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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Colosseums von Zeit zu Zeit das Bedürfniß empfinden, sich selbst als Theil
einer großen, vielköpfigen Gesammtheit zu erblicken, um es wieder einige Mo¬
nate lang im einsamen Arbeitszimmer aushalten zu können.

Die meisten Wettrennen nehmen solcher Art den Charakter eines Volks¬
festes an, insofern es immer Schaulustige und Müßige gibt, wo schon das
reiche Parquet der zahlungsfähigen Zuschaner ein sehenswerthes Schauspiel
bietet. Unzählige Wagen mit herrschaftlichen Wappen, in langer Linie
an den günstigsten Punkten aufgefahren und mit geputzten Damen und
Herren gefüllt, gemahnen an die alten Wagenburgen, welche die Heere
unserer Stammväter gegen die Varus und Caesars in den Kampf führten.
Man hat sich mit kalter Küche und feinem Getränke reichlich versehen, und
die Aufmerksamkeit theilt sich zwischen dem echt englischen Interesse für alles,
was Wettkampf heißt, und der nicht minder nationalen Theilnahme für die
Anforderungen eines gesunden Magens. Man sitzt oder steht auf dem Kutscher¬
bock, auf dem Bedientensitz, auf dem Dach des Wagens; die Gewandtheit der
Engländerinnen thut eS an solchen Tagen derjenigen der Töchter Alvanos
und Arricias zuvor, welche während der Corsotage Roms auch in allen Stel¬
lungen jeden Fuß breit an ihrem Miethwagen zu verwerthen wissen. Es versteht
sich von selbst, daß beritten erscheint, wer irgend daheim etwas Lebendiges
an der Krippe hat oder bei dem Pferdeverleiher noch Credit findet.

Dieser allgemeinen Theilnahme entsprechend ist die Annoncenliteratür
über alles, waS Wettrennen betrifft, eine sehr ausgedehnte und kann mit nichts
Verwandten auf dem Festlande verglichen werden. Eine Menge Vermittler für
Wetten, für Nachrichten über alles dahin Gehörige bieten fortwährend ihre
Dienste an. Z. B. "Wie erlangt man Geld?" -- Fairplay. -- Haltet
auf mein Pferd für die liverpooler Schale! Es gewinnt ja schon im Trab.
Ich sagte immer, Ellington müsse gewinnen. John Fairplay, Jpswich."
oder "Vorräthig: Fairplays Rathgeber bei Rennen. Ein wichtiges Geheimniß.
Jetzt könnt Ihr etwas von Belang gewinnen. Reine Gesundheitsfrage. sendet
>2 Postmarken ein und verheißt etwas Antheil an Eurem Gewinn." -- Oder
"Stamfordö großer Derbytriumph." "Folgenden Rath gab unsere Firma: "Hal¬
tet auf Ellington! Laßt Euch nicht durch seine letzten Niederlagen irre führen!
der Epsompreis ist sein! Folgt uns und Ihr macht Geld. Eure ergebenen Stam-
ford und Co." "Nachschrift. Die Ihr Gewinner seid, laßt Eure Natygeber
nicht leer ausgehen!" -- Oder "Gewisser Gewinn der Goodwod States! --
A. Ehester, dessen Voraussagungen in Betreff der gewinnenden Renner Jahr
für Jahr sich bewährten, hat wieder für die Gvodwoodrennen sichere Winke
i" Bereitschaft. A. Ehester liebt es nicht, von Möglichkeiten als Gewißheiten
in sprechen; dies Mal darf er aber eine Ausnahme machen. Abonnenten wer¬
den staunen. Man zahlt für Rathschläge, die ein Rennen betreffen, 2 Schilling


Colosseums von Zeit zu Zeit das Bedürfniß empfinden, sich selbst als Theil
einer großen, vielköpfigen Gesammtheit zu erblicken, um es wieder einige Mo¬
nate lang im einsamen Arbeitszimmer aushalten zu können.

Die meisten Wettrennen nehmen solcher Art den Charakter eines Volks¬
festes an, insofern es immer Schaulustige und Müßige gibt, wo schon das
reiche Parquet der zahlungsfähigen Zuschaner ein sehenswerthes Schauspiel
bietet. Unzählige Wagen mit herrschaftlichen Wappen, in langer Linie
an den günstigsten Punkten aufgefahren und mit geputzten Damen und
Herren gefüllt, gemahnen an die alten Wagenburgen, welche die Heere
unserer Stammväter gegen die Varus und Caesars in den Kampf führten.
Man hat sich mit kalter Küche und feinem Getränke reichlich versehen, und
die Aufmerksamkeit theilt sich zwischen dem echt englischen Interesse für alles,
was Wettkampf heißt, und der nicht minder nationalen Theilnahme für die
Anforderungen eines gesunden Magens. Man sitzt oder steht auf dem Kutscher¬
bock, auf dem Bedientensitz, auf dem Dach des Wagens; die Gewandtheit der
Engländerinnen thut eS an solchen Tagen derjenigen der Töchter Alvanos
und Arricias zuvor, welche während der Corsotage Roms auch in allen Stel¬
lungen jeden Fuß breit an ihrem Miethwagen zu verwerthen wissen. Es versteht
sich von selbst, daß beritten erscheint, wer irgend daheim etwas Lebendiges
an der Krippe hat oder bei dem Pferdeverleiher noch Credit findet.

Dieser allgemeinen Theilnahme entsprechend ist die Annoncenliteratür
über alles, waS Wettrennen betrifft, eine sehr ausgedehnte und kann mit nichts
Verwandten auf dem Festlande verglichen werden. Eine Menge Vermittler für
Wetten, für Nachrichten über alles dahin Gehörige bieten fortwährend ihre
Dienste an. Z. B. „Wie erlangt man Geld?" — Fairplay. — Haltet
auf mein Pferd für die liverpooler Schale! Es gewinnt ja schon im Trab.
Ich sagte immer, Ellington müsse gewinnen. John Fairplay, Jpswich."
oder „Vorräthig: Fairplays Rathgeber bei Rennen. Ein wichtiges Geheimniß.
Jetzt könnt Ihr etwas von Belang gewinnen. Reine Gesundheitsfrage. sendet
>2 Postmarken ein und verheißt etwas Antheil an Eurem Gewinn." — Oder
«Stamfordö großer Derbytriumph." „Folgenden Rath gab unsere Firma: „Hal¬
tet auf Ellington! Laßt Euch nicht durch seine letzten Niederlagen irre führen!
der Epsompreis ist sein! Folgt uns und Ihr macht Geld. Eure ergebenen Stam-
ford und Co." „Nachschrift. Die Ihr Gewinner seid, laßt Eure Natygeber
nicht leer ausgehen!" — Oder „Gewisser Gewinn der Goodwod States! —
A. Ehester, dessen Voraussagungen in Betreff der gewinnenden Renner Jahr
für Jahr sich bewährten, hat wieder für die Gvodwoodrennen sichere Winke
i" Bereitschaft. A. Ehester liebt es nicht, von Möglichkeiten als Gewißheiten
in sprechen; dies Mal darf er aber eine Ausnahme machen. Abonnenten wer¬
den staunen. Man zahlt für Rathschläge, die ein Rennen betreffen, 2 Schilling


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[0311] Colosseums von Zeit zu Zeit das Bedürfniß empfinden, sich selbst als Theil einer großen, vielköpfigen Gesammtheit zu erblicken, um es wieder einige Mo¬ nate lang im einsamen Arbeitszimmer aushalten zu können. Die meisten Wettrennen nehmen solcher Art den Charakter eines Volks¬ festes an, insofern es immer Schaulustige und Müßige gibt, wo schon das reiche Parquet der zahlungsfähigen Zuschaner ein sehenswerthes Schauspiel bietet. Unzählige Wagen mit herrschaftlichen Wappen, in langer Linie an den günstigsten Punkten aufgefahren und mit geputzten Damen und Herren gefüllt, gemahnen an die alten Wagenburgen, welche die Heere unserer Stammväter gegen die Varus und Caesars in den Kampf führten. Man hat sich mit kalter Küche und feinem Getränke reichlich versehen, und die Aufmerksamkeit theilt sich zwischen dem echt englischen Interesse für alles, was Wettkampf heißt, und der nicht minder nationalen Theilnahme für die Anforderungen eines gesunden Magens. Man sitzt oder steht auf dem Kutscher¬ bock, auf dem Bedientensitz, auf dem Dach des Wagens; die Gewandtheit der Engländerinnen thut eS an solchen Tagen derjenigen der Töchter Alvanos und Arricias zuvor, welche während der Corsotage Roms auch in allen Stel¬ lungen jeden Fuß breit an ihrem Miethwagen zu verwerthen wissen. Es versteht sich von selbst, daß beritten erscheint, wer irgend daheim etwas Lebendiges an der Krippe hat oder bei dem Pferdeverleiher noch Credit findet. Dieser allgemeinen Theilnahme entsprechend ist die Annoncenliteratür über alles, waS Wettrennen betrifft, eine sehr ausgedehnte und kann mit nichts Verwandten auf dem Festlande verglichen werden. Eine Menge Vermittler für Wetten, für Nachrichten über alles dahin Gehörige bieten fortwährend ihre Dienste an. Z. B. „Wie erlangt man Geld?" — Fairplay. — Haltet auf mein Pferd für die liverpooler Schale! Es gewinnt ja schon im Trab. Ich sagte immer, Ellington müsse gewinnen. John Fairplay, Jpswich." oder „Vorräthig: Fairplays Rathgeber bei Rennen. Ein wichtiges Geheimniß. Jetzt könnt Ihr etwas von Belang gewinnen. Reine Gesundheitsfrage. sendet >2 Postmarken ein und verheißt etwas Antheil an Eurem Gewinn." — Oder «Stamfordö großer Derbytriumph." „Folgenden Rath gab unsere Firma: „Hal¬ tet auf Ellington! Laßt Euch nicht durch seine letzten Niederlagen irre führen! der Epsompreis ist sein! Folgt uns und Ihr macht Geld. Eure ergebenen Stam- ford und Co." „Nachschrift. Die Ihr Gewinner seid, laßt Eure Natygeber nicht leer ausgehen!" — Oder „Gewisser Gewinn der Goodwod States! — A. Ehester, dessen Voraussagungen in Betreff der gewinnenden Renner Jahr für Jahr sich bewährten, hat wieder für die Gvodwoodrennen sichere Winke i" Bereitschaft. A. Ehester liebt es nicht, von Möglichkeiten als Gewißheiten in sprechen; dies Mal darf er aber eine Ausnahme machen. Abonnenten wer¬ den staunen. Man zahlt für Rathschläge, die ein Rennen betreffen, 2 Schilling

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/311>, abgerufen am 23.07.2024.