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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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zurückweist, an Interesse verlieren, so wollen wir doch die Hauptpunkte daraus
hervorheben. Die Ansicht, welche die Gebäudesteuer als einen Uebergang zur
endlichen Regulirung der Grundsteuer befürwortete, fand nur geringen Anklang;
die Mehrheit der Commission war vielmehr geneigt, sie als ein der Durch¬
setzung jener schädliches Compromiß zu betrachten, während ihre Verwerfung
aus materiellen Gründen noch schneller jene ersehnte GrundsteuerauSgleichung
zur Folge haben werde. Auch fand man in ihr keine Abschlagszahlung aus
die geforderte Gleichstellung der östlichen und westlichen Provinzen in Betreff
der Grundsteuer. Denn scheine auch das Gesetz den Wünschen der letztem
insofern nachzukommen, als bei ihnen die Gebäudesteuer von der Grundsteuer
ab und zurückgerechnet, und eine neue Steuerbelastung nur den östlichen
Provinzen aufgelegt werde, so führe es auch für die westlichen Provinzen
große Uebelstände mit sich. Gegenwärtig sei die Grundsteuer der westlichen
Provinzen contingentirt und könne daher im Ganzen genommen über das zur
Zeit feststehende Maß nicht erhöht werden. Die Besteuerung eines Objects
oder die Erhöhung des Ertragswerthes der bisherigen komme nicht der Staats¬
kasse zu Gute, sondern den beiden Provinzen. Dies Verhältniß sei ihnen
durch daS Steuergesetz von 1839 wenigstens so lange gewährleistet, als in den
östlichen Provinzen keine allgemeine Grundsteuerregulirung Platz greise. Zu¬
folge des neuen Steuergesetzes solle letzteres aber theilweise, nämlich hinsichtlich
der Gebäudesteuer, etwa zum fünften Theile der Grundsteuer der westlichen
Provinzen (und desjenigen, bei dem sich erfahrungsmäßig Veränderungen und
Fortschritte bezüglich des Hinzutritts neuer oder der Verbesserung vorhandener
Steuerobjecte hauptsächlich ergeben) schon jetzt eintreten, während in den öst¬
lichen Provinzen keine allgemeine Grundsteuerregulirung Platz greift. Ferner
rief die Ungleichheit der Besteuerung zwischen Stadt und Land zu Gunsten
des letztern scharfe Mißbilligung hervor. Denn während in den Städten,
deren Feldmarken und gewissen andern ihnen gleichgestellten Bezirken (§. i)
die Veranlagung der Steuer im Wege der Classification nach dem Miethwerth
stattfindet, und für Gebäude, die ausschließlich oder vorzugsweise zum Wohnen,
S Proc., für solche, welche ausschließlich oder vorzugsweise zum Gewerbebetrieb
eingerichtet sind, 2Vs Proc. zum Miethwerth erhoben werden, erfolgt die
Veranlagung auf dem Lande nach drei Hauptclassen, mit fünf, neun und sechs
Unterabtheilungen, von einem Minimum von 10 Sgr. bis zu einem Marimum
von 23 Thlr. hinaussteigend, was selbstverständlich besonders die reichern
Steuerpflichtigen auf dem Lande gegenüber denen der Städte entschieden gün¬
stiger stellt. Die Commission verwarf dies Princip und entschied sich für die
Einführung einer Katastrirung für die ländlichen Gebäude, und demgemäß"
Abänderung des K. 3, der, statt wie im Regierungsentwurf: "die Veranlagung
der Gebäudesteuer erfolgt im Wege einer Classification, theils nach dem mittlern


zurückweist, an Interesse verlieren, so wollen wir doch die Hauptpunkte daraus
hervorheben. Die Ansicht, welche die Gebäudesteuer als einen Uebergang zur
endlichen Regulirung der Grundsteuer befürwortete, fand nur geringen Anklang;
die Mehrheit der Commission war vielmehr geneigt, sie als ein der Durch¬
setzung jener schädliches Compromiß zu betrachten, während ihre Verwerfung
aus materiellen Gründen noch schneller jene ersehnte GrundsteuerauSgleichung
zur Folge haben werde. Auch fand man in ihr keine Abschlagszahlung aus
die geforderte Gleichstellung der östlichen und westlichen Provinzen in Betreff
der Grundsteuer. Denn scheine auch das Gesetz den Wünschen der letztem
insofern nachzukommen, als bei ihnen die Gebäudesteuer von der Grundsteuer
ab und zurückgerechnet, und eine neue Steuerbelastung nur den östlichen
Provinzen aufgelegt werde, so führe es auch für die westlichen Provinzen
große Uebelstände mit sich. Gegenwärtig sei die Grundsteuer der westlichen
Provinzen contingentirt und könne daher im Ganzen genommen über das zur
Zeit feststehende Maß nicht erhöht werden. Die Besteuerung eines Objects
oder die Erhöhung des Ertragswerthes der bisherigen komme nicht der Staats¬
kasse zu Gute, sondern den beiden Provinzen. Dies Verhältniß sei ihnen
durch daS Steuergesetz von 1839 wenigstens so lange gewährleistet, als in den
östlichen Provinzen keine allgemeine Grundsteuerregulirung Platz greise. Zu¬
folge des neuen Steuergesetzes solle letzteres aber theilweise, nämlich hinsichtlich
der Gebäudesteuer, etwa zum fünften Theile der Grundsteuer der westlichen
Provinzen (und desjenigen, bei dem sich erfahrungsmäßig Veränderungen und
Fortschritte bezüglich des Hinzutritts neuer oder der Verbesserung vorhandener
Steuerobjecte hauptsächlich ergeben) schon jetzt eintreten, während in den öst¬
lichen Provinzen keine allgemeine Grundsteuerregulirung Platz greift. Ferner
rief die Ungleichheit der Besteuerung zwischen Stadt und Land zu Gunsten
des letztern scharfe Mißbilligung hervor. Denn während in den Städten,
deren Feldmarken und gewissen andern ihnen gleichgestellten Bezirken (§. i)
die Veranlagung der Steuer im Wege der Classification nach dem Miethwerth
stattfindet, und für Gebäude, die ausschließlich oder vorzugsweise zum Wohnen,
S Proc., für solche, welche ausschließlich oder vorzugsweise zum Gewerbebetrieb
eingerichtet sind, 2Vs Proc. zum Miethwerth erhoben werden, erfolgt die
Veranlagung auf dem Lande nach drei Hauptclassen, mit fünf, neun und sechs
Unterabtheilungen, von einem Minimum von 10 Sgr. bis zu einem Marimum
von 23 Thlr. hinaussteigend, was selbstverständlich besonders die reichern
Steuerpflichtigen auf dem Lande gegenüber denen der Städte entschieden gün¬
stiger stellt. Die Commission verwarf dies Princip und entschied sich für die
Einführung einer Katastrirung für die ländlichen Gebäude, und demgemäß«
Abänderung des K. 3, der, statt wie im Regierungsentwurf: „die Veranlagung
der Gebäudesteuer erfolgt im Wege einer Classification, theils nach dem mittlern


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/348>, abgerufen am 23.07.2024.