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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Wen, der aufgeweckte Page aus Alerandrien verschrieben, der Stenograph
war ein Grieche, der Mundschenk ein Mohr.

Nach diesen allgemeinen Andeutungen lassen wir eine detaillirte Uebersicht
über die Verwendung der Sklaven im Dienst des Hauses folgen, wobei ein
Hausstand im größten Stil vorausgesetzt ist. An der Spitze stand, ein In¬
tendant, in der Regel, aber nicht immer ein Freigelassener Die Aufgeblasen¬
heit dieses vornehmen Bedienten war natürlich nicht gering; Petron gibt eine
Probe davon. Einigen Gästen, die sich zur Mahlzeit bei Trimalchio einfin-
den, wirst sich ein Sklave zu Füßen, bereits zur Züchtigung entkleidet: sie
möchten ihn durch ihre Fürbitte von der Strafe retten. Sein Vergehen sei
nicht groß; er habe die Kleider des. Intendanten im Bade in Verwahrung ge¬
habt, und diese, nicht, einen Thaler werth, seien gestohlen worden. Die Gäste
wenden sich nu,n an den Intendanten, den sie mit Zahlen von. Goldstücken
beschäftigt finden. Jener warf hochmüthig den,. Kopf zurück und sagte: "Mich
"rgert nicht sowol der Verlust, als die Nachlässigkeit dieses Schufts von
Sklaven. Er hat mir den . Anzug, den ich bei Tisch trage, fortkommen lassen,
den mir ejri>er von meinen Proteges zum Geburtstag geschenkt hatte, natürlich
von echtem Purpur, aber allerdings schon einmal gewaschen. Was ist also
dgrqn gelegen? Ich schenke euch seine Strafe." Daß dies übrigens in gro¬
ßen Häusern eine wirklich wichtige und einträgliche Stellung war, braucht
nicht erst gesagt zu werden; hier legte ohne Zweifel mancher den Grund zu
seinem künftigen Reichthum, war doch Trimalchio selbst Intendant gewesen.
Unter dem Intendanten stand eine Anzahl von andern Bedienten, deren Ob¬
hut das Mobiliar, die Garderobe, das Silber und Gold, die Juwelen anver¬
traut waren.

Unmittelbar neben dem Hauptportal war die Loge des Portiers, dessen
Amt in einem der großen Paläste, wo täglich ein gewaltiger Menschenstrom
ab- und zufluthete, keine Sinecur" war. Er zeichnete sich durch Grobheit und
einen Rohrstock aus, und verstand seinen vortheilhaften Posten gebührend Ms'
zubeuten. Nach einem Gleichniß von Seneca scheint er sich gleichsam als
Pächter eines Brückenzolls angesehn zu haben, und wenige überschritten die
Schwelle ohne ihm einen kleinen Tribut zu entrichten. Ueberhaupt vexstan?
den die antiken römischen Bedienten das Tringeldsordern so gut wie die mo¬
dernen, und wer vorgelassen werden wollte, mußte zu den Ersparnisse." dieser
"eleganten Sklaven" seinen Beitrag liefern. In dem große." Empfana.sa.al,
dem säulengetragenen Atrium, hielt sich unter einem Oberaufseher von herab¬
lassenden Wesen ein ganzer Bedientenschwarm auf, theils mit der Sorge für
Kie .Säle und Zimmer, theils für die Einführung der Besucher beauftragt.
De^r eine besorgte die Meldung und führte ein Register über die Reihenfolge
der Audienzen, andere führten den Fremden in das Zimmer des Hausherrn,


Grenzboten. 11^ 18L7. 17

Wen, der aufgeweckte Page aus Alerandrien verschrieben, der Stenograph
war ein Grieche, der Mundschenk ein Mohr.

Nach diesen allgemeinen Andeutungen lassen wir eine detaillirte Uebersicht
über die Verwendung der Sklaven im Dienst des Hauses folgen, wobei ein
Hausstand im größten Stil vorausgesetzt ist. An der Spitze stand, ein In¬
tendant, in der Regel, aber nicht immer ein Freigelassener Die Aufgeblasen¬
heit dieses vornehmen Bedienten war natürlich nicht gering; Petron gibt eine
Probe davon. Einigen Gästen, die sich zur Mahlzeit bei Trimalchio einfin-
den, wirst sich ein Sklave zu Füßen, bereits zur Züchtigung entkleidet: sie
möchten ihn durch ihre Fürbitte von der Strafe retten. Sein Vergehen sei
nicht groß; er habe die Kleider des. Intendanten im Bade in Verwahrung ge¬
habt, und diese, nicht, einen Thaler werth, seien gestohlen worden. Die Gäste
wenden sich nu,n an den Intendanten, den sie mit Zahlen von. Goldstücken
beschäftigt finden. Jener warf hochmüthig den,. Kopf zurück und sagte: „Mich
«rgert nicht sowol der Verlust, als die Nachlässigkeit dieses Schufts von
Sklaven. Er hat mir den . Anzug, den ich bei Tisch trage, fortkommen lassen,
den mir ejri>er von meinen Proteges zum Geburtstag geschenkt hatte, natürlich
von echtem Purpur, aber allerdings schon einmal gewaschen. Was ist also
dgrqn gelegen? Ich schenke euch seine Strafe." Daß dies übrigens in gro¬
ßen Häusern eine wirklich wichtige und einträgliche Stellung war, braucht
nicht erst gesagt zu werden; hier legte ohne Zweifel mancher den Grund zu
seinem künftigen Reichthum, war doch Trimalchio selbst Intendant gewesen.
Unter dem Intendanten stand eine Anzahl von andern Bedienten, deren Ob¬
hut das Mobiliar, die Garderobe, das Silber und Gold, die Juwelen anver¬
traut waren.

Unmittelbar neben dem Hauptportal war die Loge des Portiers, dessen
Amt in einem der großen Paläste, wo täglich ein gewaltiger Menschenstrom
ab- und zufluthete, keine Sinecur« war. Er zeichnete sich durch Grobheit und
einen Rohrstock aus, und verstand seinen vortheilhaften Posten gebührend Ms'
zubeuten. Nach einem Gleichniß von Seneca scheint er sich gleichsam als
Pächter eines Brückenzolls angesehn zu haben, und wenige überschritten die
Schwelle ohne ihm einen kleinen Tribut zu entrichten. Ueberhaupt vexstan?
den die antiken römischen Bedienten das Tringeldsordern so gut wie die mo¬
dernen, und wer vorgelassen werden wollte, mußte zu den Ersparnisse.« dieser
»eleganten Sklaven" seinen Beitrag liefern. In dem große.» Empfana.sa.al,
dem säulengetragenen Atrium, hielt sich unter einem Oberaufseher von herab¬
lassenden Wesen ein ganzer Bedientenschwarm auf, theils mit der Sorge für
Kie .Säle und Zimmer, theils für die Einführung der Besucher beauftragt.
De^r eine besorgte die Meldung und führte ein Register über die Reihenfolge
der Audienzen, andere führten den Fremden in das Zimmer des Hausherrn,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/137>, abgerufen am 01.09.2024.