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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Bd. XXII, 2096: Die Historie des Propheten Jona ist so groß, daß sie
schier unglaublich ist, ja lautet lügerlich und ungereimter, denn irgend der
Poeten Fabeln eine, und wenn sie nicht in der Bibel stünde, so lachte ichs
wie einer Lügen. Denn wenn man ihm will nachdenken, wie er drei Tage in
dem großen Bauche des Walfisches gewesen sei, da er doch in dreien Stunden
hätte können verdauet und in des Walfisches Natur, Fleisch und Blut ver¬
wandelt werden; heißt das nicht mitten im Tode leben? also daß gegen diesem
Mirakel das Wunderzeichen im rothen Meer nichts sei. Es gehet auch eben
närrisch zu. Darnach, daß er nun erlöset und errettet sei, fähet er an zu
zürnen und zu erpostuliren, und sich unnütze zu machen um eines geringen
Dinges willen, nämlich um ein Gräslein.*) p. 2098: Diese Historie (von
Jonas) soll uns der höchste Trost einer und ein Zeichen der Auferstehung der
Todten sein; sie ist sehr lügerlich: ich selbst glaubte eS nicht, wenns nicht
in der heiligen Schrift stünde. Also pfleget Gott die Seinen zu demüthigen.
Aber ward darnach viel ärger, wollte Gott meistern, ward zum großen Todt¬
schläger und Mörder, der da wollte eine so große Stadt, darinnen so viel
Volks war, gar vertilgen. DaS ist mir ein Heiliger!!

III. "81: Wenn es (was 1. Mos. Cap. 20**) stehet,) vor die Vernunft
kömmt, ist es eine schlechte Lection: da schmecket es nicht, hat weder Saft noch
Kraft, daß sie muß sagen: ist das so nöthig gewesen zu beschreiben? p. si8:
Das ist ja ein närrisch Capitel (I Mos. 23-s-) anzusehen. Was hat er
so viel Worte zu machen über solchem geringen Dinge, wie Abraham eine
Grube kauft, da er einen Todten einleget? Droben (Cap. 22'!"!-) haben wir
gehöret, daß er das ganze Königreich Christi in drei oder vier Worten fasset,
da es wohl noth wäre, daß er hunderttausend Worte machte. Hier wäschet
er ein ganz Cap. von dem, daran doch nichts gelegen ist. Es ist vor der
Vernunft doch ein lauter närrisch Ding, und unnützes Geschwätze, p. 700:
Hier sehen wir abermal ein langes wunderliches Capitel 41 Mos. 301"j"!'),
welches, wenn es die Vernunft auf daS tiefste ansieht, so ist es doch eitel
Narr werk und schier verdrüßlich, daß mit dem Buche soll umgehen, und so
viel davon halten, das doch nichts redet, denn von Ziegen und Schafen und
von Kind erzeugen; wie könnte er es doch närrischer vorlegen, denn das ist?
sonderlich, wenn eS soll von heiligen Leuten geschrieben sein, als diese sollen
sein. Aber ich kann nicht darwieder, da lieget es, wer es besser kann, der
thue eS, wir wollen zusehen.







*) Um das Gewächs, das dem Jona Schatten brachte, aber verdorrete.
**) Wie Sarah dem Abraham von Abimelech genommen, aber mit Gewinn wieder¬
gegeben wird.
-j-) Das vom Begrcivniß der Sarah höchst ausführlich handelt.
-j-j-j V. 18 "Durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden."
1"j"l^) Jacobs Kindersegen und Neichwerdeu,

Bd. XXII, 2096: Die Historie des Propheten Jona ist so groß, daß sie
schier unglaublich ist, ja lautet lügerlich und ungereimter, denn irgend der
Poeten Fabeln eine, und wenn sie nicht in der Bibel stünde, so lachte ichs
wie einer Lügen. Denn wenn man ihm will nachdenken, wie er drei Tage in
dem großen Bauche des Walfisches gewesen sei, da er doch in dreien Stunden
hätte können verdauet und in des Walfisches Natur, Fleisch und Blut ver¬
wandelt werden; heißt das nicht mitten im Tode leben? also daß gegen diesem
Mirakel das Wunderzeichen im rothen Meer nichts sei. Es gehet auch eben
närrisch zu. Darnach, daß er nun erlöset und errettet sei, fähet er an zu
zürnen und zu erpostuliren, und sich unnütze zu machen um eines geringen
Dinges willen, nämlich um ein Gräslein.*) p. 2098: Diese Historie (von
Jonas) soll uns der höchste Trost einer und ein Zeichen der Auferstehung der
Todten sein; sie ist sehr lügerlich: ich selbst glaubte eS nicht, wenns nicht
in der heiligen Schrift stünde. Also pfleget Gott die Seinen zu demüthigen.
Aber ward darnach viel ärger, wollte Gott meistern, ward zum großen Todt¬
schläger und Mörder, der da wollte eine so große Stadt, darinnen so viel
Volks war, gar vertilgen. DaS ist mir ein Heiliger!!

III. »81: Wenn es (was 1. Mos. Cap. 20**) stehet,) vor die Vernunft
kömmt, ist es eine schlechte Lection: da schmecket es nicht, hat weder Saft noch
Kraft, daß sie muß sagen: ist das so nöthig gewesen zu beschreiben? p. si8:
Das ist ja ein närrisch Capitel (I Mos. 23-s-) anzusehen. Was hat er
so viel Worte zu machen über solchem geringen Dinge, wie Abraham eine
Grube kauft, da er einen Todten einleget? Droben (Cap. 22'!"!-) haben wir
gehöret, daß er das ganze Königreich Christi in drei oder vier Worten fasset,
da es wohl noth wäre, daß er hunderttausend Worte machte. Hier wäschet
er ein ganz Cap. von dem, daran doch nichts gelegen ist. Es ist vor der
Vernunft doch ein lauter närrisch Ding, und unnützes Geschwätze, p. 700:
Hier sehen wir abermal ein langes wunderliches Capitel 41 Mos. 301"j"!'),
welches, wenn es die Vernunft auf daS tiefste ansieht, so ist es doch eitel
Narr werk und schier verdrüßlich, daß mit dem Buche soll umgehen, und so
viel davon halten, das doch nichts redet, denn von Ziegen und Schafen und
von Kind erzeugen; wie könnte er es doch närrischer vorlegen, denn das ist?
sonderlich, wenn eS soll von heiligen Leuten geschrieben sein, als diese sollen
sein. Aber ich kann nicht darwieder, da lieget es, wer es besser kann, der
thue eS, wir wollen zusehen.







*) Um das Gewächs, das dem Jona Schatten brachte, aber verdorrete.
**) Wie Sarah dem Abraham von Abimelech genommen, aber mit Gewinn wieder¬
gegeben wird.
-j-) Das vom Begrcivniß der Sarah höchst ausführlich handelt.
-j-j-j V. 18 „Durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden."
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[0428] Bd. XXII, 2096: Die Historie des Propheten Jona ist so groß, daß sie schier unglaublich ist, ja lautet lügerlich und ungereimter, denn irgend der Poeten Fabeln eine, und wenn sie nicht in der Bibel stünde, so lachte ichs wie einer Lügen. Denn wenn man ihm will nachdenken, wie er drei Tage in dem großen Bauche des Walfisches gewesen sei, da er doch in dreien Stunden hätte können verdauet und in des Walfisches Natur, Fleisch und Blut ver¬ wandelt werden; heißt das nicht mitten im Tode leben? also daß gegen diesem Mirakel das Wunderzeichen im rothen Meer nichts sei. Es gehet auch eben närrisch zu. Darnach, daß er nun erlöset und errettet sei, fähet er an zu zürnen und zu erpostuliren, und sich unnütze zu machen um eines geringen Dinges willen, nämlich um ein Gräslein.*) p. 2098: Diese Historie (von Jonas) soll uns der höchste Trost einer und ein Zeichen der Auferstehung der Todten sein; sie ist sehr lügerlich: ich selbst glaubte eS nicht, wenns nicht in der heiligen Schrift stünde. Also pfleget Gott die Seinen zu demüthigen. Aber ward darnach viel ärger, wollte Gott meistern, ward zum großen Todt¬ schläger und Mörder, der da wollte eine so große Stadt, darinnen so viel Volks war, gar vertilgen. DaS ist mir ein Heiliger!! III. »81: Wenn es (was 1. Mos. Cap. 20**) stehet,) vor die Vernunft kömmt, ist es eine schlechte Lection: da schmecket es nicht, hat weder Saft noch Kraft, daß sie muß sagen: ist das so nöthig gewesen zu beschreiben? p. si8: Das ist ja ein närrisch Capitel (I Mos. 23-s-) anzusehen. Was hat er so viel Worte zu machen über solchem geringen Dinge, wie Abraham eine Grube kauft, da er einen Todten einleget? Droben (Cap. 22'!"!-) haben wir gehöret, daß er das ganze Königreich Christi in drei oder vier Worten fasset, da es wohl noth wäre, daß er hunderttausend Worte machte. Hier wäschet er ein ganz Cap. von dem, daran doch nichts gelegen ist. Es ist vor der Vernunft doch ein lauter närrisch Ding, und unnützes Geschwätze, p. 700: Hier sehen wir abermal ein langes wunderliches Capitel 41 Mos. 301"j"!'), welches, wenn es die Vernunft auf daS tiefste ansieht, so ist es doch eitel Narr werk und schier verdrüßlich, daß mit dem Buche soll umgehen, und so viel davon halten, das doch nichts redet, denn von Ziegen und Schafen und von Kind erzeugen; wie könnte er es doch närrischer vorlegen, denn das ist? sonderlich, wenn eS soll von heiligen Leuten geschrieben sein, als diese sollen sein. Aber ich kann nicht darwieder, da lieget es, wer es besser kann, der thue eS, wir wollen zusehen. *) Um das Gewächs, das dem Jona Schatten brachte, aber verdorrete. **) Wie Sarah dem Abraham von Abimelech genommen, aber mit Gewinn wieder¬ gegeben wird. -j-) Das vom Begrcivniß der Sarah höchst ausführlich handelt. -j-j-j V. 18 „Durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden." 1"j"l^) Jacobs Kindersegen und Neichwerdeu,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/428>, abgerufen am 23.07.2024.