Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.besetzt -- ich sagte: im günstigen Falle; denn wenn der in der Mitte stehende Und wie steht es ferner um die äußere Erscheinung der Bewohner dieser Grenjboten. I. 48ö7. S9
besetzt — ich sagte: im günstigen Falle; denn wenn der in der Mitte stehende Und wie steht es ferner um die äußere Erscheinung der Bewohner dieser Grenjboten. I. 48ö7. S9
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besetzt — ich sagte: im günstigen Falle; denn wenn der in der Mitte stehende
Feuerherd gerade im Brande steht, sieht man nichts als die, sich durch daS
Stroh des Daches langsam Bahn brechende Rauchwolke. Hinter dem Hause
befindet sich Stallung und Trockenscheune und ein kleines Vorrathshäuschen,
das den Weibern zugleich als Toilettenzimmer dient. Nun fragt sich, ob die
heidnischen Vorfahren dieser Leute wol primitivere Wohnungen gehabt haben
können? Nur der Lurus der handgroßen Fensterscheiben ist ein neuerer Zu¬
wachs; sonst kann es nicht anders in den Dörfern ausgesehen haben, seitdem
überhaupt ihre Bewohner aufgehört haben zu nomadisiren. Dies bezeugen
auch die Chroniken, in denen selbst die Festungen der alten Esther, und Letten
als Bauten aus Holz und Erde bestehend geschildert werden, und nach denen
eine solche Unkenntniß des Steinbaus bei den Heiden herrschte, baß dieselben
einst mit Stricken gezogen kamen, um den ersten steinernen Zwingthurm der
Deutschen umzureißen! In einzelnen Districten, wo die Flachscultur und die
Leinwandindustrie gedeiht, haben sich die Wohnungen allerdings verbessert, und
im eigentlichen Finnland ist das gewöhnlich auf Felsblöcken ruhende Haus
des Bauern allenthalben mit Fenstern, Schornstein und Dielen versehen; allein
auch dort kann man keinen Vergleich ziehen mit der prunkhaften Sauberkeit
russischer und der netten Gemüthlichkeit deutscher Dörfer.
Und wie steht es ferner um die äußere Erscheinung der Bewohner dieser
Hütten? Der Liebhaber und Vertheidiger der Nationaltrachten finde Be¬
ruhigung in der Versicherung, daß auch in dieser Beziehung bei den Esthen
fast gar keine, bei den Letten geringe Veränderungen durch das Zusammen¬
leben mit den Deutschen bewirkt worden sind, während die eigentlichen Finnen
in Stoff und Schnitt sich längst zur modernen Tracht bequemt haben. Beide
Völker tragen langes Haar, welches die Frauen mit bunten, runden Häub¬
chen, die unverheiratheten Esthinnen mit handbreiten Hvbelspankrvnen bedecken,
die sie mit bunten Lappen und Flittern besetzen. Die Männer trugen im
Alterthum während des Sommers den Kopf unbedeckt; seit wann von
allen Bestandtheilen der französischen Männertracht grade ter sinnloseste: der
cylinderförmige Filzhut, bei ihnen Eingang gefunden hat, weiß ich nicht; aber
man kann sich nichts Komischeres denken, als den in diesem Stück Ofenrohr
hinter dem Pfluge herschreitenden Esthen und den mit Hut und Regenschirm sein
Leinwandpack schleppenden Letten. In der Farbe der Röcke contrastiren Letten und
Esthen auffallend, indem jene durchaus hellgraue, diese dunkelbraune wollene
Stoffe tragen. Das hohe Alter dieser Farbe bei der esthnischen Tracht ist
unbestritten; man braucht aber deshalb nicht die Esthen mit den scythischen
Melanchlänen (Schwarzröcken) Herodots zu identificiren, wie ein namhafter
Gelehrter gethan hat; die an Lettland grenzenden Litthauer tragen sich ebenso.
Ein rother Saum am dunkeln Gewände und der unter demselben hervorragende
Grenjboten. I. 48ö7. S9
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