Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.geordnete seinen Zorn nicht zurückhalten, "ClMier," rief er aus, "Du bist Es gereicht Chvnier zur Ehre, daß er sich wenigstens in seiner Poesie nie¬
Was die Theater betrifft, so lernte man jetzt die Milde des ancien rs-
Bald begnügte man sich nicht mehr, verdächtige Stücke zu unterdrücken, geordnete seinen Zorn nicht zurückhalten, „ClMier," rief er aus, „Du bist Es gereicht Chvnier zur Ehre, daß er sich wenigstens in seiner Poesie nie¬
Was die Theater betrifft, so lernte man jetzt die Milde des ancien rs-
Bald begnügte man sich nicht mehr, verdächtige Stücke zu unterdrücken, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0192" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103859"/> <p xml:id="ID_571" prev="#ID_570"> geordnete seinen Zorn nicht zurückhalten, „ClMier," rief er aus, „Du bist<lb/> immer ein verkappter Reactionär gewesen." Das Stück wurde untersagt, und<lb/> der Dichter mußte es eigenhändig ins Feuer werfen; doch wurde ein Manu¬<lb/> skript gerettet, und das Stück wurde nach dem 9. Thermidor wirklich aufge¬<lb/> führt, nicht zum Vortheil des Dichters, gegen welchen die blutigsten Beschul¬<lb/> digungen daraus hergeleitet wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_572"> Es gereicht Chvnier zur Ehre, daß er sich wenigstens in seiner Poesie nie¬<lb/> mals dazu hergegeben hat, die Unthaten zu feiern, die er insgeheim verab¬<lb/> scheute, was man z. B. dem Odendichter Lebrun zum Vorwurf machen Muß.<lb/> In seinen Hymnen, z. B. in den berühmten I^s odant an üvpart, herrscht<lb/> durchweg eine edle, würdige Gesinnung, und wenn der poetische Ausschwung<lb/> gering ist, so wird man doch nie durch eine Rohheit verletzt. Eine geraume<lb/> Zeit vor dem berühmten Fest Robespterres feierte er in einer Ode das höchste<lb/> Wesen.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_24" type="poem"> <l> 8ouree <Je vöritö Hu'oulrAgg l'imposturo,<lb/> I)e tout, vo <mi i'eLpii'ö vlernol in'öde(!l.Lur,<lb/> Diou als I» lidortv, pöre <1v la NiUure,<lb/> ^rvulour LOnsorvatLur,</l> <l> O wi «Luk mern^, seul zzrancl, soul nvoessuire,<lb/> ^ni^vur alö l» vorlu, sirinvi^o die in loi,<lb/> I)u pouvoir clospol-i^u« immuadlk Ätlversiuro,<lb/> l^a Trance est «lo^out ü'ovsM l^ol.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_573"> Was die Theater betrifft, so lernte man jetzt die Milde des ancien rs-<lb/> Kims würdigen. Voltaires Brutus und Mahomed wurden wegen der folgen¬<lb/> den Verse vom Repertoir gestrichen.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_25" type="poem"> <l> ^rrüler un liomilin sur >t<! simplvL «oup^vns,<lb/> L'est !>gir vn txi'vim, non^ ^ni los llötrissons....<lb/> LxlLrmive?!,"!Arimcls cliizux, cle I» lerro on nous somno«,<lb/> ^uieonc^Ac avec plaisir porös le «arg et«s Komme«!</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_574" next="#ID_575"> Bald begnügte man sich nicht mehr, verdächtige Stücke zu unterdrücken,<lb/> man zwang die Theater, wohlgesinnte aufzuführen. „Die Theater," heißt es<lb/> in einem Erlaß des Wohlfahrtsausschusses, „liegen noch unter den Trümmern<lb/> des alten Regime verschüttet. Man muß die Bühne entfesseln, damit Mel-<lb/> pomene dahin gelange, die Sprache der Freiheit ertönen zu lassen, Blumen<lb/> auf das Grab der Märtyrer zu streuen, das Heidenthum und die Tugend zu<lb/> besingen, Gesetze und Vaterland lieben zu lehren." Der wahrhaft republika¬<lb/> nische Enthusiasmus verlangte nicht mehr blos, daß man die Könige schmähte,<lb/> er war unzufrieden, wenn sich diese Schmähungen nicht in cynischen Formen<lb/> äußerten. Wenn man die Carmagnole kennt, kann mau sich ungefähr vor¬<lb/> stellen, wie die gutgesinnten Stücke beschaffen waren. Zwischen jene Nevolu-<lb/> tionsstücke halten sich noch immer einige andere Versuche eingeschlichen., und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0192]
geordnete seinen Zorn nicht zurückhalten, „ClMier," rief er aus, „Du bist
immer ein verkappter Reactionär gewesen." Das Stück wurde untersagt, und
der Dichter mußte es eigenhändig ins Feuer werfen; doch wurde ein Manu¬
skript gerettet, und das Stück wurde nach dem 9. Thermidor wirklich aufge¬
führt, nicht zum Vortheil des Dichters, gegen welchen die blutigsten Beschul¬
digungen daraus hergeleitet wurden.
Es gereicht Chvnier zur Ehre, daß er sich wenigstens in seiner Poesie nie¬
mals dazu hergegeben hat, die Unthaten zu feiern, die er insgeheim verab¬
scheute, was man z. B. dem Odendichter Lebrun zum Vorwurf machen Muß.
In seinen Hymnen, z. B. in den berühmten I^s odant an üvpart, herrscht
durchweg eine edle, würdige Gesinnung, und wenn der poetische Ausschwung
gering ist, so wird man doch nie durch eine Rohheit verletzt. Eine geraume
Zeit vor dem berühmten Fest Robespterres feierte er in einer Ode das höchste
Wesen.
8ouree <Je vöritö Hu'oulrAgg l'imposturo,
I)e tout, vo <mi i'eLpii'ö vlernol in'öde(!l.Lur,
Diou als I» lidortv, pöre <1v la NiUure,
^rvulour LOnsorvatLur, O wi «Luk mern^, seul zzrancl, soul nvoessuire,
^ni^vur alö l» vorlu, sirinvi^o die in loi,
I)u pouvoir clospol-i^u« immuadlk Ätlversiuro,
l^a Trance est «lo^out ü'ovsM l^ol.
Was die Theater betrifft, so lernte man jetzt die Milde des ancien rs-
Kims würdigen. Voltaires Brutus und Mahomed wurden wegen der folgen¬
den Verse vom Repertoir gestrichen.
^rrüler un liomilin sur >t<! simplvL «oup^vns,
L'est !>gir vn txi'vim, non^ ^ni los llötrissons....
LxlLrmive?!,"!Arimcls cliizux, cle I» lerro on nous somno«,
^uieonc^Ac avec plaisir porös le «arg et«s Komme«!
Bald begnügte man sich nicht mehr, verdächtige Stücke zu unterdrücken,
man zwang die Theater, wohlgesinnte aufzuführen. „Die Theater," heißt es
in einem Erlaß des Wohlfahrtsausschusses, „liegen noch unter den Trümmern
des alten Regime verschüttet. Man muß die Bühne entfesseln, damit Mel-
pomene dahin gelange, die Sprache der Freiheit ertönen zu lassen, Blumen
auf das Grab der Märtyrer zu streuen, das Heidenthum und die Tugend zu
besingen, Gesetze und Vaterland lieben zu lehren." Der wahrhaft republika¬
nische Enthusiasmus verlangte nicht mehr blos, daß man die Könige schmähte,
er war unzufrieden, wenn sich diese Schmähungen nicht in cynischen Formen
äußerten. Wenn man die Carmagnole kennt, kann mau sich ungefähr vor¬
stellen, wie die gutgesinnten Stücke beschaffen waren. Zwischen jene Nevolu-
tionsstücke halten sich noch immer einige andere Versuche eingeschlichen., und
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