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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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menschliche Kraftausdauer der Geschwindigkeit des Pferdes immer überlegen
ist. Hier die Scheidelinie zu finden, ist nun natürlich der brennende Punkt
für Wettlustige. -- Während des Monats Juli -1866 wurden von den anfangs
beschriebenen Wettläufen zwischen Mensch und Mensch, 31 in allem abgehalten.
Die Theilnahme ist also eine verhältnißmäßig noch immer große, und da eine
Menge Wirthe ihr Interesse dabei haben und die Gelegenheit zum Wetten
überhaupt immer Liebhaber findet, so ist wenig Wahrscheinlichkeit, daß die
Pedestrians so bald eingehen werden.

Das Tauchen und Schwimmen zum Behufe von Wetten hat in Eng¬
land geringe Verbreitung. Der Engländer hat zu viel von einem Seemann,
um nicht auch dessen gewöhnliche Scheu vor körperlichem Naßwerden zu thei¬
len. Deutschland und Frankreich sind in dieser Rücksicht weniger zurückhaltend.
Die Geschichte von dem Gascogner, der mit seinem Korktornister und der Ver¬
sicherung, er habe sich für eine achttägige Reise in die Dardanellen verpro-
viantirt, dem Engländer imponirte, so zwar, daß dieser nicht mit ihm Wett¬
schwimmen wollte, -- diese Geschichte würde noch heute das Verhältniß der
beiden Nationalitäten im Punkte des Schwimmens richtig bezeichnen, wenn
man den Korktornister weglassen will. Der Se. Georgesclub erhält noch
einiges Interesse für dies edle Vergnügen wach. Am 2S. Juni schwammen
seine Mitglieder um den Preis von drei Silbermedaillen, auch drei Taucher
wetteiferten miteinander; die größte Tiefe, welche erreicht ward, betrug 33 Fuß,
die mittlere 28 Fuß, die mindeste 2i Fuß. Außerdem zeigen sich hin und
wieder noch sogenannte Fanny Wettschwimmcr, wobei es auf Zuschauer und
sonstiges Gönnerthum abgesehen ist. Ein Amateur fordert den Schwimmmeister
Beckwith öffentlich auf, um den Einsatz von 13 Pfd. Se. mit ihm zu schwim¬
men, wobei er sich einen Vorsprung von 12 Ellen aus 100 ausbedinge. Ein
anderer Schwimmer, Wallace Ramage, von der alten Garde, weist mit Be¬
fremden die Herausforderung eines Mr. Woodbridge zurück, indem er seit
16 Jahren sich vom Wasser zurückgezogen habe, wie doch alle Welt wisse.

Scheibenwerfen übt man noch in einigen Theilen Englands. Es ist
etwas Aehnliches wie das alte griechische Diöcuswerfen, worin sich die jetzigen
Römer noch mit gutem Geschick hervorthun. Zu einem Wettwerfen mit siebcn-
zölligen Scheiben auf 21 Ellen Entfernung fordert Jos Paß von Turton einen
ebenbürtigen Gegner heraus und will einen Einsatz von fünf bis zehn Pfd. wagen.
Fünf bis sechs andere erfreuen sich des nämlichen Rufes, tüchtige Scheiben¬
werfer zu sein -- ein zweideutiger Ruf in der Auffassung unbeliebter Bewohner
vielfenstriger Häuser.

Wir haben in vorstehenden Aufzeichnungen die Leidenschaft des Eng¬
länders im Wetten nach verschiedenen Richtungen hin verfolgt. Auf die Ge¬
schwindigkeit von Mensch und Thier haben wir ihn speculiren gesehen; nicht


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menschliche Kraftausdauer der Geschwindigkeit des Pferdes immer überlegen
ist. Hier die Scheidelinie zu finden, ist nun natürlich der brennende Punkt
für Wettlustige. — Während des Monats Juli -1866 wurden von den anfangs
beschriebenen Wettläufen zwischen Mensch und Mensch, 31 in allem abgehalten.
Die Theilnahme ist also eine verhältnißmäßig noch immer große, und da eine
Menge Wirthe ihr Interesse dabei haben und die Gelegenheit zum Wetten
überhaupt immer Liebhaber findet, so ist wenig Wahrscheinlichkeit, daß die
Pedestrians so bald eingehen werden.

Das Tauchen und Schwimmen zum Behufe von Wetten hat in Eng¬
land geringe Verbreitung. Der Engländer hat zu viel von einem Seemann,
um nicht auch dessen gewöhnliche Scheu vor körperlichem Naßwerden zu thei¬
len. Deutschland und Frankreich sind in dieser Rücksicht weniger zurückhaltend.
Die Geschichte von dem Gascogner, der mit seinem Korktornister und der Ver¬
sicherung, er habe sich für eine achttägige Reise in die Dardanellen verpro-
viantirt, dem Engländer imponirte, so zwar, daß dieser nicht mit ihm Wett¬
schwimmen wollte, — diese Geschichte würde noch heute das Verhältniß der
beiden Nationalitäten im Punkte des Schwimmens richtig bezeichnen, wenn
man den Korktornister weglassen will. Der Se. Georgesclub erhält noch
einiges Interesse für dies edle Vergnügen wach. Am 2S. Juni schwammen
seine Mitglieder um den Preis von drei Silbermedaillen, auch drei Taucher
wetteiferten miteinander; die größte Tiefe, welche erreicht ward, betrug 33 Fuß,
die mittlere 28 Fuß, die mindeste 2i Fuß. Außerdem zeigen sich hin und
wieder noch sogenannte Fanny Wettschwimmcr, wobei es auf Zuschauer und
sonstiges Gönnerthum abgesehen ist. Ein Amateur fordert den Schwimmmeister
Beckwith öffentlich auf, um den Einsatz von 13 Pfd. Se. mit ihm zu schwim¬
men, wobei er sich einen Vorsprung von 12 Ellen aus 100 ausbedinge. Ein
anderer Schwimmer, Wallace Ramage, von der alten Garde, weist mit Be¬
fremden die Herausforderung eines Mr. Woodbridge zurück, indem er seit
16 Jahren sich vom Wasser zurückgezogen habe, wie doch alle Welt wisse.

Scheibenwerfen übt man noch in einigen Theilen Englands. Es ist
etwas Aehnliches wie das alte griechische Diöcuswerfen, worin sich die jetzigen
Römer noch mit gutem Geschick hervorthun. Zu einem Wettwerfen mit siebcn-
zölligen Scheiben auf 21 Ellen Entfernung fordert Jos Paß von Turton einen
ebenbürtigen Gegner heraus und will einen Einsatz von fünf bis zehn Pfd. wagen.
Fünf bis sechs andere erfreuen sich des nämlichen Rufes, tüchtige Scheiben¬
werfer zu sein — ein zweideutiger Ruf in der Auffassung unbeliebter Bewohner
vielfenstriger Häuser.

Wir haben in vorstehenden Aufzeichnungen die Leidenschaft des Eng¬
länders im Wetten nach verschiedenen Richtungen hin verfolgt. Auf die Ge¬
schwindigkeit von Mensch und Thier haben wir ihn speculiren gesehen; nicht


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[0323] menschliche Kraftausdauer der Geschwindigkeit des Pferdes immer überlegen ist. Hier die Scheidelinie zu finden, ist nun natürlich der brennende Punkt für Wettlustige. — Während des Monats Juli -1866 wurden von den anfangs beschriebenen Wettläufen zwischen Mensch und Mensch, 31 in allem abgehalten. Die Theilnahme ist also eine verhältnißmäßig noch immer große, und da eine Menge Wirthe ihr Interesse dabei haben und die Gelegenheit zum Wetten überhaupt immer Liebhaber findet, so ist wenig Wahrscheinlichkeit, daß die Pedestrians so bald eingehen werden. Das Tauchen und Schwimmen zum Behufe von Wetten hat in Eng¬ land geringe Verbreitung. Der Engländer hat zu viel von einem Seemann, um nicht auch dessen gewöhnliche Scheu vor körperlichem Naßwerden zu thei¬ len. Deutschland und Frankreich sind in dieser Rücksicht weniger zurückhaltend. Die Geschichte von dem Gascogner, der mit seinem Korktornister und der Ver¬ sicherung, er habe sich für eine achttägige Reise in die Dardanellen verpro- viantirt, dem Engländer imponirte, so zwar, daß dieser nicht mit ihm Wett¬ schwimmen wollte, — diese Geschichte würde noch heute das Verhältniß der beiden Nationalitäten im Punkte des Schwimmens richtig bezeichnen, wenn man den Korktornister weglassen will. Der Se. Georgesclub erhält noch einiges Interesse für dies edle Vergnügen wach. Am 2S. Juni schwammen seine Mitglieder um den Preis von drei Silbermedaillen, auch drei Taucher wetteiferten miteinander; die größte Tiefe, welche erreicht ward, betrug 33 Fuß, die mittlere 28 Fuß, die mindeste 2i Fuß. Außerdem zeigen sich hin und wieder noch sogenannte Fanny Wettschwimmcr, wobei es auf Zuschauer und sonstiges Gönnerthum abgesehen ist. Ein Amateur fordert den Schwimmmeister Beckwith öffentlich auf, um den Einsatz von 13 Pfd. Se. mit ihm zu schwim¬ men, wobei er sich einen Vorsprung von 12 Ellen aus 100 ausbedinge. Ein anderer Schwimmer, Wallace Ramage, von der alten Garde, weist mit Be¬ fremden die Herausforderung eines Mr. Woodbridge zurück, indem er seit 16 Jahren sich vom Wasser zurückgezogen habe, wie doch alle Welt wisse. Scheibenwerfen übt man noch in einigen Theilen Englands. Es ist etwas Aehnliches wie das alte griechische Diöcuswerfen, worin sich die jetzigen Römer noch mit gutem Geschick hervorthun. Zu einem Wettwerfen mit siebcn- zölligen Scheiben auf 21 Ellen Entfernung fordert Jos Paß von Turton einen ebenbürtigen Gegner heraus und will einen Einsatz von fünf bis zehn Pfd. wagen. Fünf bis sechs andere erfreuen sich des nämlichen Rufes, tüchtige Scheiben¬ werfer zu sein — ein zweideutiger Ruf in der Auffassung unbeliebter Bewohner vielfenstriger Häuser. Wir haben in vorstehenden Aufzeichnungen die Leidenschaft des Eng¬ länders im Wetten nach verschiedenen Richtungen hin verfolgt. Auf die Ge¬ schwindigkeit von Mensch und Thier haben wir ihn speculiren gesehen; nicht -iO *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/323>, abgerufen am 22.12.2024.