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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Princips war ihr aber ebenso gleichgiltig, als die Dogmati! ihrer eignen Kirche,
und sie fand es im Grunde viel bequemer, sich mit den Jesuiten abzufinden, die
gegen den Glauben und die Gesinnung ziemlich gleichgiltig waren, wenn man sich
nur ihrer Ordnung fügte, als mit den strengen protestantischen Geistlichen, die
von den Gläubigen eine innere Wiedergeburt verlangten. Bei den neuern Fran¬
zosen dagegen finden wir einen Wiederklang der innersten Regungen unsers Glau¬
bens, und Michelet hat sich um das Verständniß desselben ein großes Verdienst
erworben. Er zeigt, wie der religiöse Protestantismus trotz aller Verfolgungen,
denen er ausgesetzt war, im Lauf der Geschichte überall ein schöpferisches Princip
entwickelte, während die jesuitische Reaction, obgleich sie sich der Gewalt bemächtigte,
nichts geschaffen, sondern alle geistigen Keime erstickt hat, daß sie es nur verstand,
schweigend zu morden. Zwar hat die protestantische Kirche durch die Resignation,
mit der sie ihrer Kritik und ihrem politischen Kampf ein äußerliches willkürliches
Ziel setzte, zum Theil die rechtmäßige Macht verscherzt, die ihr in der Entwicklung
der Geschichte zukam, dasür hat sie aber einen andern weitergehenden Protestantis¬
mus hervorgerufen, der das irdische Leben mit den Gedanken des Himmels erfüllt
und die endlichen Beziehungen der Politik aus das ewige Recht Gottes begründet
hat. Es war ein eitles Unternehmen, wenn in neuerer Zeit französische Schrift¬
steller in der Ligue die nationale, ja die demokratische Seite hervorhoben und sie
als eine Reaction gegen den deutschen Einfluß und gegen die einheimische Aristo-.
kratie darstellten. Die Nationalität war nur eine Maske, hinter der sich die ge¬
meine Selbstsucht und der Fanatismus versteckte. Wenn sich diese Ideen immer
tiefer in der französischen Bildung, ausbreiten, so werden sich die Völker, in denen
wir doch die vornehmsten Träger der Cultur achten müssen, immer näher treten,
und die allgemeine Bildung wird durch das allmälige Zusammenwachsen der selbst--
ständigen und individuellen Bildungsformen eine reiche Frucht gewinnen.-- Ili-noire
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vkeue Le Vo. Der Versasser, der für die Geschichte der französischen Revolution bis zum
Konsulat sich ungefähr denselben Rakun gesetzt hat, den das beliebte Buch von
Mignet einnimmt, unterscheidet sich von seinem Vorgänger hauptsächlich dadurch,
daß er seine persönlichen Reflexionen zurückdrängt und sich bemüht, die Thatsachen
so objectiv als möglich hervortreten zu lassen. Je bedenklicher die Sophismen jenes
geistvollen Schriftstellers ans die allgemeine europäische Bildung eingewirkt haben,
da sie die historische Entwicklung in der Form eines blinden Naturprocesses dar¬
stellten, so daß mau die einzelnen Personen dieses grandiosen Schauspiels von aller
Zurechnungsfähigkeit freisprechen müsse, desto willkommner muß diese einfache, aber
sachgemäße Darstellung sein, in der sich sehr deutlich herausstellt, wie viel vou den
entsetzlichen Ereignissen jener Zeit den Einzelnen und wie viel den Umständen zur
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Herausgegeben von Gustav Freytag und Julia" Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. -- Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig,
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

Princips war ihr aber ebenso gleichgiltig, als die Dogmati! ihrer eignen Kirche,
und sie fand es im Grunde viel bequemer, sich mit den Jesuiten abzufinden, die
gegen den Glauben und die Gesinnung ziemlich gleichgiltig waren, wenn man sich
nur ihrer Ordnung fügte, als mit den strengen protestantischen Geistlichen, die
von den Gläubigen eine innere Wiedergeburt verlangten. Bei den neuern Fran¬
zosen dagegen finden wir einen Wiederklang der innersten Regungen unsers Glau¬
bens, und Michelet hat sich um das Verständniß desselben ein großes Verdienst
erworben. Er zeigt, wie der religiöse Protestantismus trotz aller Verfolgungen,
denen er ausgesetzt war, im Lauf der Geschichte überall ein schöpferisches Princip
entwickelte, während die jesuitische Reaction, obgleich sie sich der Gewalt bemächtigte,
nichts geschaffen, sondern alle geistigen Keime erstickt hat, daß sie es nur verstand,
schweigend zu morden. Zwar hat die protestantische Kirche durch die Resignation,
mit der sie ihrer Kritik und ihrem politischen Kampf ein äußerliches willkürliches
Ziel setzte, zum Theil die rechtmäßige Macht verscherzt, die ihr in der Entwicklung
der Geschichte zukam, dasür hat sie aber einen andern weitergehenden Protestantis¬
mus hervorgerufen, der das irdische Leben mit den Gedanken des Himmels erfüllt
und die endlichen Beziehungen der Politik aus das ewige Recht Gottes begründet
hat. Es war ein eitles Unternehmen, wenn in neuerer Zeit französische Schrift¬
steller in der Ligue die nationale, ja die demokratische Seite hervorhoben und sie
als eine Reaction gegen den deutschen Einfluß und gegen die einheimische Aristo-.
kratie darstellten. Die Nationalität war nur eine Maske, hinter der sich die ge¬
meine Selbstsucht und der Fanatismus versteckte. Wenn sich diese Ideen immer
tiefer in der französischen Bildung, ausbreiten, so werden sich die Völker, in denen
wir doch die vornehmsten Träger der Cultur achten müssen, immer näher treten,
und die allgemeine Bildung wird durch das allmälige Zusammenwachsen der selbst--
ständigen und individuellen Bildungsformen eine reiche Frucht gewinnen.— Ili-noire
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Konsulat sich ungefähr denselben Rakun gesetzt hat, den das beliebte Buch von
Mignet einnimmt, unterscheidet sich von seinem Vorgänger hauptsächlich dadurch,
daß er seine persönlichen Reflexionen zurückdrängt und sich bemüht, die Thatsachen
so objectiv als möglich hervortreten zu lassen. Je bedenklicher die Sophismen jenes
geistvollen Schriftstellers ans die allgemeine europäische Bildung eingewirkt haben,
da sie die historische Entwicklung in der Form eines blinden Naturprocesses dar¬
stellten, so daß mau die einzelnen Personen dieses grandiosen Schauspiels von aller
Zurechnungsfähigkeit freisprechen müsse, desto willkommner muß diese einfache, aber
sachgemäße Darstellung sein, in der sich sehr deutlich herausstellt, wie viel vou den
entsetzlichen Ereignissen jener Zeit den Einzelnen und wie viel den Umständen zur
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Herausgegeben von Gustav Freytag und Julia« Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig,
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[0208] Princips war ihr aber ebenso gleichgiltig, als die Dogmati! ihrer eignen Kirche, und sie fand es im Grunde viel bequemer, sich mit den Jesuiten abzufinden, die gegen den Glauben und die Gesinnung ziemlich gleichgiltig waren, wenn man sich nur ihrer Ordnung fügte, als mit den strengen protestantischen Geistlichen, die von den Gläubigen eine innere Wiedergeburt verlangten. Bei den neuern Fran¬ zosen dagegen finden wir einen Wiederklang der innersten Regungen unsers Glau¬ bens, und Michelet hat sich um das Verständniß desselben ein großes Verdienst erworben. Er zeigt, wie der religiöse Protestantismus trotz aller Verfolgungen, denen er ausgesetzt war, im Lauf der Geschichte überall ein schöpferisches Princip entwickelte, während die jesuitische Reaction, obgleich sie sich der Gewalt bemächtigte, nichts geschaffen, sondern alle geistigen Keime erstickt hat, daß sie es nur verstand, schweigend zu morden. Zwar hat die protestantische Kirche durch die Resignation, mit der sie ihrer Kritik und ihrem politischen Kampf ein äußerliches willkürliches Ziel setzte, zum Theil die rechtmäßige Macht verscherzt, die ihr in der Entwicklung der Geschichte zukam, dasür hat sie aber einen andern weitergehenden Protestantis¬ mus hervorgerufen, der das irdische Leben mit den Gedanken des Himmels erfüllt und die endlichen Beziehungen der Politik aus das ewige Recht Gottes begründet hat. Es war ein eitles Unternehmen, wenn in neuerer Zeit französische Schrift¬ steller in der Ligue die nationale, ja die demokratische Seite hervorhoben und sie als eine Reaction gegen den deutschen Einfluß und gegen die einheimische Aristo-. kratie darstellten. Die Nationalität war nur eine Maske, hinter der sich die ge¬ meine Selbstsucht und der Fanatismus versteckte. Wenn sich diese Ideen immer tiefer in der französischen Bildung, ausbreiten, so werden sich die Völker, in denen wir doch die vornehmsten Träger der Cultur achten müssen, immer näher treten, und die allgemeine Bildung wird durch das allmälige Zusammenwachsen der selbst-- ständigen und individuellen Bildungsformen eine reiche Frucht gewinnen.— Ili-noire ne la rvvoUiUli» ki nu<)i»is v (1789—1799) pur l'Kvoci. >>. Ij-irru«. l'un^, l.. IIu- vkeue Le Vo. Der Versasser, der für die Geschichte der französischen Revolution bis zum Konsulat sich ungefähr denselben Rakun gesetzt hat, den das beliebte Buch von Mignet einnimmt, unterscheidet sich von seinem Vorgänger hauptsächlich dadurch, daß er seine persönlichen Reflexionen zurückdrängt und sich bemüht, die Thatsachen so objectiv als möglich hervortreten zu lassen. Je bedenklicher die Sophismen jenes geistvollen Schriftstellers ans die allgemeine europäische Bildung eingewirkt haben, da sie die historische Entwicklung in der Form eines blinden Naturprocesses dar¬ stellten, so daß mau die einzelnen Personen dieses grandiosen Schauspiels von aller Zurechnungsfähigkeit freisprechen müsse, desto willkommner muß diese einfache, aber sachgemäße Darstellung sein, in der sich sehr deutlich herausstellt, wie viel vou den entsetzlichen Ereignissen jener Zeit den Einzelnen und wie viel den Umständen zur Lasi Me^,^ n-.'/?.i..!>/„»j, -in-i ,^-.'4 '„'',»4,. ^5...^. imÄiU^ ^ii' Herausgegeben von Gustav Freytag und Julia« Schmidt. Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Herbig in Leipzig, Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/208>, abgerufen am 22.12.2024.