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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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°se in ihren urkundlich echten Worten laut werden. Die folgenden Proben,
bei denen wir nur die Citate weglassen, werden zeigen, wie der Versasser, dem
wir zu den von ihm verheißenen ähnlichen Arbeiten den besten Erfolg wün¬
schen, den Gegenstand behandelt. Wir wählen als besonders interessant für
d^ jetzige Jahreszeit einige Beispiele aus dem, was das Buch über die Mai¬
seier in der Schweiz mittheilt.

"Die Frühlingsfeier sammt unsrer Feier der Winter- und Sommersonnen¬
wende entspricht den drei Jahreszeiten, nach denen der Deutsche schon seit
dem taciteischen Berichte hierüber sein Jahr einzutheilen pflegte. Gott Donar
"is Frühlingsgott zog dann nach dem Glauben des Volkes mit Macht ins
Land herein. Wo heute noch Spuren solcher Bräuche übrig sind, daß man
den Frühling gemeindeweise begrüßte, den Sommer in Wald und Feld suchte
und einholte, bis dahin hat sich überall auch das Glaubensgebiet erstreckt, auf
welchem Gott Donar als die vorzugsweise verehrte Gottheit gegolten hatte.
Von den Niederlanden und Dänemark an über Westphalen bis zum Oberrhein
>n der Schweiz und bis zum Jnn in Baiern lassen sich diese Bräuche ver¬
folgen; hier überall galt oder gilt ein Kampf deS Winters mit dem Sommer,
feierlicher Umzug deS letzteren, Hauen und Einholung des Maiwagens. Som-
mergewiun heißt diese Sitte jetzt noch in Eisenach; denn der Sommer gewinnt
den Sieg über den Winter. So entstehen im Landesbrauch verschiedenartige
Festfiguren, Helden, Reiter, endlich festlich gerüstete Kriegsscharen zu Roß
und Wagen, die diesen alljährlich erneuten Kampf deS Gottes gegen die win¬
terliche Hartnäckigkeit fröhlich vorzustellen haben, und hieraus sind die Mai-
uud Jugendfeste geworden, an denen sich unsere Kinder bis heute ergötzen.
Man darf diese Bräuche weltalt nennen, sie lagen in der naturgemäßen An¬
schauungsweise, daher begegnen sie uns auch bei fremden Völkern mit einer
überraschenden Aehnlichkeit wieder.

In England treten um Weihnachten und ebenso am ersten Mai die
Schwerttänzer öffentlich auf, der größte Mann dabei führt den Namen We¬
ben, sein Weib heißt Frigga, es wurden zugleich Riesentänze abgehalten, wie
der zu Aorkshire, bei denen die Haupthandlung darin b'esteht, daß Schwerter
um den Hals eines Knaben geschwungen werden und derselbe unverletzt bleibt.
Myth. 280. Auch Schützenauszüge brachte dieser englische Mai, und der Robim
Hood, der pfeilberühmte mythische Held, ritt mit auf, eigens Pfeil und Bogen
dabei in der Hand führend. Er selbst 'ist rothhaarig wie Donar, aber er reitet
den Schimmel, gleich dem Gotte Wuotan. Eine ahd. Glosse (Myth. 109)
besagt, daß Wodan bei den Römern Mars heiße, und so gleichen sich auch sonst
diese zwei Götter. Mars ist nicht allein Kriegsgott, sondern auch Schützer
der Herden und Feldfrüchte gewesen (Härtung, Relig. der Römer 2,
Nicht anders ist unser Wodan ein Kriegs- und Erutegott. Der römische


Grenzboten II. 18S7. 3i

°se in ihren urkundlich echten Worten laut werden. Die folgenden Proben,
bei denen wir nur die Citate weglassen, werden zeigen, wie der Versasser, dem
wir zu den von ihm verheißenen ähnlichen Arbeiten den besten Erfolg wün¬
schen, den Gegenstand behandelt. Wir wählen als besonders interessant für
d^ jetzige Jahreszeit einige Beispiele aus dem, was das Buch über die Mai¬
seier in der Schweiz mittheilt.

„Die Frühlingsfeier sammt unsrer Feier der Winter- und Sommersonnen¬
wende entspricht den drei Jahreszeiten, nach denen der Deutsche schon seit
dem taciteischen Berichte hierüber sein Jahr einzutheilen pflegte. Gott Donar
"is Frühlingsgott zog dann nach dem Glauben des Volkes mit Macht ins
Land herein. Wo heute noch Spuren solcher Bräuche übrig sind, daß man
den Frühling gemeindeweise begrüßte, den Sommer in Wald und Feld suchte
und einholte, bis dahin hat sich überall auch das Glaubensgebiet erstreckt, auf
welchem Gott Donar als die vorzugsweise verehrte Gottheit gegolten hatte.
Von den Niederlanden und Dänemark an über Westphalen bis zum Oberrhein
>n der Schweiz und bis zum Jnn in Baiern lassen sich diese Bräuche ver¬
folgen; hier überall galt oder gilt ein Kampf deS Winters mit dem Sommer,
feierlicher Umzug deS letzteren, Hauen und Einholung des Maiwagens. Som-
mergewiun heißt diese Sitte jetzt noch in Eisenach; denn der Sommer gewinnt
den Sieg über den Winter. So entstehen im Landesbrauch verschiedenartige
Festfiguren, Helden, Reiter, endlich festlich gerüstete Kriegsscharen zu Roß
und Wagen, die diesen alljährlich erneuten Kampf deS Gottes gegen die win¬
terliche Hartnäckigkeit fröhlich vorzustellen haben, und hieraus sind die Mai-
uud Jugendfeste geworden, an denen sich unsere Kinder bis heute ergötzen.
Man darf diese Bräuche weltalt nennen, sie lagen in der naturgemäßen An¬
schauungsweise, daher begegnen sie uns auch bei fremden Völkern mit einer
überraschenden Aehnlichkeit wieder.

In England treten um Weihnachten und ebenso am ersten Mai die
Schwerttänzer öffentlich auf, der größte Mann dabei führt den Namen We¬
ben, sein Weib heißt Frigga, es wurden zugleich Riesentänze abgehalten, wie
der zu Aorkshire, bei denen die Haupthandlung darin b'esteht, daß Schwerter
um den Hals eines Knaben geschwungen werden und derselbe unverletzt bleibt.
Myth. 280. Auch Schützenauszüge brachte dieser englische Mai, und der Robim
Hood, der pfeilberühmte mythische Held, ritt mit auf, eigens Pfeil und Bogen
dabei in der Hand führend. Er selbst 'ist rothhaarig wie Donar, aber er reitet
den Schimmel, gleich dem Gotte Wuotan. Eine ahd. Glosse (Myth. 109)
besagt, daß Wodan bei den Römern Mars heiße, und so gleichen sich auch sonst
diese zwei Götter. Mars ist nicht allein Kriegsgott, sondern auch Schützer
der Herden und Feldfrüchte gewesen (Härtung, Relig. der Römer 2,
Nicht anders ist unser Wodan ein Kriegs- und Erutegott. Der römische


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[0273] °se in ihren urkundlich echten Worten laut werden. Die folgenden Proben, bei denen wir nur die Citate weglassen, werden zeigen, wie der Versasser, dem wir zu den von ihm verheißenen ähnlichen Arbeiten den besten Erfolg wün¬ schen, den Gegenstand behandelt. Wir wählen als besonders interessant für d^ jetzige Jahreszeit einige Beispiele aus dem, was das Buch über die Mai¬ seier in der Schweiz mittheilt. „Die Frühlingsfeier sammt unsrer Feier der Winter- und Sommersonnen¬ wende entspricht den drei Jahreszeiten, nach denen der Deutsche schon seit dem taciteischen Berichte hierüber sein Jahr einzutheilen pflegte. Gott Donar "is Frühlingsgott zog dann nach dem Glauben des Volkes mit Macht ins Land herein. Wo heute noch Spuren solcher Bräuche übrig sind, daß man den Frühling gemeindeweise begrüßte, den Sommer in Wald und Feld suchte und einholte, bis dahin hat sich überall auch das Glaubensgebiet erstreckt, auf welchem Gott Donar als die vorzugsweise verehrte Gottheit gegolten hatte. Von den Niederlanden und Dänemark an über Westphalen bis zum Oberrhein >n der Schweiz und bis zum Jnn in Baiern lassen sich diese Bräuche ver¬ folgen; hier überall galt oder gilt ein Kampf deS Winters mit dem Sommer, feierlicher Umzug deS letzteren, Hauen und Einholung des Maiwagens. Som- mergewiun heißt diese Sitte jetzt noch in Eisenach; denn der Sommer gewinnt den Sieg über den Winter. So entstehen im Landesbrauch verschiedenartige Festfiguren, Helden, Reiter, endlich festlich gerüstete Kriegsscharen zu Roß und Wagen, die diesen alljährlich erneuten Kampf deS Gottes gegen die win¬ terliche Hartnäckigkeit fröhlich vorzustellen haben, und hieraus sind die Mai- uud Jugendfeste geworden, an denen sich unsere Kinder bis heute ergötzen. Man darf diese Bräuche weltalt nennen, sie lagen in der naturgemäßen An¬ schauungsweise, daher begegnen sie uns auch bei fremden Völkern mit einer überraschenden Aehnlichkeit wieder. In England treten um Weihnachten und ebenso am ersten Mai die Schwerttänzer öffentlich auf, der größte Mann dabei führt den Namen We¬ ben, sein Weib heißt Frigga, es wurden zugleich Riesentänze abgehalten, wie der zu Aorkshire, bei denen die Haupthandlung darin b'esteht, daß Schwerter um den Hals eines Knaben geschwungen werden und derselbe unverletzt bleibt. Myth. 280. Auch Schützenauszüge brachte dieser englische Mai, und der Robim Hood, der pfeilberühmte mythische Held, ritt mit auf, eigens Pfeil und Bogen dabei in der Hand führend. Er selbst 'ist rothhaarig wie Donar, aber er reitet den Schimmel, gleich dem Gotte Wuotan. Eine ahd. Glosse (Myth. 109) besagt, daß Wodan bei den Römern Mars heiße, und so gleichen sich auch sonst diese zwei Götter. Mars ist nicht allein Kriegsgott, sondern auch Schützer der Herden und Feldfrüchte gewesen (Härtung, Relig. der Römer 2, Nicht anders ist unser Wodan ein Kriegs- und Erutegott. Der römische Grenzboten II. 18S7. 3i

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/273>, abgerufen am 06.10.2024.