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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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schaften ob. Aber auch diese sind nicht gemünztes Geld, sondern nur Silber¬
barren, die in vorschriftsmäßiger Größe und Feinheit eingebracht oder ein¬
geschmolzen, die Mark fein Silber zu 27 Mark 12 Schilling Banko, dem
Eigenthümer auf dessen Conto, hier Folium genannt, zu gute geschrieben
werden. Wenn eS daher auch unrichtig ist zu sagen, daß daS Hamburger
Bankogeld ein eingebildeter Begriff sei, da doch das Silber sehr handgreiflich
>n den Gewölben der Bank zu erfassen ist, so ist doch jedenfalls die Hamburger
Bankomünze eine gedachte. Hamburg ist durch diese Einrichtung der Haupt¬
stapelplatz deS Silberbandels in Europa geworden. Zwar nimmt die Bank
"Ach gewisse geprägte Silbermünzen, so wie Gold in Barren an, aber nur
als Depot in Form einer "Belehnung" und auch nur innerhalb einer gewissen
Grenze ihres Metallwerthes, obendrein nur auf bestimmte Termine und jeder¬
zeit kundbar. Es muß nothwendig die äußerste Rücksichtnahme darauf vor¬
herrschen, daß nicht durch die wechselnden Conjuncturen im Preise der edeln
Metalle die Bank und deren "Interessenten" Schaden erleiden. Interessent
d- h. zu einem Bankfolium berechtigt, kann jeder Hamburger Bürger werden,
der für 600 Mark Banko (300 Thlr.) das Großbürgerrecht sich erkauft, wodurch
er zugleich das sogenannte Transitorecht erhalt d. h. die Befugniß, aus Bür¬
gereid Transitogüter in seinen eignen Räumen aufzubewahren und nur für
deren nachträglich in den Verkehr übergegangenen Theil Zoll zu entrichten.
Weitere Rechte gibt das Großbürgertum nicht. Jeder Bankinteressent kann
übrigens alltäglich seine Einlagen wieder aus der Bank zurücknehmen.

Die Bankzahlungen geschehen einfach dadurch, daß man auf einem vor¬
geschriebenen Formular "die Herren und Bürger der Bank" (die von Rath
"ut Bürgerschaft ernannten, jedoch vollständig unabhängigen Verwalter der
Bank) ersucht, die darin angegebene Summe auf das Folium eines andern
übertragen zu lassen, "solches soll mir gute Zahlung sein." Dies ist die
Operation, die man hier "abschreiben" nennt. Wer kein eignes Bankfolium
hat, besorgt seine Bankzahlungen durch andere Firmen. Aus diesem Ernnde
und auch weil die Vankfolien nicht auf den Namen der Geschäftsfirma, son¬
dern auf den deS wirklichen Eigenthümers lauten, geschehen die oben erwähnten
Anfragen, die natürlich nicht blos bei Wechselzahlungen vorkommen. Wer
"abschreiben" lassen will, muß persönlich oder durch einen speciell Bevollmäch¬
tigten und zu diesem Zweck gleichfalls der Bankverwaltung persönlich vorge¬
stellten ProcurisM das ausgefüllte Formular überbringen. ES geschieht dies
gleichfalls zu dem Zweck der größtmöglichen Sicherstellung der Guthaben, in¬
dem so jede Möglichkeit einn Fälschung ausgeschlossen bleibt, und ist dies auch
der Grund, weshalb nur hiesige Bürger Bankinteressenten werben können. Bis
vor wenigen Monaten durften keine Summen "abgeschrieben" werden, die
Nicht mindestens eine Nacht auf dem betreffenden Folium gestanden hatten.


schaften ob. Aber auch diese sind nicht gemünztes Geld, sondern nur Silber¬
barren, die in vorschriftsmäßiger Größe und Feinheit eingebracht oder ein¬
geschmolzen, die Mark fein Silber zu 27 Mark 12 Schilling Banko, dem
Eigenthümer auf dessen Conto, hier Folium genannt, zu gute geschrieben
werden. Wenn eS daher auch unrichtig ist zu sagen, daß daS Hamburger
Bankogeld ein eingebildeter Begriff sei, da doch das Silber sehr handgreiflich
>n den Gewölben der Bank zu erfassen ist, so ist doch jedenfalls die Hamburger
Bankomünze eine gedachte. Hamburg ist durch diese Einrichtung der Haupt¬
stapelplatz deS Silberbandels in Europa geworden. Zwar nimmt die Bank
"Ach gewisse geprägte Silbermünzen, so wie Gold in Barren an, aber nur
als Depot in Form einer „Belehnung" und auch nur innerhalb einer gewissen
Grenze ihres Metallwerthes, obendrein nur auf bestimmte Termine und jeder¬
zeit kundbar. Es muß nothwendig die äußerste Rücksichtnahme darauf vor¬
herrschen, daß nicht durch die wechselnden Conjuncturen im Preise der edeln
Metalle die Bank und deren „Interessenten" Schaden erleiden. Interessent
d- h. zu einem Bankfolium berechtigt, kann jeder Hamburger Bürger werden,
der für 600 Mark Banko (300 Thlr.) das Großbürgerrecht sich erkauft, wodurch
er zugleich das sogenannte Transitorecht erhalt d. h. die Befugniß, aus Bür¬
gereid Transitogüter in seinen eignen Räumen aufzubewahren und nur für
deren nachträglich in den Verkehr übergegangenen Theil Zoll zu entrichten.
Weitere Rechte gibt das Großbürgertum nicht. Jeder Bankinteressent kann
übrigens alltäglich seine Einlagen wieder aus der Bank zurücknehmen.

Die Bankzahlungen geschehen einfach dadurch, daß man auf einem vor¬
geschriebenen Formular „die Herren und Bürger der Bank" (die von Rath
»ut Bürgerschaft ernannten, jedoch vollständig unabhängigen Verwalter der
Bank) ersucht, die darin angegebene Summe auf das Folium eines andern
übertragen zu lassen, „solches soll mir gute Zahlung sein." Dies ist die
Operation, die man hier „abschreiben" nennt. Wer kein eignes Bankfolium
hat, besorgt seine Bankzahlungen durch andere Firmen. Aus diesem Ernnde
und auch weil die Vankfolien nicht auf den Namen der Geschäftsfirma, son¬
dern auf den deS wirklichen Eigenthümers lauten, geschehen die oben erwähnten
Anfragen, die natürlich nicht blos bei Wechselzahlungen vorkommen. Wer
»abschreiben" lassen will, muß persönlich oder durch einen speciell Bevollmäch¬
tigten und zu diesem Zweck gleichfalls der Bankverwaltung persönlich vorge¬
stellten ProcurisM das ausgefüllte Formular überbringen. ES geschieht dies
gleichfalls zu dem Zweck der größtmöglichen Sicherstellung der Guthaben, in¬
dem so jede Möglichkeit einn Fälschung ausgeschlossen bleibt, und ist dies auch
der Grund, weshalb nur hiesige Bürger Bankinteressenten werben können. Bis
vor wenigen Monaten durften keine Summen „abgeschrieben" werden, die
Nicht mindestens eine Nacht auf dem betreffenden Folium gestanden hatten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/151>, abgerufen am 01.09.2024.