungen, und ließ ihn auch praktisch
am Festungsbau Theil nehmen. Großfürst Michael schickte ihn im Jahre 1844
nach Kiew, um Mineurarbeitcn vorzunehmen, und 1848 wurde er als zweiter Kapi¬
tän nach dem Kaukasus geschickt, an der Expedition daselbst Theil zu nehmen. Er
arbeitete mit Erfolg an der Belagerung von Ghcrgebil und sah sich nach Weg¬
nahme dieser Festung zum ersten Kapitän ernannt. Später kämpfte er noch vor
zwei anderen Festungen. Im Jahre 1834 wurde er als Adjutant Schilders nach
Warschau berufen, und trat 1837 zu den Gardcingenieuren über, wo er an ver¬
schiedenen Festungsplänen arbeitete und zugleich die Uebungen der Savpeure in
Peterhos leitete, welchen Nikolaus oft in Person beiwohnte. Im Jahre 1834
Oberstlieutenant wurde er auf Verlangen Schilders, der an der Donau das Genie
befehligte, zur Armee > geschickt und führte die Belagerungsarbeiten vor Silistria
aus. 1834 sandte Gortschakow aus eigner Machtvollkommenheit Tottleben nach
der Krim zum Fürsten Mentschikvw und empfahl ihn aufs wärmste. Tottleben blieb
einige Zeit ohne officielle Anstellung in Sebastvpol und beschäftigte sich einstweilen
mit emsigen Studium des Terrains, was ihm später so gute Dienste leisten sollte.
Er verband sich aufs innigste mit den Admiralen Nachimvw, Kvrnilew und Jsta-
mine, welche den Alliirten einen so heftigen Widerstand entgegensetzten. Mentschikow
übertrug ihm die Bcsestigungsarbeit, und wenn man bedenkt, daß nach aller
Zeugnisse noch gar nichts gegen die unerwartete Belagerung geschehen war, so
kann ^man sich einen Begriff von der Leistung Tottlebens aus den Ergebnissen
machen, die er in verhältmßmaßig kurzer Zeit erzielt hat. Nikolaus ernannte Tott¬
leben allmälig zum Obersten, zu seinem Adjutanten, zum General seines Militär¬
hauses und endlich zu seinem Gcneraladjutanten. Nach der Einnahme des südlichen
Theils von Sebastvpol wurde Tvttlebeu zuerst mit Befestigung von Nikolajew und
später bei den Fcstungsarbeiten in Kronstäbe beschäftigt.




Literatur.
Vermischte Literatur.

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s co. 1837. — Wie groß der Einfluß ist, den die deutsche Dichtkunst und Phi¬
losophie mittelbar aus die romantische Schule in Frankreich ausgeübt hat, wird
niemand verkennen, der sich auch nur oberflächlich mit der letztern beschäftigt hat.
Indeß sind es nicht die Führer der deutschen Romantik, welche sich die Franzose»
zum Muster genommen haben, sondern die jüngern Dichter, die von den Ideen
Tiecks und Schlegels angeregt, die neugewonnene Form aus concrete Gegenstände
übertrugen und nicht blos für die ausgewählten Cirkel der Wissenden, sondern für


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/364>, abgerufen am 01.09.2024.